Kronberg (mg) – Nicht jede und jeder ist damit vertraut, den Amtsschimmel zu satteln und anschließend damit zum Ziel zu reiten. Dieser hat gewiss seine Berechtigung, verwaltungstechnische Strukturen sind mehr als notwendig, um ein Gemeinwesen nachhaltig zu organisieren. An der einen oder anderen Stelle fragt sich der aufmerksame Beobachter gleichzeitig, welche Faktoren und Kriterien nun für Entscheidungen der öffentlichen Hand ausschlaggebend waren oder sind. Unterregulierung, Überregulierung, maßvolles Betrachten sind ohne Zweifel Schlagworte, aber ähnlich wie beim Klischee ist auch in all diesen Begrifflichkeiten zumindest ein Fünkchen Wahrheit enthalten.
Innenstadtgestaltung
Die Kronberger Altstadt ist ein Schmuckstück, fraglos eines der attraktiven Aushängeschilder der Kommune am Taunushang. Dies ist sie wegen der zahlreichen gepflegten und gut erhaltenen historischen Gebäude, Fachwerkhäuser, Kirchen und vielem mehr. Über all dem thront eines der Wahrzeichen der Stadt: die Burg Kronberg. Ebenso tragen die Galerien, Geschäfte, Boutiquen und selbstverständlich die Gastronomiebetriebe zum ansprechenden Moment bei. Damit all dem das zwangsläufig notwendige Leben eingehaucht wird, braucht es Spaziergänger, Kunden, Kunstinteressierte und gleichsam Gäste. Hier möchte man flanieren, verweilen, sich mit Freunden treffen und dann gegebenenfalls auch etwas essen und trinken.
Früher Bäckereibetrieb, dann Boutique
Unweit der Kirche St. Johann liegt die „Schirn“, deren Name sich vom mittelalterlichen ‚Scharn‘ oder ‚Scharren‘ für Brot- und Fleisch-Verkaufsstände ableitet. Seit Mitte des 14. Jahrhunderts war sie das Kommunikationszentrum der Bevölkerung im Altstadtkern. Direkt an diesem gesellschaftlichen Schwerpunkt des Miteinanders und bunten Treibens der Altstadt, zu dem seit über zwei Jahrhunderten auch eine „Wirtschaft“ gehört, war in der Friedrich-Ebert-Straße 21 bis vor kurzem ein kleiner und feiner Bistrobetrieb geschäftig zugange, um das zuvorgenannte Angebot an Gastronomie in einer lebendigen Kronberger Altstadt als ein Mosaikstein zu ergänzen und weiterhin zu gewährleisten – das Deli Fiona. Aktuell ist der Betrieb im Erdgeschoss des Gebäudes qua Verwaltungsakt geschlossen, die Betriebserlaubnis steht seitens der zuständigen Behörde des Hochtaunuskreises in Frage. Die kreativen Betreiber des Deli Fiona helfen sich mit Unterstützung für den Moment mit einer „Pop Up“-Kaffeebar vor dem ursprünglichen Betrieb aus, um zumindest ein wenig Umsatz zu generieren, denn schließlich handelt es sich an dieser Stelle auch um Arbeitsplätze und damit Existenzen.
Existenz
Seit dem 1. Mai des Jahres 2023 nahmen Ewald Scheidt und Ajet Rexhepi den Betrieb auf. Die Rollen waren klar verteilt. Rexhepi und sein Ehefrau waren aufgrund ihrer langjährigen Gastronomieerfahrungen in Kronberg an anderer Stelle für das Tagesgeschäft zuständig, Scheidt kümmerte sich um das Kaufmännische. Das Konzept war ein puristisches, gleichzeitig leckeres Angebot von Getränken, kleiner kalter Speisen und preisgünstiger italienischer Backwaren. Dazu kam dann noch ein Angebot an Pinsa; dabei handelt es sich um ein gebackenes Brot, das nach dem Backprozess noch belegt wird. Das Kleinod erfreute sich rasch großen Zuspruchs und wurde als Teil des gesamten Altstadtbetriebs umgehend akzeptiert und bei vielen in der Bevölkerung auch ins Herz geschlossen.
