Blau-weiße Fechter sorgen für Überraschungssieg

Die blau-weiße Mannschaft: Maximilian Fries, Arik Müller-Gebel, Maxi-Julius Heinecke (TV Dillenburg) und Vincent Spanier mit Trainer Jan Zwak (von links) Foto: privat

Schneidhain (kw) – Wie viele andere Lebensbereiche hat die Corona-Pandemie vor ein paar Wochen auch den Fechtsport getroffen. Jegliche Turniere und Fortbildungsveranstaltungen lässt der Hessische Fechterverband seit einiger Zeit auf unbestimmte Zeit ruhen. Auch der Trainingsbetrieb bei der SG Blau-Weiß Schneidhain ist bis auf Weiteres komplett auf Eis gelegt.

Nichtsdestotrotz verzeichneten die Schneidhainer Musketiere vor Beginn des Stillstands noch einige Erfolge. Das Event, das vor allem für die jüngeren Fechter das Highlight schlechthin im Turnierkalender darstellt, war der Krise noch um Haaresbreite voraus: die Hessischen Jugendmeisterschaften im Degenfechten Anfang März.

Für die Blau-Weißen gingen zunächst die Fechter der U17 und U13 an den Start: Darunter Karl Woschnagg, Nick Hollenbach sowie Yorck Müller-Gebel für die U17 und die Brüder Leon und Lukas Buchert (beide U13). Zwar ging es bei diesem Turnier um nichts Geringeres als die Qualifikation zu den Deutschen Meisterschaften, jedoch konnten die älteren Schneidhainer nicht ihre gewohnte Leistung abrufen. Yorck Müller-Gebel landete auf Platz 15, während Karl Woschnagg und Nick Hollenbach zumindest die Finalrunde erreichten und den Wettbewerb auf Platz 8 und Platz 6 beendeten. Die Buchert-Brüder, die trotz geringerer Erfahrung als ihre Mitstreiter Vorrunde und erste Direktausscheidungsrunde mit Bravour meisterten, landeten am Ende auf den Plätzen 15 und 16.

Trainer Jan Zwak verließ die Turnierstätte an diesem Tag mit gemischten Gefühlen. Zwar hatten seine Kämpfer vollen Einsatz gezeigt, aber die erhofften und von den letzten Jahren gewohnten Medaillenerfolge blieben bislang aus.

Am Folgetag gingen im Wettbewerb der U11 Paul Schäfer und Levi Schlenkhoff an den Start. Beide, die bekannt dafür sind, Medaillenjäger zu sein, fochten sich zielstrebig durch die Vorrunde: Levi entschied vier von sechs Partien für sich, Paul vier von fünf. Trotzdem blieb auch für die beiden jüngsten Schneidhainer der gewohnte Medaillensegen aus: Paul belegte am Ende Platz 9 und Levi, der es immerhin bis ins Viertelfinale schaffte, Platz 8.

Die beiden Asse aus Schneidhain, Arik Müller-Gebel und Vincent Spanier, starteten als Letzte des Turnierwochenendes im U15-Jahrgang. Arik setzte schon in der Vorrunde ein starkes Zeichen: Er siegte in allen fünf Gefechten und platzierte sich damit in der Setzliste für das darauffolgende K.o. unter den Top 3. Vincent zeigte sich ähnlich stark und verlor nur eine seiner fünf Partien in der Vorrunde. Nach einem Freilos für die erste K.o.-Runde setzten sie ihre Siegesserie zunächst fort. Vincent schied letztendlich eine Runde vor dem Viertelfinale aus und belegte am Ende Platz 10. Arik hingegen ließ sich nicht mehr aufhalten. Seinen Gegner im Viertelfinale, Ognyan Zyumbyulev (Eintracht Frankfurt), dominierte er eindeutig mit 15:8-Treffern. Erst im Halbfinale schaffte es der erste Kontrahent des Turniertags, den pfeilschnellen und nervenstarken Arik in die Schranken zu weisen. Jann-Rouven Schmidt (TV Dillenburg), wohlgemerkt 1. Platz auf der Hessischen Rangliste, entschied das Halbfinal-Gefecht gegen Arik mit 15 zu 6 Treffern für sich. Arik hielt sich mit der Niederlage jedoch nicht lange auf, denn er hatte sein Tagesziel erreicht: Die Bronzemedaille und das Verteidigen seines Qualifikationsplatzes für die Deutschen Meisterschaften.

Doch damit noch nicht genug: Für den Mannschaftswettbewerb taten sich Arik und Vincent mit Vereinskollege Maximilian Fries und Max-Julius Heinecke (TV Dillenburg) zusammen, um der hessischen Konkurrenz die Stirn zu bieten. In der ersten Begegnung trafen die Blau-Weißen auf die Mannschaft der SSG Bensheim. Arik und seine Kollegen übernahmen prompt die Führung und erarbeiteten sich schnell einen Vorsprung. Diesen ließen sie sich auch nicht mehr nehmen und behielten ihre Dominanz über die ganze Partie hinweg. Am Ende siegten sie über ihre Gegner mit 45:35-Treffern.

Im Halbfinale traf das Schneidhainer und Dillenburger Quartett dann auf die Startgemeinschaft Kassel/Offenbach/Dillenburg, in der unter anderem der Vizehessenmeister Jann-Rouven Schmidt vertreten war. Diese Begegnung war von Anfang an gar nicht mehr so eindeutig wie die vorangegangene. Die Schneidhainer hatten sehr zu kämpfen und vor allem der gefürchtete Jann-Rouven eroberte immer wieder die Führung zurück. Im letzten Drittel der Partie begann die Mannschaft unter Führung von Jan Zwak dann zu erwachen: Max Fries und Max Heinecke leisteten gute Vorarbeit und erzielten wichtige Treffer. Dennoch stand es vor dem letzten Teilgefecht immer noch 38:30 gegen die Schneidhainer. Zuletzt kam Arik Müller-Gebel auf die Planche und lieferte sich eine Schlacht, die selbst seine herausragende Leistung aus dem Einzelwettbewerb noch übertraf: Innerhalb von nur drei Minuten setzte er atemberaubende 15 Treffer gegen seinen Kontrahenten Bulcsú Farkas (FC Offenbach), während dieser fast gar nicht zum Zug kam. Endstand 45:42 für Blau-Weiß.

Somit entschieden die Mannschaftskämpfer trotz der scheinbar komfortablen Führung des Gegners diese Partie noch durch beispiellosen Kampfgeist zugunsten ihres Teams und Arik bescherte letztendlich den Einzug ins Finale der Hessischen Mannschaftsmeisterschaften. Obwohl dort die Profis der Frankfurter Eintracht warteten, denen das Quartett aus Schneidhain/Dillenburg nicht mehr viel entgegenzusetzen hatte und deutlich mit 33:45 Treffern unterlag, ist diese phänomenale Leistung der jungen Schneidhainer Nachwuchsathleten nur zu würdigen. Nicht nur, dass sie sich nach vielen Rückstanden wieder zusammenrafften, sondern vor allem auch, dass sie Teamgeist und Zusammenhalt unter Beweis stellten, sich immer gegenseitig wieder anfeuerten und aus dem Abseits wieder auf die Überholspur beförderten. Das zeugt von einzigartigem Kampfgeist und Durchhaltevermögen! Ebenso erfreut wie Eltern und Vereinsmitstreiter war selbstverständlich auch Trainer Jan Zwak über die Leistung seiner Kämpfer, weil einem zunächst eher glanzlosen Meisterschaftswochenende doch noch ein ruhmvoller Abschluss verliehen werden.



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