Das Stadtmuseum auf neue Beine stellen – Mietvertrag gekündigt

Das Stadtmuseum soll ein modernes Konzept erhalten.Fotos: Stadt Königstein

Bereits seit Langem möchte die Stadt Königstein das seit Jahren geschlossene Stadtmuseum im Alten Rathaus wieder beleben und neu aufstellen. Damit der Neustart unter Einbeziehung der Gastronomiefläche und auch eine moderne Ausrichtung des städtischen Museums gelingen kann, hat die Stadt zunächst den alten Mietvertrag mit dem Heimatverein gekündigt und wird unter der Führung der Kunsthistorikerin Dr. Alexandra König, der Königsteiner Stadtarchivarin und Leiterin des Fachdienstes Kultur, das Museumskonzept überarbeiten. Das Interview mit Bürgermeister Leonhard Helm und Stadtarchivarin Dr. Alexandra König erläutert, warum die Stadt einen so einschneidenden Schritt gegangen ist.

Was sind die Gründe für die Kündigung und welche Rolle soll der Verein für Heimatkunde künftig im Museum spielen?

Bürgermeister Leonhard Helm: Das Museum mit seiner über hundertjährigen Geschichte wird seit 50 Jahren im Auftrag der Stadt vom Verein für Heimatkunde geführt. Lange funktionierte das sehr gut, aber zuletzt wurde das personell und auch fachlich für den Verein immer schwieriger. Moderne Konzepte erfordern zudem eine Verbindung von Museum und Museumscafé oder -laden und müssen verlässliche, nicht mehr nur von Ehrenamtlichen abzubildende Öffnungszeiten haben.

Die Konzeption eines modernen Museums als Aushängeschild der Stadt muss nicht nur in ihrer Ausrichtung eng mit der Stadt abgesprochen werden, sie gehört heute auch in fachliche Hände. Mit Dr. Alexandra König haben wir bereits seit mehreren Jahren nun eine hochqualifizierte Kunsthistorikerin.

Wie können der Heimatverein, der Neue Königsteiner Kreis und der Verein Denkmalpflege integriert werden?

Helm: In den drei Vereinen sind engagierte Königsteinerinnen und Königsteiner aktiv; gerade der Verein für Heimatkunde zeichnete sich durch eine jahrzehntelange Beständigkeit, auch im Hinblick auf die handelnden Personen, aus. Allerdings befinden sich auch die Vereine durch Wechsel im Vorstand und neue Kooperationen in einem umfassenden Wandel. Mir fällt auf, dass der Heimatverein keine eigenen Vorstellungen mehr vorgelegt, stattdessen den Neuen Königsteiner Kreis mit einer Konzepterstellung beauftragt hat. Merkwürdig mutet dabei an, dass dieselben Personen sowohl im Vorstand des beauftragenden Vereins wie auch Vorstand des anderen Vereins sind. Und besonders traurig ist für mich, wie hier mit verdienten Mitgliedern umgegangen wurde, die bereit waren, die Verantwortung im Verein zu übernehmen. Aber unabhängig von der derzeitigen Konstellation im Heimatverein muss meiner Meinung nach grundsätzlich geklärt werden, ob die Geschichte und das materielle Gedächtnis der Stadt überhaupt so umfänglich einem Verein mit wechselnden Privatpersonen anvertraut werden können und sollen. Bisher funktionierte das offenbar, weil Konsens über die Inhalte und Ziele herrschte. Jetzt gibt es aber Bestrebungen von Seiten der Vereine, das Museum gänzlich neu auszurichten. Und das wird in einem sehr kleinen privaten Kreis verhandelt. Gespräche mit der Stadt zu Inhalten gab es nicht, obwohl wir sie mehrfach angeregt hatten.

Ziel der Gruppe ist es jetzt wohl, der Demokratiegeschichte im Museum mehr Raum zu geben?

Dr. König: Es ist unbestritten, dass Königstein in der Gründungsphase der Bundesrepublik eine besondere Rolle zukam. Das Stadtarchiv erarbeitet daher einen „Weg der Demokratie“, der die originalen Schauplätze wie die Villa Rothschild als das ehemalige „Haus der Länder“ mit Informationstafeln versieht, mit Verweis auf die nächste Station der Route und ausführlichen Informationen, die über das Internet abrufbar sind. Mittelfristig soll dieser Königsteiner Weg überregional mit weiteren Schauplätzen der Demokratiegeschichte vernetzt werden. Es gibt darüber hinaus Gespräche mit Verantwortlichen der Villa Rothschild, dort in besonderer Art auf die Demokratiegeschichte hinzuweisen.

Denn „Demokratiegeschichte“ ist ein sehr wichtiges Thema. Daher wird ja gerade mit der Frankfurter Paulskirche ein internationales „Haus der Demokratie“ nur wenige Kilometer entfernt geplant – mit der enormen Strahlkraft des ersten gesamtdeutschen Parlaments. Königstein in der Paulskirche zu positionieren, erreicht meiner Meinung nach noch mehr Menschen als in Königstein selbst. Diese dann hier vor Ort – wie oben beschriebenen – an die originalen Schauplätze mit ihrer ganz eigenen Aura zu führen und dort mit weiteren Informationen zu versorgen, ist für mich der richtige Weg.

