Burgverein freut sich über historische Postkarten aus dem Hause Neubronner

„Kronberg 1-4“ hinten, v.l.n.r: Inge Freise, Esther Taylan (Tochter von Charlotte Cahn), Hans-Christoph Kaetzke, Dr. Michael Bauer, Herbert Becker. Vorne sitzend: Juliane Tippmann (links, mit Sonnenbrille), Charlotte Cahn (geb. Neubronner), rechts
Fotos/Recpros: suca

Kronberg (suca) – Der Burgverein ist jetzt um einige historische Schätzchen reicher. Charlotte Cahn, Tochter des Fotografen Adolf Neubronner, übergab den Vereinsmitgliedern mehrere Kisten historischer Postkarten. Sie sollen beim Herbstfrüchtefest des Vereins am 23. und 24. Oktober der Öffentlichkeit präsentiert werden. Eines der beliebtesten Fotomotive war für Adolf Neubronner (1899-1977) der Blick vom Tal zur Burg. „Doppes“, Victoriapark, Aufnahmen der Burg, aber auch Schlosshotel sowie der Blick von Mammolshain in frühlingshafte Landschaft waren weitere Motive, die er mit seiner Kamera festhielt. Doch war Neubronner nicht nur Fotograf. Der Sohn des Hofapothekers Julius Neubronner, Pionier der Brieftaubenfotografie, war ebenfalls Erfinder und entwickelte zwischen 1935 und 1937 eine vollautomatische Postkarten-Kopiermaschine samt Entwicklungs- und Fixiermaschine.

Gebaut wurde sie 1942/43 für rund 2.200 Mark, wie aus dem Nachlass hervorgeht. Mehrere Firmen wie Kunz, Bettenbühl, Henrich, Flesch sowie Wissmann waren beteiligt. Beratend standen unter anderen Victor und Fritz von Alten sowie Rudolf Wucherer zur Seite. Neubronner erwog auch eine Patentanmeldung – ein entsprechendes Schreiben von 1944 findet sich in seinen Unterlagen. Allerdings schickte er es offenbar nicht ab, wie Recherchen beim Patentamt ergaben.

„Die Karten wurden mit einem Staubsaugermotor angesaugt“, erzählt Charlotte Cahn. Der Sauger hob die Papiere einzeln ab, setzte sie zur Belichtung auf einen Kasten mit Glasnegativ auf und hob sie von dort wiederum ab, um sie ins Fixier- und dann ins Wasserbad zu befördern. Zum Trocknen wurden sie zwischen gewölbte Bretter gelegt und mit gewichtigen Eisenstücken beschwert. Frühe Schwarz-Weiß-Abzüge ziert nicht selten ein dekorativer Büttenrand sowie Motiv-Aufschriften. Später fertigte Neubronner auch farbige Postkarten.

Die Maschine hieß in der Familie „das meschuggene Fahrrad“, verrät Neffe Ernst Julius Neubronner. „Die Besonderheit war, dass es echte Fotos waren, keine Drucke wie heute üblich“, betont er. „Vor Einführung der Digitaltechnik war die Herstellung von Fotoabzügen sehr arbeitsintensiv“, schildert er. Das Fotopapier sei zunächst in der Dunkelkammer mit einem Negativ belichtet, anschließend in ein Fixierbad und danach in ein Wasserbad getaucht worden. Es folgten Trocknung und Zuschnitt. „Drei dieser vier Arbeitsgänge erledigte mein Onkel mit seiner selbst konstruierten und von Kronberger Handwerkern gebauten Maschine mit Elektromotor.“

Wie Adolf Neubronner in den Konstruktionsunterlagen notierte, schaffte die Maschine rund 350 Abzüge pro Stunde. Die Entwicklungszeit betrug etwas über zwei Minuten. Und: Beide Maschinen – Postkarten- sowie Entwicklungs- und Fixiermaschine – seien „ohne jede Umständlichkeit“ unabhängig voneinander zu nutzen, so der Erfinder.

Die Postkarten, die seinerzeit im Atelier in der Streitkirche gefertigt wurden, fanden damals zahlreiche Abnehmer. Der Verkauf in Kiosken, Buchläden und im eigenen Fotogeschäft lief dabei nicht nur zu üblichen Geschäftszeiten, wie sich Ernst Julius Neubronner erinnert: „Wenn die Frankfurter am Wochenende mit der Bahn nach Kronberg kamen, haben sie auch sonntags geklingelt.“ Und Neubronner-Enkel Michael Cahn ergänzt: „Postkarten, das war eben damals so etwas wie heute Instagram.“

Einen kleineren Teil der Postkarten hatte Charlotte Cahn schon vor Jahren für den Verkauf auf der Burg zur Verfügung gestellt. Bei einem Treffen mit Vereinsmitgliedern und Dr. Michael Bauer vom Kronberger Geschichtsverein stiftete die 94-Jährige jetzt den Restbestand. Inge Freise vom Leitungsteam Arbeitskreis Museum, Hans-Christoph Kaetzke sowie „Burggeist“ Herbert Becker nahmen die Karten freudig entgegen. Dafür gebe es wohl keinen besseren Ort als die Burg, waren sie sich einig. Mit von der Partie war auch Juliane Tippmann, die die Familie Neubronner als frühere Nachbarin aus dem „Grünen Wald“ gut kannte. Im Gegenzug erhielt Charlotte Cahn einen Gutschein für freien Eintritt auf der Burg. Als echte Kronbergerin freut sie ganz besonders, dass davon auch ihre vier Kinder, sechs Enkel und drei Urenkel profitieren dürfen.

„Maschine“: Postkartenmaschine mit Kronberger Handwerker (Name unbekannt)

Adolf Neubronner

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