Honigschleudern für Jung und Alt – Die Lehre von der Imkerei im Kaiserin-Friedrich Haus

Kronberg (mg) – Einmal mehr zeigte sich, dass positive Atmosphäre im „Gesamtkunstwerk“ Kaiserin-Friedrich Haus groß geschrieben wird. Dafür waren an diesem Donnerstagvormittag zahlreiche Protagonistinnen und Protagonisten verantwortlich. Im Untergeschoss des Gebäudes in der Walter-Schwagenscheidt-Straße hatten sich im lichtdurchfluteten Saal bei offenen Terrassentüren viele Senioren und Kinder versammelt, um etwas über die Imkerei im Allgemeinen und über die Honiggewinnung im Konkreten zu erfahren. Interessierte, erwartungsvolle und bisweilen vergnügte Gesichter waren im rund 40-köpfigen Publikum zu registrieren, bevor es losging.

Maß halten und Fürsorge

„Wir ernten nur so viel, dass genug für die Bienen selbst übrig bleibt“, erklärte Matthias Maurer seinen Zuschauerinnen und Zuschauern. Maurer besitzt selbst zehn Bienenvölker, die im nordöstlichen Teil des Vogelsbergs ihre Heimat gefunden haben. An dieser Stelle ist der juristische Feinsinn erstaunlicherweise einmal recht gut platziert, denn zwischen Besitz und Eigentum besteht ein deutlicher Unterschied. Eigentum ist das Recht an seiner Sache, Besitz hingegen eine Tatsache. Letzten Endes bedeutet das, dass der Eigentümer die sogenannte Verfügungsgewalt über „etwas“ innehat. Man spürt deutlich die Wertschätzung, die Maurer gegenüber „seinen“ Bienen zu Tage legt. Er sieht und fühlt sich nicht als deren Eigentümer, sondern vielmehr Besitzer, auch wenn er juristisch beides ist. Die Bienen gehören sich schlussendlich selbst, werden von ihm gepflegt und gehegt und dafür bekommt er dankenswerterweise einen Ertrag: Honig. Es sei ein Miteinander, so Maurer, „mit Rechten und Pflichten auf beiden Seiten“, auch wenn er sich gleichzeitig als „traditioneller“ Landwirt sieht, der „Tiere hält“. Tradition kann gleichzeitig deutlich vor der Industrialisierung beginnen. Auch in der Landwirtschaft gibt es Unterschiede im Blick auf die Welt. Es existieren mehrere Arten, darunter Subsistenzlandwirtschaft, industrielle Landwirtschaft, ökologische Landwirtschaft, Permakultur und Urban Farming. Es kann weiterhin grob nach Tierhaltung, Ackerbau oder gemischter Landwirtschaft unterschieden werden. Am Ende entscheidet neben all den Formulierungen und Stempeln die persönliche Haltung und die damit einhergehende Haltungsform des Landwirts oder der Landwirtin an sich. Maßgeblich ist anscheinend der individuelle Blick auf das Große und Ganze, jenseits von Etiketten. Bei Maurer bekommt der mittlerweile in vielen Bereichen des Lebens schon inflationär genutzte Begriff „Nachhaltigkeit“ wieder eine inhaltsreiche Bedeutung, wenn man mit ihm spricht und diskutiert. Der Gartenlandschaftsbaumeister, der bei der Firma „Keil–Schewe–Keil“ in Oberursel arbeitet, die sich ebenfalls eine nachhaltige Planung, Umsetzung und Pflege von Gartenanlagen – folglich Naturschutz für Mensch und Tier - auf die Betriebsfahne schreibt, ist realistisch, bodenständig, nahe an „der Sache“ und gleichzeitig ökologisch eingestellt. Das kann funktionieren, zumal es sich bei der Imkerei Maurers um ein großes Hobby handelt.

