Wo tagte der Parlamentarische Rat?

Eindeutig keine Taunus-Kühe ... Foto: privat

Königstein (hhf) – Leichte Verwirrung herrscht derzeit unter geschichtsinteressierten Menschen in und um Königstein, und das zu Recht, denn es handelt sich um eine schwierige Materie. Um Rat gefragt, bemühte sich die Redaktion hier um etwas Aufklärung.

Anlässlich des 71. Jahrestages der Verkündung des Grundgesetzes hatte die CDU auf Facebook daran erinnert, dass auch Königstein seinen Anteil an dieser Phase der jüngeren deutschen Demokratiegeschichte hatte bzw. hat. Das ist erst einmal löblich, da dieser Umstand viel zu wenig bekannt ist und ein angemessener Platz in dieser Phase der Geschichtsschreibung der Kur- und Ausflugsstadt sicherlich einige kulturbeflissene Besucher mehr einbringen könnte.

Wie auch schon mehrfach in der KöWo berichtet, diente nach dem 2. Weltkrieg vor allem die heutige Villa Rothschild unter dem Namen „Haus der Länder“ in der Nähe der favorisierten Hauptstadt in spe, Frankfurt, als Tagungsort etlicher Gremien, die sich bemühten, für die bereits existierenden Bundesländer wieder einen staatlichen Überbau zu konstruieren. In manchen bis heute gültigen Beschlüssen wie zum Beispiel dem „Königsteiner Schlüssel“ hat sich diese Phase in der Gesetzgebung gehalten.

Viele Unterlagen aus dieser Zeit sind aber auch verschwunden, vermutlich nicht verloren, aber an merkwürdigen Orten archiviert, vor allem jene, die sich mit der Einrichtung des Bundesrates beschäftigen – dessen Archiv beginnt nämlich erst mit seiner Gründung, und die Zuständigkeit für die Aufbewahrung zur Vorbereitung notwendiger Dokumente ist bis dato nicht eindeutig.

Aufgrund der früheren Berichte lautete die Anfrage an die KöWo nun, ob, wie in Facebook behauptet, denn tatsächlich der Parlamentarische Rat, der die Verfassung vorbereiten sollte, hier im Haus der Länder getagt habe. Das war zwar laut unserer Berichte nicht der Fall, in Wikipedia steht aber das Gegenteil zu lesen – gibt man „Haus der Länder“ ein. Schaut man sich allerdings dort unter „Parlamentarischer Rat“ um, so steht als Tagungsort eindeutig „Bonn“.

Licht in das Wirrwarr konnte schließlich Historiker Christoph Schlott vom „Königsteiner Kreis“ bringen, der sich intensiv mit solchen „Orten der Demokratiegeschichte“ beschäftigt und die verlorenen Dokumentenschätze in entlegenen Archiven jagt: „Der Parlamentarische Rat hat nie im ‚Haus der Länder‘ getagt. Immer nur in Bonn. Im ‚Haus der Länder‘ tagten alleine die westdeutschen Ministerpräsidenten, z.T. auch deren Ausschüsse und Arbeitsgruppen, einmal, glaube ich, sogar nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland der Finanzausschuss des Bundesrates.“ ‚Glaube ich‘ – der Fachmann selbst arbeitet auch noch Lücken ab. Im Großen und Ganzen hat er das Thema aber gerade durchgeackert und wird in Kürze diesbezügliche Publikationen vorlegen.

„Königstein als Kommune hat nichts zur Entstehung der Bundesrepublik Deutschland beigetragen, die Ministerpräsidenten im ‚Haus der Länder‘ dagegen sehr“, dampft er den Lokalstolz etwas ein, ich halte dagegen, dass die Kommune aber doch jetzt ihren Teil zur Erinnerung daran beiträgt – gut, etwas mehr könnte das noch werden. Immerhin gilt die Bezeichnung des Hauses der Länder als „Wiege der Republik“, und es sind Spekulationen belegt, dass es zum Sitz des Bundestages hätte werden können, wenn die Hauptstadt Frankfurt geheißen hätte...

Auf jeden Fall wird es demnächst in der KöWo noch mehr zu dem interessanten Thema zu lesen geben – und Christoph Schlott wird sich einmal bei Wikipedia melden.



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