Grünes Licht für Variante „Sägezahnaufstellung 5H“

Bei der beschlossenen „Sägezahnaufstellung 5H“ werden bahnhofseitig fünf Haltestellen barrierefrei angeordnet. Dies ermöglicht allen bestehenden Buslinien bei heutigem Fahrplan ein konfliktfreies Halten, denn so ruhig wie hier am frühen Nachmittag ist es am Kronberger Bahnhof in der Hauptverkehrszeit natürlich nicht. Foto: Westenberger

Kronberg (pu) – Weil sich die ersten Tagesordnungspunkte der jüngsten Parlamentssitzung zu lange hinzogen (wir berichteten), konnte im Ergebnis nicht mehr über den Beschluss zur Umgestaltung des Busbahnhofs (Bahnhofsumfeld Baufeld III) beraten, sondern nur noch final abgestimmt werden. Diese Vorgehensweise war vor Beginn der Parlamentssitzung im Ältestenrat angesichts des aufgrund der vollgepackten Agenda absehbaren Szenarios vereinbart worden. Ungeachtet dessen wollte sich allen voran der Stadtverordnete der Wählergemeinschaft „Kronberg für die Bürger“ (KfB), Prof. Dr. Jörg Mehlhorn, nicht damit abfinden, seinen vorbereiteten Redebeitrag nicht in der Stadtverordnetenversammlung halten zu können. Im Rahmen einer raschen Besprechung der weiteren Vorgehensweise stand tatsächlich kurzzeitig eine Vertagung des Tagesordnungspunktes auf den 2. September im Raum, was jedoch lediglich 14 Parlamentarier bei 15 Gegenstimmen und drei Enthaltungen befürworteten. Entscheidende, zur Ablehnung führende Kriterien waren zum einen die veränderte Zusammensetzung der Stadtverordnetenversammlung Anfang September, weil aufgrund der dann bestehenden Rechtskraft der Hauptsatzung in dieser Sondersitzung in den Magistrat gewählte Stadtverordnete ihr Mandat niederlegen und andere auf die frei werdenden Plätze im Parlament nachrücken. Zum anderen warb Erster Stadtrat Robert Siedler (parteilos) für eine unverzügliche Abstimmung und begründete dies mit zu befürchtenden reduzierten Fördermitteln, wenn noch mehr Zeit verloren würde. „Die verschiedenen Varianten wurden zur Genüge diskutiert, es gibt keinen Grund zum Schieben dieser Vorlage“, erklärte Siedler mit allem Nachdruck.

Dem Rechnung tragend zückten schließlich 25 Parlamentarier das grüne Kärtchen für den Beschluss, die Variante „Sägezahnaufstellung 5H“ für den Busbahnhof im Bahnhofsumfeld weiterzuverfolgen und auf dieser Grundlage die Gesamtplanung des Baufeldes III zu konkretisieren. Über die Gesamtplanung des Baufeldes III und die Aufhebung des Sperrvermerks für die weiteren Finanzmittel zur Umgestaltung des Bahnhofsareals in Höhe von 5,5 Millionen Euro wird zu einem späteren Zeitpunkt, vor Erstellung des Förderantrages, entschieden.

Busbahnhof

Wie mehrfach berichtet ist nach den Worten von Baudezernent Siedler vor dem Hintergrund der aktuellen landes- und bundesweiten Diskussionen hinsichtlich Klimaschutz und Verkehrswende der Umbau zu einem funktionalen und zukunftsorientierten Busbahnhof ein essenzieller Schritt für die Stadt Kronberg, um den zukünftigen Anforderungen an ein nachhaltiges Mobilitätsverhalten gerecht werden zu können. Darüber hinaus besteht die gesetzliche Verpflichtung, bis 1. Januar 2022 alle Haltestellen barrierefrei auszubauen. Neben den nutzungsstrukturellen Maßgaben werden darüber hinaus besondere Anforderungen an die Gestaltung gestellt, um insgesamt eine Erhöhung der Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum zu erreichen und um eine repräsentative Funktion für Ankommende in Kronberg zu übernehmen.

