„Verkleidet“ – Mobiler Kleiderschrank zu Gast in der Stadtbibliothek

Das spannende Projekt „Mobiler Kleiderschrank on Tour“ beinhaltet interessante Informationen, Geschichten und die Möglichkeit für Besucher, in eine fremde Zeit einzutauchen. Simone Hesse (Leiterin Stadtbibliothek), Inga Ernst (Leiterin der Nähstube des Burgverein Königstein), Jennifer Marasek (KulturRegion FrankfurtRheinMain) und Dr. Alexandra König (Stadtarchivarin Königstein) stellten das interaktive Konzept gemeinsam vor.
Foto: Scholl

Königstein (kw/gs) – Eine ganz besondere Idee hat bis zum 30. Oktober in der Stadtbibliothek Königstein eine Heimat gefunden. Der „Mobile Kleiderschrank auf Tour“ hat inmitten der Bücher Station gemacht und lädt die Besucherinnen und Besucher der Stadtbibliothek ein, sich auf interessante Weise mit dem Thema Mode auseinanderzusetzen.

„Kleider machen Leute“

Dieses Motto kennt eigentlich jeder. Mode, Marken, der richtige Dresscode für Büro, Schule und Freizeit – seit Jahrhunderten stellen sich die Menschen die Frage: „Was soll ich heute bloß anziehen?“

Die Königsteiner Stadtarchivarin Dr. Alexandra König möchte den Besucherinnen und Besuchern die Möglichkeit geben, das Thema „Kleidung“ einmal aus einem historischen Blickwinkel zu betrachten. Ganz auf Königstein gemünzt hat sie das Projekt „Mobiler Kleiderschrank“ der „KulturRegion Rhein-Main“ mit dem Jahresthema „Kleidung, Freiheit, Identität – gestern und heute“ in die Stadtbibliothek eingeladen.

In Königstein geht es dabei um eine ganz besondere Zeit: Nach dem diesjährigen Burgfest im Tal und genau 500 Jahre nach dem „Königsteiner Indult“, also dem Rechtsakt von 1521, der den Übergang der Herrschaft von Eppstein-Königstein an das Haus Stolberg sicherte, liegt der Fokus dieser originellen „Mitmach-Ausstellung“ speziell auf der Kleidung der Renaissance.

Das Highlight in Königstein sind die prächtigen Renaissance-Gewänder, die der Burgverein zur Verfügung gestellt hat und die in der Stadtbibliothek nach Herzenslust an- und ausprobiert werden dürfen. Gleichzeitig haben König und das Team der Stadtbibliothek den „Schrank“ mit Informationen zur damaligen Zeit und der Bedeutung der Gewänder bestückt. König: „Die Kleidung der Renaissance war aufgeladen mit verborgener Bedeutung – diese gilt es zu entschlüsseln. Was bedeutet ein rotes Kleid? Warum trägt die Frau eine Haube? Was meint der Blütenkranz?“

Interaktives Konzept

Die damit verbundene Auseinandersetzung mit der Geschichte soll aber auch dazu anregen, einmal über „Kleidervorschriften“ in der heutigen Zeit nachzudenken. Die Stadtarchivarin stellte bei der Eröffnungsveranstaltung nicht ohne Grund die Fragen: „Senden wir mit unserer Kleidung auch Nachrichten? Gibt es auch heute noch Regeln, wie wir uns zu kleiden haben und wer setzt diese fest? Wie wichtig sind die „ungeschriebenen Gesetze“ des Freundeskreises?“ Und nicht zuletzt die Frage: „Sagen uns die Symbole von damals auch heute noch etwas?“

Das Projekt „Kleiderschrank“ ist interaktiv angelegt. Das Konzept lädt den Besucher explizit dazu ein, seine Gedanken zum Thema am Schrank „anzupinnen“ oder ein Selfie in der eigenen Mode oder im Gewand der Renaissance zu hinterlassen.

Überregionale Ausstellungsreihe

Das Projekt „Geist der Freiheit“ in der KulturRegion hat 2020/21 den Schwerpunkt „Kleidung, Freiheit, Identität – gestern und heute“. Dazu reist der „Mobile Kleiderschrank“ seit August 2020 durch die Rhein-Main-Region und sammelt Geschichten und Impressionen vor Ort. Gemeinsam mit Museen, Archiven, Kulturvereinen, Bildungs- und Begegnungsstätten werden, je nach gewähltem Themenschwerpunkt, z. B. Kleidungsstücke, Geschichten oder Bilder und Texte an Haken, Bügeln, Kleiderstangen und den Schrankwänden „aufgehängt“. In Königstein hat man sich in Verbindung mit dem Burgverein für die Mode und geschichtlichen Besonderheiten der Renaissance entschieden.

Reich an Gebrauchsspuren

Königstein im Taunus ist die zwölfte von insgesamt fünfzehn Stationen, an denen der Mobile Kleiderschrank Halt macht. Jeder Ort wählt einen eigenen Fokus und gestaltet den Kleiderschrank aus. Konzipiert und gebaut von dem Künstler Max Brück bietet er dafür offene wie geschlossene Schrank- und Schubladenelemente, Kleiderhaken, Spiegel und einen eingebauten Screen. Seinen Inhalt lässt er auf seiner Reise jedes Mal am Ausstellungsort zurück, reist aber reich an Gebrauchspuren von Station zu Station weiter. „Der Kleiderschrank bietet sich an, um verschiedenste Themen zu präsentieren und partizipativ zu vermitteln. Es geht ums Aufbewahren, Bestücken, Stöbern und Kombinieren, um Eigen- und Fremdwahrnehmung oder Schubladen-Denken. Alle Stationen der Tour werden dokumentiert. Am Ende steht ein mit Geschichten gefüllter Kleiderschrank“, erklärt Magdalena Zeller, Projektleiterin „Geist der Freiheit“ der KulturRegion die Idee.

Königsteiner Besonderheiten

Simone Hesse, Leiterin der Stadtbibliothek Königstein, war es wichtig, dass der Mobile Kleiderschrank einen zentralen Platz in der Bibliothek bekommt. Hier ist es den Besucherinnen und Besuchern möglich, den Schrank von allen Seiten betrachten und „erfahren“ zu können. Bestückt mit den wunderschönen Kleidungsstücken aus der Nähstube des Burgvereins, lädt er die Gäste zum Ausprobieren, Verkleiden und zu ganz persönlichen „Erfahrungen“ ein.

Der zu den Kleidungsstücken passende geschichtliche Rahmen wird mit Hilfe von Bildern, die am Schrank „angepinnt“ sind, vermittelt. Hier hat der Besucher auch die Möglichkeit, über das Scannen eines QR-Codes mit dem Mobiltelefon tiefer in die geschichtlichen Hintergründe der Renaissance einzutauchen und viele zusätzliche Informationen zu den handelnden Persönlichkeiten in Königstein zu erfahren.

Wem es Spaß macht, selbst einmal eines der Kleider anzuziehen, dem ist dieses nicht nur erlaubt, sondern es ist explizit erwünscht. Eintauchen in eine längst vergangene Zeit – dieser Wunsch kann in der Bibliothek durchaus Wirklichkeit werden. Mit einem schönen Selfie kann man sich im Anschluss auf dem integrierten Screen sogar „verewigen“.

Das Projekt „Mobiler Kleiderschrank“ wird gefördert durch die Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen und das hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst.

Stadtarchivarin Dr. Alexandra König präsentiert den Kleiderschrank. Foto: Scholl

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