DRK hat in Windeseile Betten vorbereitet 500 Flüchtlinge aus der Ukraine sind bereits eingetroffen

Rotkreuzbeauftragter Uwe Riehl bespricht mit den bei der Einrichtung der Notunterkunft beteiligten ehrenamtlichen Helfern aus mehreren DRK-Ortsvereinigungen die Lage und bedankt sich für die bereits geleistete Arbeit. Foto: DRK

Kronberg (mw/kb) – Kaum waren die Betten von den knapp 30 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern aus den Ortsvereinigungen des DRK-Kreisverbandes Hochtaunus und des Katastrophenschutzes gemeinsam mit den Feuerwehren des Hochtaunuskreises, die den Transport der Betten übernommen hatten, in einer Ad-hoc-Aktion als Basis für die Aufnahme von etwa 1.000 Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine aufgestellt, kamen die ersten Gäste auch schon an. Innerhalb von zwei Tagen hatten die Helferinnen und Helfer in den für die Aufnahme von etwa 1.000 Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine vorgesehenen Sporthallen in Kronberg und Neu-Anspach als zugewiesene Außenstellen der Erstaufnahmeeinrichtung (EAEH) Gießen eine Infrastruktur geschaffen. Am Samstag, 12. März, 15 Uhr erreichte der erste Bus mit Flüchtlingen aus der Ukraine die Stadt Kronberg. Bis in den Abend waren bereits weitere Reisebusse eingetroffen, die Flüchtlinge nach Kronberg brachten. In der Großsporthalle der Kronberger Altkönigschule sind inzwischen 500 Ukrainerinnen und Ukrainer beherbergt. Weitere knapp 300 Feldbetten wurden in der Zweifeld-Sporthalle der Neu-Anspacher Grundschule „Am Hasenberg“ für die Kriegsflüchtlinge aufgebaut. Sie stammen aus dem 2.000 Betten umfassenden Kontingent, das das Land Hessen dem Hochtaunuskreis bereits zu Beginn der Flüchtlingskrise 2015 zur Verfügung gestellt hat, ebenso entsprechend viele Decken. Im Schulterschluss mit den Feuerwehren im Hochtaunuskreis wurden die im DRK-Katastrophenschutzlager in Köppern bevorrateten Klappliegen am Donnerstagmorgen nach Kronberg und Neu-Anspach gebracht und aufgebaut. „Die Zusammenarbeit mit den Feuerwehren, den Stadtverwaltungen von Kronberg und Neu-Anspach sowie Christoph Marx und Gerhard Bruder vom Brandschutzamt des Hochtaunuskreises hat hervorragend funktioniert, das ging alles Hand in Hand“, dankte Kreisbereitschaftsleiter Mark Henning Freitag am späten Nachmittag den Helfern, nachdem die Ausstattung der Erstaufnahmelager mit allem Nötigen – darunter auch Hunderte Hygiene- und Windelpakete – weit vor dem Zeitlimit, Samstag, 14 Uhr zu 95 Prozent abgeschlossen war. Noch im Zulauf war etwa die Versorgung der Hallen mit WLAN und mit genügend Steckdosen zum Aufladen der Mobiltelefone. „Für diese Menschen bedeuten Handys keinen Luxus, sie sind ihre einzige Verbindung in die Heimat und zu ihren Ehemännern, die zur Landesverteidigung zurückgeblieben sind“, sagte Riehl.

Bei der Ausstattung der Notunterkünfte musste das Rad nicht neu erfunden werden, „wir konnten und können auf unsere in der Flüchtlingskrise 2015/2016 gemachte Erfahrung und ein logistisches Grundgerüst zurückgreifen, nur deshalb hat alles ja so reibungslos geklappt – viele Hände, schnelles Ende, noch nie war das so wichtig wie eben“, so Riehl, der den Kollegen bei seinem Besuch bei Schichtende ausdrücklich für ihren raschen Einsatz dankte.

Der Einsatz des DRK-Katastrophenschutzzuges ist zunächst auf 14 Tage beschränkt, bis dahin wird der Hochtaunuskreis einen professionellen Betreiber für die beiden auch weiterhin als kurzfristige Durchgangsstation und Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen genutzten Hallen suchen.

„Die Stadt Kronberg hat den Kreis und das DRK heute bei der Aufnahme der Flüchtlinge mit allen Kräften unterstützt, die so kurzfristig zur Verfügung standen“, stellte Kronbergs Bürgermeister Christoph König am Samstag vor Ort fest.

