Geschichte erlebbar machen: Arbeitskreis Museum schlägt mit „Früher Neuzeit“ schwieriges Kapitel auf

Inge Freise erklärt einer Schülergruppe das Gemälde der berühmten Schlacht zwischen den Cronberger und Eschborner Rittern.

Kronberg (hmz) – Zugegeben – der Geschichtsunterricht leidet unter einem Klischee: langweilig, trocken, verstaubt. Dabei müsste die Vermittlung historischer Ereignisse eigentlich ein Traumjob sein. Kinder hören gerne Geschichten und reisen in ihrer Fantasie überall mit hin. Und was sie dabei empfinden, teilen sie nur zu gerne auch mit. Anstatt dieses vorhandene Potenzial zu nutzen, wird der Geschichtsunterricht in der Schule oftmals zu einer sehr ernsten Angelegenheit: Zahlen, Daten und Fakten werden in einen historischen Kontext gesetzt. Eine aktive Gestaltung des Geschichtsunterrichts ist sicher viel spannender, wenn Inhalte eigenständig bearbeitet werden können und damit der Spaß am Lernen gefördert wird. Inge Freise, die den Arbeitskreis Museum im Burgverein seit 2011 leitet, war Lehrerin und weiß das. Noch bevor die Gruppe „Junge Burg“ vor etwa vier Jahren gegründet wurde, hatte sie bereits entsprechende Konzepte und Angebote für Kinder von vier bis 16 Jahren in petto. In Jana Roth und Annette Schäfer fand sie zwei kreative Köpfe, die wie sie vor Ideen nur so sprudeln. Und was könnte spannender sein, als Geschichte an Originalschauplätzen erzählt zu bekommen? „Wir vermitteln historische Inhalte fachlich fundiert und dennoch schülerorientiert“, erklärt Inge Freise. „Wir übersetzen die Burgrealität in die Kinderwelt, und dabei geht es recht burschikos zu“, ergänzt Annette Schäfer, die die Kindergeburtstage organisiert. Maximal zehn im Jahr, wobei auch die Gruppenstärke begrenzt sei. „Wenn wir die Burg mit Bauklötzen nachbauen und vorher den Bauplatz baureif machen, ist in jedem Fall praktische und wetterfeste Kleidung angeraten. Fein gehe es bei diesem „Landschaftsbau“ nicht zu. „Wir erzählen dabei unsere Geschichte und Anekdoten. Dabei werden wir mit Fragen überhäuft“. Am Ende müsse allerdings alles wieder zurückgebaut werden.

Renner sind die Ritterspiele

Neben den vielen Schul- und Kindergartenführungen über das Burggelände und in der Burg selbst sind es die von Jana Roth entwickelten Spielgeräte, die bei Kindern sehr beliebt sind. „Ein Renner sind bei uns die Taschenlampenführungen für Familien, unsere Mitmachmärchen und natürlich die Ritterspiele“, so Inge Freise. Für Kinder und neugierige Erwachsene hat Jana Roth einen Kronberger Hampelmann und ein Burgmodell der Mittelburg zum Basteln erstellt und herausgegeben. Immer dann, wenn der Burgverein größere Veranstaltungen und Feste plant, ist der Arbeitskreis Museum involviert. Stets auch mit einem großen pädagogischen Anspruch, wobei der Spaßfaktor an erster Stelle steht. Die nächsten Termine stehen auch schon fest: Das Frühlingsfest auf der Burg und in der Stadt ist am 5. und 6. April, das Erdbeerfest schließt sich am 14. und 15. Juni an, danach steht das Herbstfrüchtefest auf dem Programm. Das nächste Mitmachmärchen hat „Schneewittchen“ zum Thema, Termin ist am 10. Mai um 10.45 Uhr. Die „Ritterspiele“ sind für den 13. September von 11 bis 14 Uhr vorgesehen. Auch die Termine für die Taschenlampenführungen stehen schon fest: am 5. April um 18.30 Uhr und am 1. November um 18 Uhr. „Bei all unseren Spielen ist die Burg die Kulisse, bei unseren Führungen halten wir uns an die Realitäten und bei allem haben wir, auch wenn wir nur eine kleine Gruppe sind, Ansprüche an uns. Dazu zählt die Intention, Themen rund um und zur Burg anzupacken und sie aufzuarbeiten. Auch dann, wenn sie sehr herausfordernd sind“, so Inge Freise.

Johann Schweikhard

Im Jahr 2026 steht genau das mit dem 400.Todestag von Johann Schweikhard (1553 bis 1626), dem Mainzer Erzbischof mit einer Amtszeit von 1604 bis 1626 und seiner Verbindung zu und mit Kronberg, an. Für den „Arbeitskreis Museum“ stand die schwierige Frage im Raum, „wie wir mit diesem Stichtag und dieser umstrittenen Persönlichkeit umgehen sollen. Er ist zwar ein Kind seiner Zeit, aber mit seinem Namen sind grauenhafte Ereignisse verbunden. Erst haben wir nur eine Ausstellung geplant, aber nach vielen Gesprächen wurde uns klar, dass wir mit und durch seine Person viele Parallelen in das Hier und Heute ziehen können und die „Frühe Neuzeit“ zum Spiegel der Gegenwart werden könnte.“ Als Sohn einer reichsritterlichen Familie, aus der zahlreiche hohe Amtsträger des Kurstaates hervorgingen, wurde Johann Schweikhard mit 51 Jahren zum Erzbischof von Mainz gewählt. Von ihm gefördert wurden eindrucksvolle Bauwerke wie das Aschaffenburger Schloss und in Mainz die „Domus Universitatis“. Heute nicht mehr vorhanden sind das Stadtgericht und der Kronberger Hof. Auch während seiner Regierungszeit kam es im Erzstift Mainz zu schweren Hexenverfolgungen, die im 16. und 17. Jahrhundert ihren Höhepunkt erreichten. Er starb am 17. September 1626 in Mainz und wurde im Dom bestattet. Mit Beginn des 17. Jahrhunderts gab es verstärkt religiöse Auseinandersetzungen, der Höhepunkt war der 30jährige Krieg (1618 bis1648) zwischen den protestantischen und katholischen Machtbereichen Europas, der letztendlich ein Machtkampf um die Vorherrschaft in Europa war. Er endete mit dem Westfälischen Frieden im Jahr 1648. Dieses Jahrhundert war aber auch von einem Aufschwung wissenschaftlicher Entdeckungen und globaler Vernetzung geprägt, genauso wie durch demografische Katastrophen, Hungersnöte, Rebellionen und Bürgerkriege.

Symposium und Theaterspiel

„Alle Arbeitskreise sind in die Projektgruppe Schweikhard eingebunden und wir sind mitten in den Planungen“, so Inge Freise. Und weil die Zusammenarbeit mit den Schulen gut funktioniere, könnte sich der Arbeitskreis Museum, ein entsprechendes Interesse der Altkönig-Schule vorausgesetzt, Gespräche zu diesem Thema vorstellen. In der Oberstufe gebe es das Leistungsfach „Darstellendes Spiel“; gegebenenfalls biete sich da eine erste Möglichkeit zum Austausch von Ideen. Weitere Kontakte soll es auch zu Vereinen und natürlich zur Stadt Kronberg geben. Schon fest steht ein Symposium, und bereits jetzt kristallisiert sich heraus, dass die Auseinandersetzung mit der „Frühen Neuzeit“ Neuland und Herausforderung zugleich werden dürfte. Geschichte erlebbar machen – der Arbeitskreis Museum schlägt mit der Causa Schweikhard ein weiteres Kapitel auf.

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