Schwungvolle Burgsaison – im nächsten Jahr wird der Wappensaal fertig

Burg im Winterkleid Fotos: Burgverein / Peukert

Kronberg. – Die 21. Burgsaison seit Gründung der Stiftung Burg Kronberg im Taunus geht zu Ende. Mit rund 30.000 Besuchern, zählt man den Mittelaltermarkt, die Veranstaltungen Dritter und die Tage bei freiem Eintritt mit, war sie in jeder Hinsicht erfolgreich. Die Aktiven des Burgvereins können zufrieden sein. Die Sanierung der Mittelburg ist so gut wie abgeschlossen. Die Restaurierung der Säle im „Großen Haus“, wie das Kronenstammhaus seit 2012 benannt wird, geht zügig voran. Seit Saisonbeginn stand der Terracottasaal uneingeschränkt zur Verfügung, ebenso wie die Infrastruktur im Kellergeschoss und der neue Treppenturm. Handwerker trifft man kaum noch an. Lediglich der Elektriker ist noch ab und zu vor Ort, um die letzten Feinheiten zu installieren und Einstellungen zu justieren, die sich im laufenden Betrieb bewähren müssen. Wo immer möglich, sind energiesparende Lösungen mit geringem Wartungsaufwand eingebaut, die sich zudem gut an das Denkmal anpassen. Seine Bewährungsprobe am Pfingstwochenende mit über 10.000 Mittelalter-Begeisterten hat das Haus gut überstanden.

Im September 2015 übernahm ein Team aus fünf Restauratorinnen das Regiment im Großen Haus. Sie haben den Auftrag, den Wappensaal zu restaurieren und das Erscheinungsbild beizubehalten, das der Saal vor rund 120 Jahren erhalten hatte. Seinerzeit ließ Viktoria Kaiserin Friedrich den Saal von Hembus und Graetz nach genauen Vorgaben ausmalen. Man hatte noch Reste der Wappenmalereien vorgefunden, die im 17. Jh. unter Johann Schweikard von Kronberg angebracht worden waren. Die Kaiserin wollte offensichtlich vermeiden, dass der Saal nach der Restaurierung wie ein Neubau aussehen würde. Also täuschte man, wie die Restauratorinnen nun herausfanden, ein falsches Alter vor. Putz und Malereien erhielten falsche Stockflecken und unechte Abnutzungsspuren. Wassereinbruch und Schwammbefall der folgenden Jahrzehnte hinterließen ebenfalls deutliche Spuren. Das Team sieht sich heute also bei jeder Verfärbung, die nicht zum Untergrund passt, bei jedem Fleck im Wappen, vor die Frage gestellt: „Ist das gewollt, oder kann das weg?“ Mal eben übermalen? – Auf keinen Fall! Wenn gereinigt werden muss, dann ganz behutsam. Wenn Farbe aufzutragen ist, dann mit ganz feinen Strichen. Akribie und gute Augen sind gefragt, Geduld und zarte Frauenhände. In Abstimmung mit den beiden Fachbauleiterinnen und den Vertreterinnen des Landesamts für Denkmalpflege gelingt den Restauratorinnen dabei fast ein kleines Wunder. Ab dem kommenden Frühjahr, wenn nach Abschluss der Restaurierung auch der Dielenboden gereinigt und freigegeben ist, wird der Wappensaal wieder ein Höhepunkt der Burgführungen sein. Der Saal soll auch für Veranstaltungen so bald wie möglich genutzt werden.

Damit wird das Ziel der Sanierungs- und Restaurierungsmaßnahmen im Großen Haus endlich erreicht. Die Burg lässt sich nur erhalten, wenn man sie nutzt, mit Leben erfüllt, ihren Zustand im Auge behält. Und wenn der laufende Betrieb, unterstützt von Spenden, genug Geld erwirtschaftet, um die laufenden Ausgaben und Instandhaltungsmaßnahmen finanzieren zu können.

Aus dem kulturellen Leben Kronbergs ist das Geschehen auf der Burg nicht mehr wegzudenken. Auch für Veranstaltungen, die nicht im Burgprogramm stehen, war und ist die Burg ein beliebter Schauplatz. Nun ist es noch attraktiver geworden, besondere Anlässe auf der Burg zu feiern. Mit Rücksicht auf das Denkmal und die Lage wird die Anzahl zwar immer begrenzt sein, doch die Vielfalt bleibt erhalten, wie der kurze Rückblick auf die Saison 2015 zeigt.