Am Freitag hatte sich ein eigens eingerichteter städtischer Stab aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung und Hilfsorganisationen sowie ehrenamtlicher Helfer in der Stadthalle zur Besprechung getroffen, noch ohne zu wissen, dass bereits am Samstag Hilfesuchende eintreffen würden. Als nun am Samstag die ersten Flüchtlinge ankamen, wurden ad hoc alle möglichen Hebel in Bewegung gesetzt: Die Freiwillige Feuerwehr der Stadt, die aufgrund ihrer Tätigkeit im Bereich des Katastrophenschutzes vor Ort war, koordinierte weitere Unterstützungsleistungen. Spielzeug für Kinder wurde eilig beschafft, Boxen für mitgebrachte Haustiere zur Unterkunft transportiert.

Die Stadtwerke Kronberg unter Führung des Betriebsleiters Jakob Schäfer waren ebenfalls im Einsatz. Es wurden Flächen freigeschnitten, um Platz für Container zu schaffen, die notwendig werden, um weitere Toiletten und Duschen einzurichten. Ferner wurde ein kleiner Spielplatz mit Sandkisten für die Kinder direkt an der Unterkunft angelegt.

Kronbergs ehrenamtlicher Integrationsstadtrat Hans-Willi Schmidt unterstützte bei der Koordinierung. Viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer aus Kronberg hatten sich als Dolmetscher angeboten und unterstützen den Kreis und das DRK bei der Aufnahme der Flüchtlinge. Weil es an Hausschuhen fehlte, wurde kurzerhand das Schloßhotel Kronberg um Unterstützung angefragt. Hotel-Direktor Dominik Ritz handelte sofort und kam persönlich vorbei, um die benötigten Schuhe zu bringen. „Auch andere Kronberger Unternehmen haben bereits ihre Hilfe angeboten und unterstützen“, so die Information seitens der Stadt. Bürgermeister König betont: „Alle Menschen, die aus der Ukraine bei uns ankommen, brauchen unsere Unterstützung. Es gibt zahlreiche Initiativen, in denen sich Kronbergerinnen und Kronberg engagieren. Auch verschiedene Kronberger Unternehmen leisten wertvolle Hilfe. Ihnen allen vielen Dank!“ Man wolle die ehrenamtliche Hilfe für die Flüchtlinge gemeinsam mit dem Kreis koordinieren, hierbei sollen auch die Planungen weiterer Angebote für die Flüchtlinge außerhalb der Unterkunft besprochen werden. Bürgermeister König will die Kronbergerinnen und Kronberger im Rahmen einer Bürgerversammlung über die Situation unterrichten und weitere mögliche Hilfeleistungen für die Flüchtlinge konkretisieren. Schon jetzt werde deutlich, dass Menschen mit ukrainischen oder russischen Sprachkenntnissen weiterhelfen können. Personen mit diesen Sprachkenntnissen melden sich bitte bei der Stadt unter kronberghilft[at]kronberg[dot]de oder unter 06173-703-1077.

Auf der städtischen Internetseite www.kronberg.de sind alle wichtigen Informationen zusammengestellt. Hierzu gibt es auch Merkblätter (https://www.kronberg.de/de/politik-verwaltung/aktuelles/kronberg-hilft/).

In der AKS-Turnhalle werden zur Betreuung der Kriegsflüchtlinge tagsüber fünf DRK-Kräfte eingesetzt sein, nachts zwei bis drei. Notfallmedizinisch ausgebildetes Personal ist ständig vor Ort. Für kleinere Verletzungen und einfache gesundheitliche Probleme steht eine kleine Krankenstation zur Verfügung. „Wir stellen uns aber auch auf sehr viele schwer traumatisierte Menschen ein, das ist eine ganz andere Ausgangssituation als in der Flüchtlingskrise 2015/2016. Sollte es erforderlich sein, steht das Team unserer psychosozialen Notfallversorgung ständig in Rufbereitschaft und auch die Kolleginnen und Kollegen vom Kriseninterventionsteam sind auf den jederzeitigen Einsatz vorbereitet“, erklärt Riehl. Das gelte aber auch für die ehrenamtlichen Hilfskräfte, für die der Einsatz mit Sicherheit sehr emotional und mental belastend wird. „Wenn Ihr selbst Hilfe braucht, meldet euch sofort, wir sind auch für euch da. Zum Glück haben wir in den Teams aber auch sehr erfahrene Krisenhelfer, die den weniger erfahrenen gerne Hilfestellung beim Bewältigen der bestimmt nicht immer einfachen Situation geben können.“

