Art Quilt Gruppe Glaskunst setzt Land-Art Kunst auf der Burg ansprechend in Szene

Die Damen der Art Quilt Gruppe Glaskunst zeichnen für die zwölf textilen Installationsobjekte verantwortlich. Schirmherrin Dr. Julia Cloot (Zweite von links) wünscht Initiatorin Jutta Briehn (Mitte) und ihren Mitstreiterinnen viel Erfolg. Fotos: S. Puck

Kronberg (pu) – In der Öffnung des Fünfeckturms auf der Oberburg lauert eine gigantische Spinne in ihrem Netz, nur wenige Meter weiter sitzen riesige Ameisen auf einer Mauer und am Freiturm zeugt eine Leiter von einer drohenden Eroberung – der Fall scheint klar, Burg Kronberg steht Kopf!

Doch halt, bei näherer Betrachtung entpuppt sich Spinne Tarantula ebenso als textile Installation wie die Ameisen, die Leiter und die in einem Baum hängenden Burggebäude-Teile. Des Rätsels Lösung: Seit dem Wochenende präsentiert die Art Quilt Gruppe Glashaus auf dem Außengelände der Burg Kronberg unter dem Motto „BurgARTextil“ Kunst, die Kreativität fühlbar macht.

Die Künstlerin, die für die Realisierung eines lang gehegten Wunsches verantwortlich zeichnet, heißt Jutta Briehn und ist in der Burgstadt keine Unbekannte. Für die langjährige Leiterin der Arbeitsgruppe Textiles Gestalten (PAK) „war die Burg schon immer das Beste, was ich mir als Forum für die mir persönlich viel bedeutende flüchtige Kunstform Land Art vorstellen konnte“, verriet sie letzten Sonntag anlässlich der Ausstellungseröffnung. Als sie vor über einem Jahr ihre fünf Kolleginnen der Gruppe Glashaus – Anne Christ, Bärbel Grünewald, Monika von Hörde, Heike Lunkwitz und Gloria Pemler-Starck – in ihre Gedankenspiele einweihte, hielt sich deren Euphorie zunächst in überschaubaren Grenzen. Immerhin war so viel Interesse geweckt, dass die Damen gemeinsam das Kronberger Wahrzeichen besuchten. Und typisch kreative Geister, sprossen unverzüglich erste Ideen. Es dauerte nicht lange und schon waren Vorentwürfe zu Papier gebracht. Damit war das Projekt fast schon beschlossene Sache, blieb noch, Burgverein und Stiftung Burg Kronberg für das Ganze zu begeistern. „Zunächst wunderte ich mich über die ständigen Aufenthalte der Damen auf der Burg, denn anfangs verrieten sie auch nicht deren Hintergründe. Dann zeigten sie mir, was dort entstehen soll und ich war von Anfang an begeistert“, berichtete die Vorstandssprecherin der Stiftung Burg Kronberg, Martha Ried. Das nun Präsentierte „übertrifft allerdings meine Erwartungen noch“.

Zwölf Monate lang wurden laut Briehn Entwürfe entwickelt und teilweise wieder verworfen, bis letztendlich zwölf textile Kunstwerke entstanden, die im Außengelände verteilt, Plätze und Bauwerke in Szene setzend von den Besuchern entdeckt werden wollen. Hinter jeder der Installationen steckt eine ganz persönliche Intuition:

Bärbel Grünwalds Stoffstufen zwischen Torhaus und Kapelle sollen beispielsweise den Weg der Lebensstufen hinauf in den freien Himmel symbolisieren, für das Spiel mit dem Wind hat Heike Lunkwitz filigrane Windsäcke gefertigt, die Luftströme nicht nur sichtbar, sondern auch hörbar machen. Goldene Spindeln von Monika von Hörde wecken Erinnerungen an das Märchen der schönen, Stroh zu Gold spinnenden Müllerstochter. Die Goldherstellung dieser Art zählt bekanntlich zu den ältesten Träumen der Menschheit.

Die Geschichten von Ritterkämpfen und Burg-Eroberungen lesen und hören auch in der heutigen Zeit Kinder und Erwachsene ausgesprochen gerne. Diesen Gedanken griff Anne Christ mit ihrer 17 Meter langen Textilleiter auf, während die Expertin für Tierisches, Gloria Pernler-Starck, auf Ameisen und Spinnen setzt. Wo Spinnen sind, sind deren Webfäden nicht weit, was Jutta Briehn inspirierte, zwischen alten Eiben Netze zu spannen. Die weiße Frau, ein Gespenst, das in Schlössern deutscher Adelsfamilien gespukt haben soll, scheint offenbar in der Burgstadt ebenfalls eine neue Bleibe gefunden zu haben. Mauerblümchen auf alten Gemäuern sind ein weiterer Hingucker, ganz zu schweigen vom textilen Wasserfall.

Neben 120 Vernissage-Besuchern zeigte sich auch die Schirmherrin der Veranstaltung, die stellvertretende Geschäftsführerin und Kuratorin des Kulturfonds Rhein-Main, Dr. Julia Cloot begeistert von dem faszinierenden Projekt.

„Zwei Dinge sind hierbei zusammengeführt worden, aktuelle Textilkunst und historische Burggemäuer“, fand sie lobende Worte. Textile Kunst werde nicht häufig als dreidimensionales Objekt verwendet. Entstanden sei ein fantasievolles und humorvolles Zusammenspiel, dass bei aller Kreativität als gesellschaftskritische Komponente den Blick des Betrachters schärfen soll zum verantwortungsvollen Umgang mit der Natur und schützenswerten Denkmälern.

Für die sechs Künstlerinnen wird diese auf zwei Monate ausgelegte Ausstellung eine spannende Erfahrung werden. Im Kontrast zur dauerhaften und käuflich zu erwerbenden Kunst, sind die vergänglichen Objekte der Kunstströmung Land Art gewollt ungeschützt sämtlichen Witterungseinflüssen ausgesetzt. Früher oder später wird dadurch bedingt ein Veränderungsprozess in Gang gesetzt, sowohl für die Gruppe Glaskunst als auch für die Kunst- und Burginteressierten zweifellos ein zusätzlicher Ansporn, diese Entwicklung kontinuierlich zu verfolgen, vor allen Dingen, weil die Künstlerinnen mit dieser Präsentation einen Beitrag zum Fortbestand und Sanierung der Burg leisten wollen. „Diese Ausstellung ist unser Geschenk an die Burg“, so Initiatorin Jutta Briehn.

Die Ausstellung ist bis in den Oktober hinein mittwochs, donnerstags und samstags von 13 bis 17 Uhr sowie sonn- und feiertags von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Für Samstag, 6. Septmber ist eine Abendführung als weiteres ausstellungsbegleitendes Event geplant. Näheres dazu wird rechtzeitig vor der Veranstaltung veröffentlicht.

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