Eine Mensch-ärgere-dich-nicht-Figur als Christkind

Kronberg. – Die Weihnachtszeit ist eine Zeit der Traditionen, und jede Familie pflegt ihre eigenen: das Tannenbaumschmücken, die Bescherung, das Weihnachtsessen und natürlich die Krippe. Von einer besonderen Krippe will ich heute erzählen, die ich vor Jahren einmal gesehen habe.

Diese Krippe hat es mir auf Anhieb angetan, und „Schuld“ daran war ihr ganz besonderes Jesuskind. Ein gelbes Mensch-ärgere-dich-nicht-Männchen war das „Jesuskind“. Es bekam ein Gesicht aufgemalt und wurde in die Krippe gelegt. Und da liegt es nun, das Jesuskind. Das Filzstiftgesicht grinst mich an: Mensch, ärgere dich nicht!

Mensch, ärgere dich nicht! Was für eine wunderbare und hintersinnige Idee! Ich fühlte mich seltsam berührt von dem Holzfigürchen, das zwischen Maria und Josef lag und die Weihnachtsgeschichte ganz simpel zusammenfasste: Mensch, ärgere dich nicht, denn Gott ist Mensch geworden.

Wie wahr ist das! Denn wenn ich zurückdenke an die erste Christnacht: Wie viel Ärger brachte dieses Geschehen für die Beteiligten mit sich!

Zuerst Ärger für Maria. Die göttliche Wahl, Gottesmutter zu werden, brachte sie in erhebliche Schwierigkeiten. Doch sie ärgert sich nicht. Sie ist überrascht, als der Engel Gabriel ihr verkündet, was geschehen wird, und freut sich schließlich sogar. Dabei hätte Maria wirklich Grund gehabt, sich aufzuregen. Wird doch ihr ganzes Leben auf den Kopf gestellt.

Dann diese Volkszählung. Nichts als Ärger. Das halbe Land ist auf den Beinen. Und Maria, hochschwanger, muss auf Reisen gehen – und am Ziel gibt es nicht einmal ein ordentliches Bett. In einem Stall kommt ihr Kind zur Welt! Wirklich Grund zum Ärgern!

Ärgerlich ist, dass die Weisen aus dem Morgenland doch nicht klug genug sind, den neugeborenen König am richtigen Ort zu suchen. So bringen sie den Kindermörder Herodes auf den Plan. Was dann geschieht, ist nicht ärgerlich, es ist eine Katastrophe: Weil ein König Angst hat um sein bisschen Macht, das ihm die Römer gelassen hatten, bringt er alle Kinder von gleich zwei Geburtsjahrgängen in Betlehem um. Doch das „richtige“ Kind trifft er nicht, es wird – sehr zu seinem Ärger – gerettet.

Und dieses Kind wird sich als Erwachsener Ärger über Ärger einhandeln: Das geht schon los beim Übergang in die Erwachsenenwelt, als der Zwölfjährige im Tempel verloren geht – so zumindest sehen es seine verärgerten Eltern. Als Gottes Sohn später als Wanderprediger das Wort ergreift und so ganz anders handelt, als es die Menschen möchten, ist oft Ärger angesagt. Nicht umsonst sagt Jesus: Selig sind, die sich nicht an mir ärgern. Die einen suchen in ihm den Volkshelden – und sind verärgert; die anderen sehen in ihm den Gotteslästerer – und werden wütend. Die Mächtigen beschließen: Dem Ärger soll ein Ende gemacht werden, der Mann wird zum Schweigen gebracht.

Doch wieder hat der Mensch die Rechnung ohne Gott gemacht. Denn der geplante Tod wird zum Triumph Gottes. Gott lässt sich nicht verbannen durch den Tod seines Sohnes am Kreuz, er lässt sich nicht verbannen durch kleine und große Untaten der Menschen. Gott lässt sich nicht verbannen durch unser Schweigen und nicht durch unsere Gleichgültigkeit. Gott ist Mensch geworden, Teil unserer Menschheit und Menschlichkeit. Doch er ist und bleibt ein unbequemer Zeitgenosse. Wo andere, um Ordnung zu schaffen, zum militärischen Aufmarsch rufen, fordert Gott Versöhnung. Wo andere Marschbefehle in unwegsames Gebiet erteilen, zeigt Gott den Weg des Lebens durch Vergebung. Davon zu reden, löst auch heute Verärgerung aus.

Gott wurde Mensch, um Menschen in Bewegung zu setzen, zum Nachdenken zu bringen. Er will uns nicht ärgern. Im Gegenteil: Mensch, ärgere dich nicht!, ruft er uns zu. Ergreife die Chance, Mensch zu werden - indem du dich mit Gottes Anfragen an dein Leben auseinandersetzt. Gottes Kommen fragt uns, wie wir zu ihm stehen, zu uns selbst und zu unserem Nächsten.

