Johann Schweikard von Kronberg – der vergessene Mainzer Erzbischof

Kronberg (war) – „Johann Schweikard von Kronberg gehört zu den bedeutendsten Bischöfen des Erzstiftes Mainz. Dennoch ist er trotz seiner nicht zu unterschätzenden Stellung heute eine fast unbekannte Größe in der Geschichte dieses Bistums. Selbst in den meisten Nachschlagewerken zur Biographie prominenter Kirchenleute bleibt er unerwähnt.“ Diese Aussage stellte der ehemalige Aschaffenburger Stadtarchivar, Dr. Hans-Bernd Spies, bei seinem Vortag über das Leben des hervorragendsten Vertreters des Kronberger Adelsgeschlechts, den er kürzlich auf Einladung des Burgvereins auf der Burg hielt, in den Raum. Als Wiedererbauer von Schloss Johannisberg in Aschaffenburg hat sich der Kronberger, welcher von 1604 bis 1626 den Stuhl des Erzbischofs von Mainz begleitete, in der unterfränkischen Stadt ein unübersehbares Wahrzeichen und Denkmal gesetzt. „Aber selbst bei uns in Aschaffenburg können leider viele Bürger mit dem Namen Schweikard nichts anfangen. Es gibt zwar ein Kronberg-Gymnasium und eine Suicardusstraße, die sich von der latinisierten Form seines Namens ableitet. Das war es aber dann auch schon!“, so die Meinung von Spies. In Kronberg sieht es noch schlechter aus, erinnert doch weder ein Denkmal noch eine Gedenkplatte oder Straße an ihn.

Schweikards Vater war der evangelische Hartmut XIII. und sein Großvater Hartmut XII., der als der Reformator in die Geschichte einging. Somit ist sicher davon auszugehen, dass Schweikard, geboren am 15. Juli 1553 in Mainz, im evangelischen Glauben erzogen wurde. Das hinderte ihn aber nicht daran, wie schon sein Vater eine erfolgreiche Karriere im katholischen Erzbistum Mainz zu machen. Spies weiter: „Daran wird ersichtlich, dass die Grenzen zwischen den Religionen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts noch fließend waren. Als 11-Jähriger dürfte Schweikard dann aber offiziell als katholisch gegolten haben, denn 1564 erhielt er als Domizellar des Mainzer Domkapitels seine ersten Pfründe, die ihn im Laufe seines Lebens zum Einkommensmillionär machten“, bemerkte Spies Von 1575 bis 1599 begleitete er zusätzlich ein lukratives Kanonikat am Domstift im Nachbarbistum Würzburg. Damit verbesserte er seine Chancen, einmal in einer der beiden Diözesen zum Bischof ernannt zu werden. Zum Studium der Theologie besuchte er die Universitäten in Mainz, Trier, Dôle und Valence in Frankreich sowie im italienischen Bologna. Seinen letzten Schliff erhielt er am Germanicum in Rom, das noch heute als Kaderschmiede des deutschen Episkopats gilt. In Leiden, Paris und Orléans studierte Schweikard anschließend noch Jura. Nach seiner Studienzeit, die er mit 24 Jahren beendet hatte, kehrte er nach Mainz zurück, um hier eine beachtliche kirchliche Laufbahn einzuschlagen. 1581 begleitete er als erster Domkapitular die Rektorenstelle an der hiesigen Universität. Schon ein Jahr später vertrat er als Generalvikar in vielen klerikalen Angelegenheiten den damaligen Erzbischof Wolfgang von Dalberg. 1595 wurde er schließlich zum Domdekan ernannt. Damit hatte er die Oberaufsicht über das einflussreiche Domkapitel inne und kam auf diesem Weg in Kontakt mit vielen Reichsfürsten. Am 11. Februar 1604 war Schweikard dann an seinem Ziel als er vom eigenen Domkapitel zum Erzbischof auserkoren wurde. Sieben Monate später kam die päpstliche Bestätigung. Aber erst 1613 wurde der Kronberger offiziell mit dem Mainzer Erzstift von kaiserlicher Seite belehnt. „Als Erzbischof von Mainz hatte Schweikard die vornehmste Kurwürde inne, da mit dieser automatisch ‚das Erzamt über Germanien‘ verbunden war. Als so genannter Reichserzkanzler vertrat der Mainzer Erzbischof den Kaiser oftmals in dessen Funktion. Er war damit der zweite Mann im Reich“, betonte Spies. Außerdem oblag ihm als Reichserzkanzler die Führung der Reichskanzlei und Aufsicht über das Reichskammergericht. Bei einer Kaiserwahl gab seine Stimme im siebenköpfigen Kurkollegium den Ausschlag. So ging die Wahl von Erzherzog Ferdinand zum Kaiser im Jahr 1619 maßgeblich auf Schweikards Initiative zurück. Als toleranter und auf Ausgleich bedachter Mensch setzte sich Schweikard zunächst für eine milde Form der rekatholisierenden Gegenreformation im Verbund mit einer kompromissorientierten Kirchenpolitik ein. Erst der berühmte Prager Fenstersturz, der 1618 ein Mitauslöser des 30-jährigen Krieges war, veranlassten Schweikard schließlich zu einer härteren Gangart in seinem Handeln.

Abschließend ging Spies noch auf den bereits erwähnten Wiederaufbau von Schloss Johannisberg in Aschaffenburg – das bis heute zu den bedeutendsten Renaissanceresidenzen im deutschsprachigen Raum zählt – durch Schweikard ein. Die ursprünglich aus dem 13. Jahrhundert stammende Burg, welche den Mainzer Bischöfen immer wieder als gern besuchte Nebenresidenz diente, war im Zweiten Markgräfler Krieg (1552-1554) in Brand geraten. Danach wurde die Wehranlage nur notdürftig in einigen Teilen wiederhergestellt. Zwar gelobten alle seit der Zerstörung gewählten Bischöfe in ihren so genannten Wahlkapitulationen, das Gebäude erneut instand zu setzen, sobald die finanziellen Mittel dafür zur Verfügung stünden, aber erst Schweikard traute sich mit der nötigen Energie an dieses Großprojekt heran. Schon ein Jahr nach seiner Wahl beauftragte er den aus dem Elsass stammenden Baumeister Georg Ridinger mit dem Neubau eines Renaissanceschlosses als Ersatz für die alte Burg. Nur der bis heute erhaltene mächtige gotische Bergfried wurde übernommen. „Auf schätzungsweise 914000 Gulden beliefen sich die Gesamtkosten für den repräsentativen Bau. Das entspricht in etwa heute einer Summe von 200 Millionen Euro. Noch immer wird behauptet, dass für die Finanzierung konfisziertes Vermögen aus den damaligen Hexenprozessen diente. Doch da kamen über die Jahre allenfalls einige 10.000 Euro zusammen, die für so einen kostspieliges Bauvorhaben wohl kaum ausschlaggebend sein konnten“, so die nüchterne Rechnung von Spies. Am zehnten Jahrestag seiner Amtszeit – es war der 14. Februar 1614 – bezog Schweikard schließlich offiziell sein neues, mit rotem Mainsandstein verkleidetes Domizil oberhalb des Mains. Der endgültige Bauabschluss ist jedoch anhand erhaltener Rechnungen erst für das Jahr 1619 anzusetzen. Von hier aus zog der jagd- und wohl auch trinkfreudige Erzbischof gerne in die wildreichen Spessartwälder. Am 17. September 1626 verstarb Johann Schweikard in seiner geliebten Residenz in Aschaffenburg.



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