„Every cup of tea tells a story“ – Royale Gemütlichkeit und lebendige Geschichte

Kronberg (mg) – Wer kann und möchte davon erzählen, im heimeligen Wohnzimmer einer Kaiserin Tee getrunken zu haben? In Zukunft nun jede und jeder, der einen English Afternoon Tea im Schlosshotel Kronberg respektive in Schloss Friedrichsruh genießt. Die Historie der Zeremonie reicht bis in das Jahr 1840 zurück, in dem eine Hofdame Queen Victorias versuchte, die lange Wartezeit zwischen Mittag- und Abendessen zu überbrücken. Bislang fanden die im Hotel buchbaren Teestunden mit verschiedenen Sandwiches, kleinen Süßigkeiten aus der Patisserie, im Hotel selbst gebackenen „Scones“ frisch aus dem Ofen und fabelhaften Teevariationen in der alten Bibliothek statt.

Die vier Wände, die nun die Gäste beherbergen, gehören zum intimen Wohnzimmer der im Londoner Buckingham Palace geborenen Kaiserin Victoria von Preußen, die aufgrund ihrer Ehe mit Friedrich III. dieses Amt im Jahr 1888 überschaubare 99 Tage innehatte. Davor war sie Prinzessin von Großbritannien und Irland, danach nannte sie sich selbst Kaiserin Friedrich in einer Art liebevoller Reminiszenz an ihren verstorbenen Mann.

Damals schon mit Zentralheizung ausgestattet mutet der Wohnraum tatsächlich bei allem vorhandenen Niveau gehoben schlicht und nicht überladen an. Gemälde ihrer Kinder und ihrer Schwester schmücken unter anderem das Zimmer. Vitrinen, kleine Schränke, ein Kronleuchter in der Mitte der Zimmerdecke und Kamine sind die Schwerpunkte neben den Tischen und Stühlen, die darauf warten, fortan besetzt zu werden.

Als einziges Hotel in Europa besteht hier die Möglichkeit, auf den ursprünglichen Stühlen, die im Original erhalten sind, zu sitzen.

Liberale Gesellschaft

Zu früheren Lebzeiten waren Kaiserin Friedrich und ihr Gatte gute und politisch freigeistige Gastgeber. Unter anderem besuchten ihren Mann und sie Liberale wie Reichstagsvizepräsident Freiherr von Stauffenberg und Bürgerliche wie der Physiker Hermann von Helmholtz, der Pathologe Rudolf Virchow und der Philosoph Eduard Zeller. Victoria engagierte sich später intensiv für bessere Bildungsmöglichkeiten für Mädchen und junge Frauen und arbeitete mit der deutschen Politikerin und Frauenrechtlerin Helene Lange zusammen.

Gleichzeitig tat sie sich wegen ihres britischen Nationalstolzes und ihrer für damalige Verhältnisse progressiven Weltsicht schwer mit der preußischen Gesellschaft. Allen voran Bismarck, der Gründer der deutschen Krankenversicherung mit seinem stark konservativen Wesen, stellte eine große Herausforderung für sie dar.

Umgekehrt galt das allerdings auch. Es weht folglich ein für damalige Verhältnisse sehr freisinniger und weltoffener Wind durch das neue Low Tea Time-Zimmer des Schlosshotels. Selbst als zutiefst überzeugter Demokrat kommt man nicht umhin, die noch existente lebhafte Historie samt Atmosphäre beeindruckend zu finden.

Expertise auf Reisen

Das ausgewählte Kulinarische untermalt das gefühlte britische „Understatement“ und die streichelnde Gemütlichkeit der neuen Räumlichkeit.

Dass die Afternoon Tea-Zeremonie das hohe Niveau im Kronberger Schloss erreicht, liegt auch daran, dass man sich im Vorfeld authentisch vorbereitete. Hoteldirektor Dominik Ritz, Duty Managerin Valentine Lauterbach und Küchendirektor Christoph Hesse starteten eine Reise nach London. Inkognito besuchten die drei Hotelprotagonisten den Afternoon Tea als Gäste im Ritz, Mandarin Oriental und im Harrods.

Man fand dort durchaus Unterschiede in der Vorgehensweise und traf sowohl auf neu interpretierte Zeremonien als auch auf die sehr klassische Variante, folglich eine größere Bandbreite als Inspiration, so Schlosshotel-Direktor Ritz.

Man holte sich Anregungen, entschied, was für das Schlosshotel passend ist und was nicht und gestaltete am Ende des Prozesses das Kronberger Arrangement. Speziell in England gefertigte Etageren werden demnächst die „Sweets and Sandwiches“ präsentieren. Unter anderem werden letztere mit Pastrami, Lachs, Gurke mit Frischkäse oder Cheddar mit Trüffel und Ei angeboten. Elf verschiedene Teesorten stehen zur Auswahl, darunter auch der „Kaiserin Friedrich Rosengarten“. Ein kleine Anmerkung noch: Scones (das kleine, brötchenartiges Gebäck aus Großbritannien) bricht man mit der Hand auseinander, sie werden nicht aufgeschnitten.

Das ehemalige Wohnzimmer der „99 Tage“-Kaiserin Friedrich Fotos: Göllner

v.l.n.r. Duty Managerin Valentine Lauterbach, Küchendirektor Christoph Hesse, Auszubildender Viktor Pahlke, Hoteldirektor Dominik Ritz

Eingedeckte English Afternoon Tea-Tafel

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