Ob und wie sehr wir uns ärgern über die Überraschungen, das Ungeplante und Unverfügbare im Leben. Wie oft ärgern wir uns über Kleinigkeiten! Wie oft ärgern wir uns über einen Mitmenschen oder über uns selbst? Und wie oft ist der Ärger langlebiger als die Freude und deckt alles Gute zu?

Ich habe mir vorgenommen: So soll es bei mir nicht mehr sein. Deshalb denke ich immer wieder sehr gerne an das Mensch-ärgere-dich-nicht-Figürchen. Auch an den Festtagen soll es mich daran erinnern, dass ich dem Ärger keinen bleibenden Raum überlassen will. Stattdessen soll Freude einziehen. Ich möchte mich freuen an meinen Nächsten und auf sie zugehen. Ich möchte mich freuen an dem, was mir gelingt, und nicht gefesselt sein von dem, was misslingt.

Beides kann ich, weil ich mich darüber freue, dass Gott Mensch geworden ist. Schaut in die Krippe! Seht, hier ist der Grund der Freude! Mensch, leg‘ alles ab, was dich grämt und ärgert. Und ich möchte dieser Freude Gestalt geben. Ich möchte mein Leben und das Leben in unserer Gemeinschaft so gestalten, dass andere diese Freude spüren, von ihr angesteckt werden. Nicht umsonst singen wir: „O, du fröhliche, o, du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit! Welt ging verloren, Christ ist geboren. Freue, freue dich, o Christenheit!“

Voll Freude wünsche ich uns allen ein gesegnetes Weihnachtsfest. Voll Freude schauen wir, die Evangelische Kirchengemeinde St. Johann, auf das 25-jährige Jubiläum der Ökumenischen Diakoniestation vom 26. bis 29. Juni 2015 zurück. Die Feierlichkeiten begannen am Freitagabend mit einem Festvortrag von Ernst Boltner im Hartmutsaal. Der Geschäftsführer des St. Elisabethvereins aus Marburg sprach zu dem Thema „Pflege und Altenhilfe gestern, heute und morgen“.

Am Samstag waren dann zunächst die Kinder und junggebliebenen Erwachsenen angesprochen. Ein „Mitmachtheater“ begeisterte Jung und Alt mit launigen Auftritten im „geheimen Garten.“

Am Abend füllte sich die Johanniskirche. Das angekündigte Benefizkonzert zugunsten des Fördervereins der Ökumenischen Diakoniestation war ein musikalisches Geschenk des Chores der Johanniskirche, begleitet von einem großem Orchester und vielen Solisten, an die Mitarbeitenden der Diakoniestation, an die ehrenamtlich in den Fördervereinen Tätigen, sicherlich auch eine Wertschätzung der Alten- und Krankenarbeit in unseren Gemeinden. Unter der bewährten Leitung von Bernard Zosel kamen Werke von Schubert, Brahms, Frank und Puccini zur Aufführung.

Ein Festgottesdienst am Sonntagmorgen eröffnete in der Johanniskirche den bunten Reigen des Ökumenischen Gemeindefestes. Gekommen waren neben den geladenen Ehrengästen viele katholische und evangelische Gemeindeglieder. Mitgewirkt haben die Johannisbläser, unter der Leitung von Rüdiger Balke, der evangelische Dekan Dr. Fedler-Raupp, der katholische Pfarrer Lindenberg, die evangelischen Gemeindepfarrer Wohlert und ich und Kantor Bernhard Zosel an der Orgel. Die Predigt hatte der Vorsitzende des Vorstands des Diakonischen Werkes Hessen dankenswerterweise übernommen. Das war „ein Zeichen der Wertschätzung der jahrelangen und beispielhaften Arbeit der Ökumenischen Diakoniestation,“ wie es Pfarrer Dr. Gern in seiner Predigt zum Ausdruck brachte. Dr. Gern zeichnete Herr Prof. Dr. Herbert Wagschal mit dem goldenen Kronenkreuz aus, der höchsten Auszeichnung der Diakonie Hessen.

Draußen im Pfarrgarten der Johannisgemeinde hatte inzwischen bei bestem Wetter das Familienfest begonnen. Groß und Klein fanden sich am wohlschmeckenden Buffet ein. Der Eisstand des katholischen Kindergartens und ein „Spielmobil“ waren die Anziehungspunkte für die Kinder. Das große Hüpfkissen und die Rollenbahn, aber auch die vielen anderen Unterhaltungsmöglichkeiten begeisterten die Kleinen, während die Großen sich beim „Tag der offenen Tür“ in der Diakoniestation informierten.

Der „Seniorennachmittag“ am Montag war dann der wohlgesetzte Schlussstein des 25 -jährigen Jubiläums der Ökumenischen Diakoniestation und des Fördervereins.

Allen, die tatkräftig oder finanziell unsere Arbeit oder das Fest unterstützt haben, sei an dieser Stelle nochmals herzlich gedankt! Wir können mit Tatkraft und der Zuversicht, dass Gott auch weiterhin unserer Arbeit seinen Segen gibt, auf die vor uns liegenden Jahre blicken.
Pfarrer Hans-Joachim Hackel



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