Mehr als 450 Burgführungen zu besonderen Themen, zu Wunschterminen für private Gruppen oder Schulen, fanden statt; damit trugen die Burgführer wesentlich zu den laufenden Einnahmen bei. Erstmals konnten in diesem Jahr Führungen auf Russisch durchgeführt werden. Das Angebot für Kinder mit Mitmach-Märchen und kindgerechten Führungen erfreut sich wachsender Beliebtheit.

Über 30 Konzerte, Theateraufführungen, Ausstellungen, Lesungen und Vorträge boten Unterhaltung für alle Interessens- und Altersgruppen. Die Auftritte der Internationalen Opern- und Singakademie Bad Schwalbach, Dhalia‘s Lane und des Duos Burstein & Legnani brachten ein Wiedersehen mit langjährigen Freunden. Ein jüngeres Publikum sprach die Band „Katness“ an, die die Burgbühne neu für sich entdeckte. Das TNT Theatre Britain sucht sich für seine Aufführungen Burgen und Schlössern in ganz Europa aus. Auf der Freilichtbühne vor der Oberburg gab man Shakespeares „The Merchant of Venice“. Die Reihe der „Texte und Töne zur Teezeit“ entwickelt sich zum Markenzeichen. Der Termin am Sonntagnachmittag kommt gut an; das Publikum schätzt das individuell zusammengestellte Programm, das man nicht überall geboten bekommt, die Nähe zu den Künstlern und den Ausklang bei angeregten Gesprächen und einem Glas Wein. Mit Balladen, Dramen in Miniaturformat, schlugen Michaela Ehinger, der junge Bariton Johannes Schwarz und der Pianist Klemens Althapp ihre Zuhörer in Bann. Der Auftritt des Ensemble BonaNox söhnte so manchen im Publikum mit Goethes Texten aus; die man in der Schulzeit als eher langweilig empfunden hatte. In der „Garten-Teezeit“ im Juli verzauberte Ingrid El Sigais einfühlsame Stimme die Anwesenden mit der Geschichte von Anni, einer ungewöhnlichen Kronberger Gärtnerin, aus Eva Demskis „Gartengeschichten“. Der August stimmte mit exotischen Tönen einer indonesischen Angklung-Gruppe und Ayu Utamis Roman „Saman“, in Passagen auf Indonesisch von der Autorin selbst gelesen, auf das Gastland der Buchmesse ein. Mit der Ritterromanze „Die schöne Magelone“ klang die Teezeit-Saison aus. Der Gesang der Mezzosopranistin Britta Jacobus und des Baritons Christoph Kögel, die dramatische Interpretation des Pianisten Norbert Henß und die angenehme Erzählstimme von Brigitta Hermann füllten den ausverkauften Terracottasaal mit Wohlklang.

Zu den saisonalen Festen und Märkten, in Verbindung mit den verkaufsoffenen Sonntagen in der Altstadt, kommen Gäste aus der ganzen Region auf die Burg. Das schwungvolle Herbstfrüchtefest knüpfte mit über 2.400 Burgbesuchern an frühere Erfolge an. Dafür hatten sich auch sehr viele Aktive aus allen Arbeitskreisen mächtig ins Zeug gelegt. Mit Spiel und Tanz unterhielten sie die Besucher, und die in Burgcafé, Burgbistro und Burgbar angebotenen kulinarischen Genüsse fanden guten Zuspruch. Szenen der „Lebendigen Burg“ ließen an verschiedenen Spielorten die Burgvergangenheit wach werden.

Einige Kronberger Vereine, allen voran die Kronberger Rittergarde mit ihrem Mittelaltermarkt, aber auch der Kronberger Kulturkreis und die Laienspielschar, nutzten die Burg als Kulisse für ihre Veranstaltungen.

Eine Premiere fand im Juni statt: das erste Brautpaar gab sich im Prinzengarten, nun offizielle Außenstelle des Standesamts, das Ja-Wort! Um im Anschluss den großen Tag im Terracottasaal gebührend zu feiern.

Die Vorbereitungen für die Saison 2016 laufen bereits auf Hochtouren. Auf dass das kommende Burgjahr ebenso schön und abwechslungsreich werde!

Dorothea Peukert

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