Schneidhain
(gs) – Bereits am Montagvormittag vermeldete eine aufmerksame Bürgerin, dass in der Straße „Milcheshohl“ in Schneidhain ein größerer Polizeieinsatz laufe. Ein planenbedeckter LKW der Polizei sowie mehrere Mannschaftswagen seien vor Ort. Die Straße war für die Durchfahrt gesperrt, wobei offensichtlich größere „Ausräumarbeiten“ vonstattengingen.
Später war aus gleicher Quelle zu erfahren, dass die Planenabdeckung des Polizei-LKW nun als „Zelt“ auf der Straße stehe und die Einsatzbeamten damit beschäftigt seien, allerlei Lüftungsgerät in großem Umfang aus dem betroffenen Haus zu räumen und zu verladen. Schon zu dem Zeitpunkt lag nahe, dass es sich um einen Einsatz im Bereich der Drogenfahndung handeln könnte, da für die Aufzucht und Verarbeitung der entsprechenden Pflanzen große Lüftungsanlagen benötigt werden, um die intensive Geruchsbildung zu unterbinden. Der Einsatz dauerte den ganzen Vormittag, wobei im Verlauf der Geschehnisse auch von Verhaftungen die Rede war.
Internationaler Einsatz
Eine Anruf bei der Pressestelle des Polizeipräsidiums Westhessen erhärtete den Verdacht, denn von dort war die Auskunft zu erhalten, dass es sich nicht um einen Einsatz der örtlichen Polizei, sondern „wahrscheinlich“ um eine Maßnahme im Rahmen der internationalen Großfahndung handelte, die am Montag mit deutschem Schwerpunkt in Hessen weltweit durchgeführt wurde. Federführend in Hessen war das zuständige Landeskriminalamt, das jedoch auf eine am Montag geltende Informationssperre und die offizielle Presseveröffentlichung am Dienstag verwies.
Illegales Netzwerk gesprengt
Bereits am Montag wurde bekannt, dass es im Rahmen koordinierter Maßnahmen über 130 Durchsuchungen und mehr als 60 Festnahmen in Hessen gegeben hatte. Grund war ein Schlag der Polizeibehörden gegen die organisierte Kriminalität über Kryptonetzwerke, der am Montag durchgeführt wurde.
Ausgangspunkt der deutschlandweiten Maßnahmen war ein Ermittlungskomplex der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main - Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) - und des Bundeskriminalamts (BKA). Gegenstand dieses Ermittlungskomplexes sind Informationen der US-amerikanischen Strafverfolgungsbehörden zu möglichen Straftaten von deutschen Nutzern. Die Beschuldigten stehen insbesondere im Verdacht, unerlaubt Handel mit Betäubungsmitteln und Waffen unter Nutzung von verschlüsselten Kommunikationsnetzwerken (sogenannten Kryptonetzwerken) und entsprechenden Endgeräten (sogenannten Kryptohandys) betrieben zu haben.
Drogenschmuggel und -anbau
Eines der angestrengten Ermittlungsverfahren in Hessen betrifft lt. Presseverlautbarung des LKA eine Tätergruppierung im Rhein-Main-Gebiet mit insgesamt 16 Beschuldigten im Alter von 24 bis 46 Jahren. Diesen wird vorgeworfen, Betäubungsmittel in nicht geringer Menge nach Deutschland eingeführt zu haben, wobei sie speziell dafür umgebaute Kraftfahrzeuge verwendet haben sollen. Daneben wird den Beschuldigten vorgeworfen, in eigens dafür vorgehaltenen Laboren selbst Betäubungsmittel für den Weiterverkauf hergestellt zu haben. Bei dem Einsatz am Montag wurden Durchsuchungsbeschlüsse für ca. 50 Objekte der mutmaßlichen Tätergruppierung, u.a. auch im Hochtaunuskreis und Main-Taunus-Kreis, vollstreckt. Die Beschuldigten wurden vorläufig festgenommen. Ihnen drohen jeweils bis zu 15 Jahre Freiheitsentzug.
Erfolgreicher Einsatz
Insgesamt waren an den Maßnahmen in Hessen bei über 130 Objekten sowie insgesamt mehr als 60 Festnahmen annähernd 1.500 Einsatzkräfte beteiligt. Dabei konnten insgesamt mehr als 120 kg Marihuana, 25 kg Haschisch und über 6.000 Cannabis-Pflanzen, 3 kg Heroin, ca. 1 kg Kokain und 100 kg Streckmittel, über 30 kg Amphetamin und 15 Kanister Amphetaminbase sowie über 20 Waffen und mehrere Schusswaffen sichergestellt werden. Zudem konnten über 30 Luxuskarossen und Bargeld in Höhe von 250.000 Euro beschlagnahmt werden. Die erfolgreichen Maßnahmen wurden als bedeutender Schlag gegen die organisierte Kriminalität gewertet. Die Maßnahme mitten im Ortskern von Schneidhain macht dabei auch deutlich, dass kriminelle Energie nichts mit sozialem Umfeld zu tun hat.