Kronberg (pf) – Bereits zum 39. Mal fand in der Stadthalle der Kammermusikworkshop für talentierte junge Streicher im Teenageralter, „Mit Musik – Miteinander“, statt. „Das nennt man Kontinuität“, meinte Raimund Trenkler, Gründer und Vorstandsvorsitzender der Kronberg Academy, als er am Freitagnachmittag die jungen Teilnehmer und das Publikum begrüßte. „Und es ist immer wieder neu.“
Gemeinsam mit Ulrike Crespo und ihrer Crespo Foundation, die das Projekt auch finanziert, hatte er es im Oktober 2002 aus der Taufe gehoben, als „kleine Schwester“ des weltweit einzigartigen Kammermusikworkshops „Chamber Music Connects the World“, bei dem alle zwei Jahre weltbekannte Künstler mit ausgewählten Nachwuchstalenten elf Tage lang in Kronberg Kammermusikwerke in öffentlichen Proben erarbeiten und in Konzerten aufführen.
Die Dozenten, die zweimal im Jahr bei „Mit Musik – Miteinander“ unterrichten, waren alle selbst einmal als „Juniors“ dabei und geben ihre damals gemachten Erfahrungen nun an musikalisch hochbegabte Schülerinnen und Schüler weiter. „Generationenkette“ nannte es Raimund Trenkler. Obwohl Fumika Mohri, Violine, Adrien Boisseau, Viola, und Santiago Canón Valencia, Violoncello, die dieses Mal unterrichteten, nur rund zehn Jahre älter sind als ihre jungen Kolleginnen und Kollegen. Sie sind zwischen 2002 und 2009 geboren und alle bereits Preisträger bei Musikwettbewerben in ihren Heimatländern. Erstmals waren dieses Mal auch junge Teilnehmer aus Spanien, Italien und den Niederlanden dabei.
„Erleben Sie, was Musik und Gemeinschaft bewirken kann, was für eine Kraft Musik sein kann“, forderte Trenkler am Sonntagnachmittag zu Beginn des Abschlusskonzerts das zahlreich erschienene Publikum auf und wünschte allen viel Vergnügen und viel Freude. Sein Wunsch ging in Erfüllung, denn es war wieder einmal ein besonderes Erlebnis zu hören und zu sehen, wie die 13- bis 20-jährigen, musikbegeisterten jungen Talente in den wenigen Tagen bei den öffentlichen Proben zueinander fanden und zusammenwuchsen.
Neben Sätzen aus einem Trio von Ludwig van Beethoven, einem Streichquartett von Claude Debussy, einem Streichquintett von Wolfgang Amadeus Mozart und einem Streichsextett von Johannes Brahms hatte der Cellist Santiago Canón Valencia mit zwei Sätzen aus einem Streichquartett von Anton Arensky das Werk eines eher unbekannten Komponisten ausgewählt. Arensky, der schon mit neun Jahren Lieder und Klavierstücke komponierte, war Schüler von Nikolai Rimski-Korsakow, Freund von Peter Tschaikowsky und später Lehrer von Sergei Rachmaninow und Alexander Skrjabin.
Sein Streichquartett, das er „in Memoriam“, also als Erinnerung an Tschaikowsky komponierte, besteht im langsamen zweiten Satz aus Variationen über eines der „Kinderlieder“ von Tschaikowsky. Dieser Satz ist als alleinstehendes Werk für Streichorchester bekannter geworden als das a-Moll-Streichquartett selbst. Im dritten Satz mit der Bezeichnung „Finale Andante“ greift er Begräbnisgesänge der russisch-orthodoxen Kirche und ein russisches Volkslied auf, das auch Beethoven in einem seiner Rasumowsky-Quartette verarbeitete. Ungewöhnlich an dem Quartett ist zudem, dass es nicht wie üblich für zwei Violinen, eine Viola und ein Violoncello geschrieben ist, sondern für nur eine Violine, dafür aber für zwei Violoncelli. Als Sohn eines Cello spielenden Arztes konnte er die Klangwirkungen dieses Instruments für das Quartett besonders gut einschätzen.
Auch dieses Mal konnte das Publikum beim musikalischen Ausklang wieder erleben, welche erstaunlichen Fortschritte die zehn Teenager in nur zwei Probentagen als Ensemblemusikerinnen und -musiker gemacht hatten. Ihre Erwartungen, die sie zu Beginn des Wochenendes in der Vorstellungsrunde angedeutet hatten, erfüllten sich nicht nur, sie übertrafen sie sogar noch bei weitem, wie sie freudestrahlend und begeistert kurz vor dem Abschlusskonzert berichteten.
Aber auch für die drei Dozenten war es ein fruchtbares Miteinander, konnten sie doch erste Erfahrungen als Lehrer sammeln oder diese vertiefen. Der aus Kolumbien gebürtige Cellist Santiago Canón Valencia, der erst im letzten Jahr sein Studium bei Wolfgang Emanuel Schmidt an der Kronberg Academy beendete und zum ersten Mal als Dozent dabei war, drückte es so aus: „Es war faszinierend, aufregend und ich habe viel beim Unterrichten gelernt.“