Historie und Betriebserlaubnis
Bis zum Jahr 1970 wurde über Dekaden hinweg in den Räumlichkeiten des Deli Fiona ein Bäckereibetrieb beherbergt. Zunächst war es die Bäckerei Kilb, im Anschluss daran die Bäckerei Hieronymi. Dort wurden Brot und anderes selbst gebacken, mit den dazugehörigen Emissionen und der jeweiligen Betriebserlaubnis. Danach fand dort für lange Zeit ein Modegeschäft seinen Platz, daraufhin für ein paar Jahre ein Maklerbetrieb. Durch das Modegeschäft und den Maklerbetrieb verwaiste der Platz um den historischen Brunnen, der Betrieb des Deli Fiona schaffte rasch Abhilfe und der Ort wurde zu dem, was er in der Geschichte, wie beschrieben, bereits lange war: ein lebendiger Treffpunkt für Menschen, die miteinander ins Gespräch kommen und sich austauschen.
Eröffnung und Entwicklung
Die Eröffnung des Delis wurde bei allen zuständigen Behörden durch Ewald Scheidt und den Eigentümer respektive Vermieter angekündigt und gemeldet, auch dem Landratsamt des Hochtaunuskreises (HTK). Es folgte nach Angaben Scheidts ein mündliches „Okay“ auf Grundlage der vormaligen Nutzung als Bäckerei und eine Begehung durch Mitarbeiter des Veterinäramts des HTK, das unter anderem für die Überwachung von Lebensmittelbetrieben und Gaststätten zuständig ist. Über die Dauer des Betriebs fand in den Augen der Betreiber Rexhepi und Scheidt ein kontinuierlicher und bei auftauchenden Problematiken zielführender und kooperativer Austausch mit der zuständigen Behörde des HTK und dem Ordnungsamt der Stadt Kronberg statt. In unmittelbarer Nähe, keine zehn Meter entfernt, existiert bereits seit langer Zeit ein Gastronomiebetrieb mit Außenbereich. Am 10. April diesen Jahres fand eine weitere, im Turnus ablaufende Begehung durch die zuständige Behörde, dem Gesundheitsamt des HTK, statt. Dieses Mal waren gleichzeitig Mitarbeiter der kreiseigenen Bauaufsicht angereist, die auf Beschwerden in der Nachbarschaft wegen Geruchs-und Lärmbelästigung reagierten. Resultat dieses Besuchs war die sofortige Schließung. Im Schwerpunkt der Argumentation der Bauaufsichtsbehörde liegt die Schließung an der vermeintlich anderen Nutzung als der genehmigten. Die kritischen Punkte wurden seitens der Betreiber kooperativ behoben. Mit den Nachbarn, deren Beschwerden zum Erscheinen der Bauaufsichtsbehörde führte, hatte man sich bereits zuvor am 23. April an einem runden Tisch gemeinschaftlich geeinigt und die Themen zugewandt gelöst.
Zukunft
Viele Kronbergerinnen und Kronberger unterstützen nun die Betreiber des Deli Fiona auf unterschiedliche Art und Weise und im bestmöglichen Sinn. Auch die Stadt Kronberg ermöglichte den Betrieb der mobilen Kaffeebar als Marktwagen für den Moment. Einer weiteren Nutzung des Deli Fiona stünde vermutlich nichts im Wege, so Ewald Scheidt, gleichwohl erfolgte zum 15. Mai die Nutzungsuntersagung seitens der zuständigen Mitarbeiterschaft des Hochtaunuskreises. Das Fortbestehen des Betriebs ist ungewiss, ein Antrag auf Nutzungsänderung wurde seitens der Betreiber eingereicht. Gleichzeitig besitzen diese nach eigenen Angaben nicht genug Erspartes, um in Aussicht stehende vier Monate Verwaltungsprozess bis zu einer ohnehin nur potenziellen Genehmigung zu überbrücken.