Unser Stadtmuseum sehe ich daneben eher als ein Haus, das sich den Königsteiner Themen widmet, die nirgendwo anders erzählt werden, die hier aber so reichhaltig vorhanden sind.

Wohin soll es denn gehen mit dem Museum? Oder soll es so bleiben, wie es ist?

Helm: Nein, da muss schon dringend etwas passieren. Ich glaube, da sind sich alle einig, dass es unbedingt einer Neuaufstellung und Modernisierung bedarf. Dafür sind vorab aber einige Fragen zu klären: zum einen natürlich, ob der Ort des Museums überhaupt geeignet ist – Stichwort Barrierefreiheit. Dann muss geklärt sein: Welche Inhalte sollen vermittelt werden? Aber auch: Was beinhaltet die Sammlung? Was gibt sie vor, wie soll sie ergänzt werden? Ein solches Museum bildet gemeinhin das Gedächtnis einer Stadt, gibt die spezifische Kultur der Stadt wieder, ihre Traditionen und Geschichte, und schafft somit Identität. Gerade die Sammlung in Königstein spiegelt ja die enge Verwobenheit von Museum und Bevölkerung.

Dr. König: Ganz konkret: Die Exponate sind – wenn nicht Funde u.a. von der Burg – zum großen Teil Spenden und Stiftungen der Bürger. Zum Aufbau der Sammlung hatte der damalige Bürgermeister ganz gezielt die Königsteiner um Ausstellungsstücke gebeten. Vieles davon ist heute noch in der Sammlung vorhanden. Ich finde, damit sollte man respektvoll umgehen. Und bei genauerer Betrachtung gibt es tolle Entdeckungen wie die Drehleier aus dem 17. Jahrhundert. Über so ein originales Stück lässt sich so viel vom Leben der einfachen Bevölkerung erzählen.“

In Königstein kommt mit der Burg natürlich ein ganz besonderer Aspekt hinzu, der zudem eine spezifische Zielgruppe nach sich zieht, die Touristen. Die erwarten bei einer rund 800jährigen Geschichte eines Bauwerks mehr, als – wie momentan geplant – ausführliche Schilderungen aus der letzten Phase des Bauwerks, aus einer Zeit, als die Festung nur noch als Gefängnis taugte. Wohlgemerkt, die Gefangenschaft der Mainzer Clubbisten ist eine wichtige, schwierige Facette der Geschichte. Aber eben nur eine, die zudem recht wenig mit der Stadt selbst zu tun hat.

Wie sollte man denn Ihrer Meinung nach die Burg darstellen?

Dr. Alexandra König: Nun, neben der reinen Baugeschichte wäre es doch interessant, mehr über die Menschen zu erfahren und über das, was sie geschaffen haben. Das prächtige Schloss, das die Burg auch mal war. Einzelne Fragmente davon sind im Museum ja vorhanden. Oder die Zeit der Mainzer Kurfürsten, als Königstein zu einer Barockstadt ausgebaut wurde und der Fürstbischof hier einen ersten Park anlegen ließ. Das war der Grundstein zur heutigen Stadtlandschaft. Königstein hat sich mit den jeweiligen Herren entwickelt und verändert. Das lässt sich durch die Jahrhunderte durchdeklinieren, bis zur Burg als Ruine, die immer noch den Takt vorgab, jetzt als Ausflugsziel und Attraktion für die Kurgäste.

Neben der Burg als Wahrzeichen der Stadt ist die Kur natürlich ein wichtiges Thema.

In Königstein hat sie ganz andere Formen ausgebildet als in den großen Bädern. Hier ging es um Naturverbundenheit, um Wellness und Stärkung der Resilienz. Das zog schon im 19. Jahrhundert Gäste aus der ganzen Welt an und ist heute genauso aktuell.

Das Internationale, Weltoffene, das Königstein heute ausmacht, das fing im Grunde damals schon an. Und das, was diese Menschen damals taten, das wirkt heute noch nach.

Wie sieht nun die Zukunft des Museums aus?

Helm: Mit dem fachlichen Know-how von Frau Dr. König und zusammen mit dem Engagement interessierter Bürgerinnen und Bürger, die im Verein für Heimatkunde vereint sind, kann eine Neuausrichtung gelingen, die die Königsteiner Geschichte in all ihren Facetten von der Clodwig Sage bis in die jüngste Zeit lebendig werden lässt.

Gerade hier sehe ich eine wichtige Rolle für unsere Stadtarchivarin, die unter anderem bereits das Museum Ratingen in einer schwierigen Umbruchphase grundlegend modernisiert und als Museumsleiterin ein für dieses Haus schlüssiges Ausstellungskonzept, das sich auf die Schwerpunkte zeitgenössische Kunst und Stadtgeschichte konzentriert, erstellt hat.

Die dortige Dauerausstellung zur Stadtgeschichte wurde in einer von Frau Dr. König konzipierten, neuen und zeitgemäßen Präsentation eröffnet.

Die physischen Exponate wurden dabei durch eine digitale Medieninstallation erweitert, an der die Besucher zusätzliche Hintergründe zur Stadtgeschichte abrufen können. Das kann auch Vorbild für unser Museum sein.



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