Preisträger des Mendelssohn Wettbewerbs begeistern ihr Publikum

Felix Hörter bewies beim Preisträgerkonzert im Altkönig-Stift, dass Beethovens lange als für unspielbar erklärte „Kreutzersonate“ wunderschön und durchaus zu spielen ist.

Foto: Wittkopf

Kronberg (pf) – Sie sind noch Kinder, aber musikalisch können sie vielen Erwachsenen schon etwas vormachen. Genauer gesagt: vorspielen. Beim ersten der drei Preisträgerkonzerte des 15. Mendelssohn-Wettbewerbs für junge Streicher und Pianisten in der KulturRegion FrankfurtRheinMain am Sonntagnachmittag im Festsaal des Altkönig-Stifts erlebte das Publikum ein Konzert mit beeindruckenden, hervorragenden und ganz erstaunlichen Leistungen.

208 Kinder und Jugendliche, die Klavier oder ein Streichinstrument spielen, hatten sich in diesem Jahr für den Wettbewerb angemeldet und an zwei Wochenenden im Mai den Juroren vorgespielt: Am 3. und 4. Mai die Streicher, am 17. und 18. Mai die Pianisten. Wie schon im vergangenen Jahr war das Altkönig-Stift Austragungsort des Wettbewerbs, wofür sich Nils P. Graf Lambsdorff, der Vorsitzende des Vereins „Mendelssohn-Wettbewerb für junge Musiker“ mit herzlichen Worten bedankte. „Dem Altkönig-Stift und dem Organisationsteam gebührt ein absoluter Spitzenplatz“, lobte er. Zu Beginn des Konzerts hatte Stiftsdirektorin Thekla Thiede-Werner alle Gäste begrüßt und Graf Lambsdorff für seinen Verein eine Spende für die Förderung des musikalischen Nachwuchses überreicht.

Auch Bürgermeister Klaus Temmen zeigte sich beeindruckt und bekannte, dass ihn die jungen Musiker und ihre Darbietungen zutiefst anrühren. Gern und mit Stolz habe er die Schirmherrschaft für das erste Preisträgerkonzert übernommen, sagte er. Dass das Altkönig-Stift wieder seine Räume für den Wettbewerb zur Verfügung stellte, sei ein Beweis für die enge Verbundenheit zwischen Stadt und Altkönig-Stift, unterstreiche den Rang des Stifts als Kulturstätte und sei ein weiterer Baustein für die Kulturstadt Kronberg. Temmen nutzte aber auch die Gelegenheit, sich bei seinen Wählerinnen und Wählern zu bedanken, die ihm am vergangenen Sonntag ihre Stimme gaben. 77,7 Prozent aller Wähler in ganz Kronberg hätten für ihn gestimmt, sagte er, im Altkönig-Stift aber habe er mit 87 Prozent das beste Ergebnis erzielt.

Die sechsjährige Elaine Wu hatte das Konzert mit dem Klavierstück „Just strutting along“ von Martha Mier eröffnet. Aber sie war nur die zweitjüngste Pianistin. Katja Pevzner, die erst im März fünf Jahr alt geworden ist und souverän „Kleines Lied“ von Dmitri Kabalewski vorspielte, war die jüngste. Die beiden kleinen Mädchen brauchten vor der Klavierbank, auf der sie Platz nahmen, noch einen Hocker für ihre Füße, denn die Pedale des Flügels können sie bei Weitem noch nicht erreichen. Und die letzten hohen Tönen ihres Stücks schlug Katja, die dafür eigens vom Hocker steigen musste, im Stehen an. Die jüngste Geigerin des Konzerts war Clara Schönwälder, Jahrgang 2007, die bei „The Boat to Inverie“ von Edward Huws Jones am Klavier von ihrem Großvater begleitet wurde.

Gleich zwei Geschwisterpaare traten als Geigen-Duo beim diesjährigen Preisträgerkonzert auf. Lennard und Justus Graf, neun und elf Jahre alt, spielten die „Ruthenische Kolomejka“ von Béla Bartok, Eva Maria und Elisabeth Winter, elf und vierzehn Jahre alt, Gavotte und Presto aus der Sonate e-Moll von Jean-Marie Leclaire l‘Àiné. Justus Graf durfte noch ein zweites Mal auftreten, dieses Mal als Solist mit einem Satz aus dem Violinkonzert C-Dur von Joseph Haydn.

Aber es gab weitere Geschwister unter den Solisten. Auch Katjas Bruder Mark Pevzner, Jahrgang 2004, spielt Klavier und nahm in diesem Jahr schon zum vierten Mal am Mendelssohn Wettbewerb teil. Er spielte das Venezianische Gondellied op. 19 Nr. 6 von Felix Mendelssohn Bartholdy. Einzige Cellistin des Preisträgerkonzerts war die zwölfjährige Klara Flohr, die sehr eindrucksvoll das Prelude aus der Suite Nr. 1 G-Dur für Violoncello solo von Johann Sebastian Bach interpretierte.

Anna Rizzi, elf Jahre alt und Preisträgerin im Fach Klavier, spielte das Stück „Wettlauf der Indianerponys“ von David Carr Glover. Als Benjamin Brainman, Leiter der Musikschule Schwalbach und des Wettbewerbbüros, der als Moderator durch das Konzert führte, sie nach ihrem Vortrag fragte: „Warst du nervös?“ lautete ihre ebenso kurze wie bezeichnende Antwort: „Warum?“

Von Lampenfieber war auch bei den beiden letzten Interpreten des Konzerts nichts zu spüren. Im Gegenteil: Man merkte ihnen bei jedem Ton die Freude und Begeisterung am Musizieren an. Es machte ihnen ganz offensichtlich Spaß, ihr Können zu zeigen. Und das war wirklich beeindruckend. Die Pianistin Aneta Kolar, vierzehn Jahre alt, spielte ebenso virtuos wie souverän die C-Dur Sonate von Joseph Haydn und der ein Jahr ältere Geiger Felix Hörter bewies, dass Ludwig van Beethovens „Kreutzersonate“, die zu Lebzeiten des Komponisten ihrer großen Schwierigkeiten wegen noch als unspielbar galt, nicht nur schön, sondern durchaus zu bewältigen ist.

Für Aneta war das Konzert quasi die Generalprobe für den Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“, bei dem sie am Samstag im Kammermusiksaal der Landesmusikakademie Niedersachsen in Wolfenbüttel spielen wird. Und der Preis für Felix: Er darf die wertvolle Violine des Geigenbauers Johann Adam Martin IV aus Markneukirchen im Vogtland, die im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts gebaut wurde, für ein weiteres Jahr behalten. Sie ist die Leihgabe einer Oberurselerin, die anonym bleiben möchte. Beim Mendelssohn Wettbewerb vor zwei Jahren hatte Felix noch auf seiner eigenen Geige gespielt und knapp einen ersten Preis verpasst, berichtete Graf Lambsdorff. Damals habe es in der Jury eine hitzige Diskussion gegeben. Er habe Talent, aber das falsche Instrument, meinten die Fachleute. Und lagen mit dieser Einschätzung offensichtlich richtig, denn mit dem neuen Instrument erspielte sich Felix nicht nur einen ersten Preis. Er überzeugte auch das Publikum im Altkönig-Stift von seinem Talent, das sich mit begeistertem Applaus für sein Spiel bedankte.



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