Zwei Varianten 2019

Schon in der September-Sitzung 2019 des Ausschusses für Stadtentwicklung hatte das federführend mit dem Projekt Bahnhofsumfeld beauftragte Ingenieurbüro Burgholzer-Trieb Partnergesellschaft MBB mit „Sägezahn“ und „Insellösung“ zwei Varianten für den Busbahnhof vorgestellt (wir berichteten), die im Endeffekt jedoch sowohl die Fachleute im Stadtplanungsamt als auch den Magistrat aus verschiedensten Gründen nicht gänzlich überzeugten. Auf diese beiden Entwürfe aufsetzend, kam ein Findungsprozess samt Entwicklung weiterer Varianten in Gange. Parallel fanden laut Erstem Stadtrat diverse Abstimmungsgespräche mit dem RheinMain-Verkehrsverbund (RMV), dem Verkehrsverbandes Hochtaunus (VHT), den Stadtwerken als Betreiber der Stadtbuslinien sowie der Deutschen Bahn (DB) statt. Es habe sich herausgestellt, dass eine Anpassung des Routenverlaufs und der Taktzeiten bei den regionalen Buslinien grundsätzlich schwierig umsetzbar sei, da hieraus weitreichende Auswirkungen auf die regionalen Routen zu erwarten seien.

Status quo

Der S-Bahnhof Kronberg wird derzeit von den Stadtbuslinien 71, 72 und 73 sowie den regionalen Buslinien 85, 251 und 261 des RMV und des VHT angedient. Des Weiteren hält ein betriebseigener Bus der Fidelity am Bahnhof, der eigens den Beschäftigten zur Verfügung steht und als Sonderform des Linienverkehrs Anspruch auf die Nutzung einer Haltestelle besitzt. Aktuell teilen sich die sechs Buslinien drei Haltepunkte auf der Bahnhofsseite sowie drei Haltepunkte in Gegenrichtung (einschließlich der Haltestelle „obere Bahnhofstraße“).

Die An- und Abfahrtszeiten sind auf den vorgegebenen Takt der S-Bahn optimal ausgerichtet. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass Busse verschiedener Linien innerhalb eines kleinen Zeitfensters gleichzeitig am S-Bahnhof halten. Aufgrund der geringen Anzahl an Haltestellen müssen regelmäßig Busse auf der Fahrbahn halten, was zu Verkehrsbehinderungen und Gefahrenstellen für die Fahrgäste führt.

Erforderlich

Dass die Anzahl an Haltestellen nicht ausreichend ist, belegte bereits ein Gutachten von R+T Verkehrsplanung aus dem August 2017, woraus hervorging, dass unter der Prämisse des heutigen Bedienungskonzeptes fünf Haltepositionen bahnhofseitig erforderlich sind. VHT/RMV sehen die bestehende Infrastruktur ebenfalls als nicht ausreichend an. In einer Stellungnahme vom 17. März 2021 wird zudem angemerkt, dass der Entwurf des regionalen Nahverkehrsplans eine neue Expressbuslinie vorsieht, die zu einem verstärkten Busangebot am Bahnhof Kronberg führen kann. Des Weiteren wies der RMV darauf hin, eine große Flexibilität wäre wünschenswert, um möglichst viele Busse an den Bahnhof heranführen zu können, insbesondere, wenn sich durch die geplante Taktverdichtung der S-Bahn von 30 auf 15 Minuten Fahrplanänderungen ergeben.

Lösungsfindung

Zwecks tragfähiger Lösungsfindung fanden zahlreiche Projektgruppensitzungen statt, an denen auch Vertreter des Magistrats teilnahmen. In einem Workshop wurden Bewertungskriterien formuliert und die einzelnen Varianten auf Barrierefreiheit, Funktionalität der Linienführung, hohe Verkehrssicherheit, Komfort für die Fahrgäste, geringe Eingriffe in den Bestand sowie geringe Gesamtkosten für die Stadt Kronberg bewertet. Das Kriterium der verbleibenden Kosten für die Stadt berücksichtigt dabei indirekt auch die Förderfähigkeit der Maßnahme.