Große Welle der Hilfsbereitschaft

Die große Welle der Hilfsbereitschaft reißt auch in Kronberg nicht ab. Im Gegenteil: Immer mehr Menschen suchen einen Weg, dem grausamen Krieg gegen die Ukraine etwas entgegenzusetzen, sie wollen etwas tun, um das zunehmende Leid der Ukrainer zu lindern. Eine der spontan organisierten, zahlreichen Spendenaktionen in der Stadt fand in direkter Nachbarschaft zu den ukrainischen Gästen in der AKS-Turnhalle statt. Die Schülervertretung der AKS-Schule hatte eine „Taschengeldaktion“ für Menschen aus der Ukraine durchgeführt. Schulsprecher Omer Suljkovic, seine Stellvertreterin Pauline Kunz und sein Stellvertreter Max Sinn sind beeindruckt von dem Ergebnis: Über 4.600 Euro konnten sie von den Schülerinnen und Schülern einsammeln. Schulleiter Martin Peppler freute sich ebenfalls über die großartige Summe und betonte bei der Übergabe ans DRK am Montag, dass es sich wirklich nur um ein kleines Taschengeld handelte. Auch die 1.450 Schülerinnen und Schüler sollten das Gefühl haben, selbst etwas tun zu können. Feierlich wurde der Spendenwürfel in der Pause der gesamten Schülerschaft gezeigt, bevor er an einen ebenso begeisterten Joachim Kebbekus vom DRK übergeben werden konnte. Nach Schulschluss folgte ein interkulturelles Friedensgebet und, wie der Schulleiter informierte, die Schüler beschäftigen sich auch innerhalb vorgegebener Fächer mit dem Krieg in Europa, der mit den Flüchtlingen direkt vor ihrer Haustür angekommen ist und sie betroffen macht. Dass sie an der AKS nun plötzlich keine Turnhalle zur Verfügung haben, nachdem diese als Erstaufnahmeeinrichtung umfunktioniert wurde, bringe zwar einen immensen organisatorischen Mehraufwand, sei aber auch Chance für die Schulgemeinde, findet Peppler. „Wir müssen zwar etwas zusammenrücken, aber wir können davon lernen und profitieren.“ Dem Gefühl der Ohnmacht folge nun das Gefühl, helfen zu können.

Die nächste Zeit wird der AKS-Sportunterricht weitestgehend auf dem Sportplatz stattfinden, aber auch Aula und Schulaußengelände werden für die Bewegung miteinbezogen. „Für die Oberstufe steht die Halle des Taunusgymnasiums zur Verfügung“, erläutert Peppler. „Für den Sportunterricht der Mittelstufe fragen wir aktuell die Sportlehrer ab, um gegebenenfalls über den Kreis weitere Hallenmöglichkeiten in Anspruch nehmen zu können. Die SGO stellt uns dankenswerterweise die Umkleidekabinen des Vereinsheims zur Verfügung.“ Tatkräftig hätten Schülerinnen und Schüler mit Experten vom MTV zusammen angepackt, um den fest aufgebauten Turnbereich abzubauen. Außerdem wurden Geräte in einen extra gelieferten Container auf das Außengelände umgelagert. Am Rand des Schulhofs sind vom Kreis bereits Zäune gestellt, um weitere Bedarfe für die Flüchtlinge im Außenbereich decken zu können. „Grundsätzlich ist das Gelände der Sporthallen ohnehin vom Schulaußenbereich getrennt“, betont Peppler hinsichtlich möglicher Sicherheitsbedenken. Bis jetzt sei die Abstimmung mit dem Kreis weitgehend reibungslos verlaufen, so der Schulleiter. Ihm ist wichtig, hier über die Abläufe und Veränderungen direkt im Bilde zu sein, um die Elternschaft und Schulgemeinde zeitnah und vollumfänglich informieren zu können. „Natürlich gibt es noch bestimmte organisatorische Abläufe zu klären, beispielsweise in punkto Essensversorgung.“

Doch zunächst ist erst einmal wichtig, dass die Ankömmlinge mit dem Nötigsten versorgt sind und sie nach ihren Strapazen sowie zermürbenden Erlebnissen auf der Flucht ein wenig zur Ruhe kommen können, bevor sie weiterziehen, um in den Landkreisen auf verschiedene Unterkünfte verteilt zu werden. Joachim Kebbekus erzählt, dass bereits ein Gast aus dem Flüchtlingsaufnahmelager von Verwandten abgeholt werden konnte. Da die Ukraine-Flüchtlinge für zunächst 90 Tage offiziellen Flüchtlingsstatus genießen, sind hier zunächst keine weiteren organisatorischen Hürden zu bewältigen.

Wer die Möglichkeit hat, Menschen aufzunehmen, kann sich unter anderem auch an „fabian.arzt[at]schule.hessen[dot]de“ wenden, so Martin Peppler. Der AKS-Lehrer kümmert sich innerhalb der Schulgemeinschaft seit Beginn des Kriegs um zeitweise, private Unterbringungen von Geflüchteten aus der Ukraine. Dabei verfügt er über gute Kontakte zu Menschen in der Ukraine, zu Geflüchteten aus der Ukraine in Deutschland sowie zu anderen Institutionen und Hilfsorganisationen. Somit können Geflüchtete schnell vermittelt werden.

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