Kronberg (pu) – Nach den Worten von Brigitta Hermann, der federführenden Organisatorin der „Texte und Töne zur Teezeit“, bereitete die Vorbereitung der vorletzten Veranstaltung dieser Reihe in dieser Burgzeit-Saison doch einiges an Kopfzerbrechen. Fortfahrend mit der Tradition, einen Nachmittag dem aktuellen Gastland der Frankfurter Buchmesse zu widmen, lautete dieses Mal das Thema „Flandern und Niederlande“, das über Jahrhunderte hinweg als Teil des spanischen Königreiches die Geschichte prägte. Der naheliegende Gedanke, die Epoche zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert wegen der musikalischen Bedeutung der sogenannten „Niederländischen Schule“ zu wählen, sei rasch wieder verworfen worden, denn so reizvoll die Vorstellung auch gewesen sei, die Veranstaltung mit Musik aus der Renaissance zu bestreiten, so schwer habe man sich mit passender Literatur getan. Die Idee, aktuelle Literatur zu nehmen, bezeichnete sie als „auch schön“, aber schon habe sich die Frage aufgedrängt: „Welche Musik?“ Nach weiterer Recherche landete man Hermann zufolge beim 18. Jahrhundert und dem englischen Musikhistoriker und Organist Charles Burney (1725 bis 1814), der in den Jahren 1770 und 1772 Europa bereiste und seine Erlebnisse im „Tagebuch einer musikalischen Reise“ für die Nachwelt festhielt. Er war wie geschaffen für das „Flandrische Reisepanorama“, das, so Hermann, quasi eine Uraufführung feierte.
Gespannt lauschten die zahlreichen Besucher der Teezeit im Wappensaal der Burg der deutsch-ägyptischen Sopranistin und Rezitatorin Ingrid El Sigai und dem Pianisten Klemens Althapp, der unter anderem Werke von Mozart, Niermann, Sweelinck, Bach, Röntgen, Poulenc, Chopin, Lustig und Ravel ausgewählt hatte, um die jeweiligen Berichte zu den einzelnen Stationen musikalisch zu untermalen. Burney zielte seinerzeit darauf, die Musik verschiedener europäischer Länder kennenzulernen und eine grundlegende Geschichte der Musik zu verfassen. So berichtete er unter anderem sehr detailliert von persönlichen Begegnungen mit vielen bedeutenden Musikern seiner Zeit, beschrieb bildhaft Sitten und Gebräuche, besondere Bauwerke und Musikinstrumente, legte dabei den Fokus selbstredend besonders auf die jeweilige Orgel, dem Instrument, mit dem er selbst überwiegend seinen Lebensunterhalt bestritt.
Die ihm am Herzen liegende Suche nach der Entstehung des Kontrapunkts (wichtigste Kompositionstechnik der Renaissance und des Barock) gestaltete sich schwierig, teils, weil in Bibliotheken entsprechende Unterlagen nicht aufzufinden waren oder in Leuven „die Bibliothek in so großer Unordnung war, dass ich nichts finden würde“, teils wegen falscher Behauptungen. Beispielsweise wurde seine Hoffnung durch einen französischen Abt entscheidend weiterzukommen, im Nu wieder zerstört. Zwar versicherte ihm der „Monsieur“, der Kontrapunkt sei in Frankreich erfunden, Beweise dafür blieb er allerdings schuldig. Kein Blatt vor den Mund nahm Burney in der Schilderung einiger musikalischer Beiträge, sprach etwa in Brüssel von „theatralischer Musik“ und „armseligem Gesang“, das „kein anderes Ohr als das französische ausstehen kann“. Dort begegnete ihn auch eine Harfenistin, was ihn zu der Bemerkung verleitete: „Die Harfe ist für Frauenzimmer ein sehr angenehmes und schickliches Instrument“. Glockenspiele faszinierten in während seiner Reise ebenfalls, vor allem Amsterdam hatte es ihm deshalb angetan, „das wahre Land der Glockenspiele“.
Den beiden Künstlern gelang es vortrefflich, dem Publikum das 18. Jahrhundert in Wort und Ton stimmungsvoll näher zu bringen, mal heiter, mal feierlich, mal eher getragen.
Die letzte diesjährige Veranstaltung „Texte und Töne zur Teezeit“ ist für Sonntag, 18. September auf der Burg terminiert.