Die schließlich von der Projektgruppe final empfohlene „Sägezahnaufstellung 5H“ orientiert sich stark am heutigen Bedarf an Haltestellen. Auf Fahrplanänderungen beispielsweise durch Taktverdichtungen oder neue Buslinien kann jedoch weniger flexibel reagiert werden. Für diese Variante sprachen außerdem der geringere Eingriff in den Bestand und die um circa 250.000 Euro geringeren Kosten.

Sägezahn 5H

Bei der nunmehr beschlossenen „Sägezahnaufstellung 5H“ werden bahnhofseitig fünf Haltestellen barrierefrei angeordnet. Dies ermöglicht allen bestehenden Buslinien bei heutigem Fahrplan ein konfliktfreies Halten. Doppelbelegungen von zwei Haltestellen müssen in Kauf genommen und durch eine dynamische Fahrgastinformation die Orientierung der Fahrgäste erleichtert werden. Dennoch ist laut Erstem Stadtrat Siedler eine gute Übersichtlichkeit gegeben, die durch kurze Fußwege unterstrichen wird. Um nicht in den Verlauf der Bahnhofstraße östlich des Einmündungsbereiches einzugreifen und die vorhandenen Bäume beidseitig der Bahnhofstraße zu erhalten, wurde die Position der Einmündung „obere/untere“ Bahnhofstraße nicht verändert, gleichzeitig zwei Haltepositionen in Richtung des neu zu schaffenden Platzbereiches in den Bereich des BASA-Gebäudes verschoben. Aufgrund der Nutzung kann diese Anordnung Siedler zufolge zu einer Belebung der Platzfläche beitragen, insbesondere sei der Standort auch für wartende Fahrgäste attraktiv. In der Platzgestaltung werde sich allerdings der Höhenunterschied, der durch die hohen Busborde entsteht, auswirken. Der Gestaltungsidee, die der Masterplanung Enzo Eneas zugrunde liegt, einen großzügigen und niveaugleichen Platz über die Fahrbahn hinweg zu schaffen, der sich auch in der Materialität durch Pflasterung abhebt, kann allerdings nicht Rechnung getragen werden.

Die auf der gegenüberliegenden Straßenseite angeordneten Haltestellen entsprechen denen der Variante „Sägezahnaufstellung 7H“ im Platzbereich. Für die nach Osten abfahrenden Busse bietet dieser Standort die bestmögliche Verkehrssicherheit für die Fußgänger. Es wird allerdings ein besonderes Augenmerk auf die Gestaltung der Platzfläche mit definierter Querungsmöglichkeit für die Fußgänger zu legen sein. Durch die Ausführung eines verkehrsberuhigten Bereiches kann die Verkehrssicherheit für Fußgänger erhöht werden.

Für den Firmenbus der Fidelity wird eine Haltestelle im Bereich vor dem Bürogebäude nordwestlich der Gleise vorgesehen. Der Standort nahe dem Hotel ist zudem optimal für das kurzzeitige Halten von Reisebussen oder Großraumtaxen. Die Verlagerung des Haltepunktes von der Bahnhofstraße weg erfordert vermutlich eine Fahrtroutenänderung und ist mit Fidelity noch abzustimmen. Falls der neu vorgesehene Standort wider Erwarten aus funktionalen Gründen nicht auf Zustimmung der Fidelity trifft, müsste, wie bereits heute, eine Fahrplanabstimmung mit den Taktzeiten der Linienbusse erfolgen und eine der Sägezahnhaltestellen zu den Stoßzeiten vormittags und nachmittags in Anspruch genommen werden.

Die Umsetzung der Maßnahme hängt unmittelbar von einer Förderzusage ab. Wird die Maßnahme 2022 bewilligt, ist mit einem Baubeginn frühestens in 2023/2024 zu rechnen.



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