Bildungsmomente zum Anfassen

Die Kinder aus der Kindertagesstätte Victoria saßen zuerst auf Stühlen oder im Schneidersitz auf dem Fußboden direkt vor der Honigschleuder, die Matthias Maurer mitgebracht hatte. Letztlich blickten sowohl die älteren als auch die jüngeren Herrschaften auf angewandte Physik. Der Antrieb einer Honigschleuder kann manuell oder motorisiert erfolgen. Die Funktionsweise der Schleuder basiert auf dem Prinzip der Fliehkraft. Das heißt, die Honigwaben werden durch Drehung in Bewegung gebracht und die wirkenden Kräfte sorgen für das Herausfließen des Honigs. Die Schleuder wird durch die Drehachse, manuell durch eine am Deckel befestigte Handkurbel oder durch einen kleinen Elektromotor angetrieben. Durch die wirkende Zentrifugalkraft spritzt dabei der Honig aus den Waben an die Innenwand des Zylinders und läuft daran herab. Der Honig kann dann aus dem Auslaufhahn über das Sieb aufgefangen werden. Und so passierte es dann auch. Mit Hilfe von jungen und alten Händen aus dem Publikum brachte Matthias Maurer den „Honig zum Schleudern“, mechanisch. Es wurde gekurbelt und geschaut, gestaunt und im Anschluss natürlich gekostet. Sowohl einige Seniorinnen als auch viele Kinder beteiligten sich an diesem Prozess. Kosten, schmecken und genießen durften am Ende der Veranstaltung alle. Auf die Nachfrage der Redaktion an eine Bewohnerin des Kaiserin-Friedrich-Haus, ob sie denn auch mal die Wabe vom Honig befreien wolle, erwiderte diese mit einem verschmitzten Lächeln, funkelnden Augen und hessischer Intonation: „Naa, isch möcht´ nur probiere.“ Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kaiserin-Friedrich-Haus kümmerten sich zugewandt und stetig um die ältere Belegschaft, machten immer wieder Angebote und „forderten“ selbstverständlich bei Freiwilligkeit auf, sich doch auch einmal die Honigschleuder oder die Waben in den Holzrahmen anzuschauen und etwa „Honig zu ernten“. Das traf durchaus auch auf Zuspruch. Die Kinder wurden wiederum an einer Stelle angehalten mit Handtüchern die Flügel der Bienen durch Wedeln zu imitieren. Bienen lüften ihr Zuhause bei heißen Temperaturen nämlich selbst. Dafür besorgen sie sich Wassertropfen aus Pfützen, Tümpeln und ähnlichen Gewässern, „verfrachten“ dieses in den Bienenstock und spannen den Wassertropfen über ihren Rüssel auf. Da andere Bienen bereits vor dem Flugloch des Bienenstocks kräftig mit ihren Flügeln schlagen, kann das Wasser im Luftzug verdunsten. Und so standen im Wechsel Gruppen von bis zu acht Kindern im Raum und schwenkten bunte Textilien, um den Raum zu kühlen.

Der Imker Matthias Maurer erklärte nicht nur die Funktionsweise der Honigschleuder, sondern flankierend kontinuierlich vieles über die Biene und deren natürliche Lebensumstände selbst. Was sie braucht, um „ein gutes“ und damit auch für den Imker „ertragreiches“ Leben zu führen, welche Arten es gibt, warum sie für den Menschen so sehr schützenswert ist, in welchen natürlichen und komplexen Zusammenhängen sie zu betrachten sei und dass Bienen den Menschen wahrnehmen, ihn „spüren“. Er stelle häufig fest, dass er „seinen“ Bienenvölkern nicht gestresst gegenüber treten sollte. Das würde kontraproduktive Reaktionen bei den Tieren hervorrufen. Somit würden die Bienen auch dazu dienlich sein, sich „selbst und bewusst zu beruhigen“, denn dann funktioniere die Imkerei auch bestens. Je mehr man die Bienen in seinem Sinne „pflege“, umso größer sei letztlich auch der Ertrag.

Tagespflege

Neben den Kindern aus der Kindertagesstätte Victoria des Deutschen Roten Kreuzes waren unter den Seniorinnen und Senioren auch einige, die einen kleinen Ausflug aus der Tagespflege im Nachbargebäude des Gesamtkomplexes unter der Leitung von Jasmin Berghaus gemacht hatten. Ziel der Tagespflege des Kreisverbands Hochtaunus des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) im Walter-Schwagenscheidt-Haus in Kronberg – schräg gegenüber dem DRK-Altenwohn- und Pflegeheim-Komplex „Kaiserin-Friedrich-Haus “– ist es, den bereits älteren und hilfebedürftigen Menschen bei Krankheit, physischen Einschränkungen oder Pflegebedürftigkeit die Option anzubieten, so lange wie möglich in den „eigenen vier Wänden“ weiterleben zu können. Dort geschieht dies dann meistens mit verwandtschaftlicher oder externer Unterstützung. Für pflegende Angehörige stellt die Verweildauer der genannten Personengruppe in der Tagespflege eine zeitliche und auch private Entlastung dar, die sowohl für Alltägliches als auch Persönliches genutzt werden kann. Auch aus diesem Grund verlängert sich die Möglichkeit, dass Menschen in ihrem häuslichen Umfeld bleiben können, da die pflegenden Personen „einfach länger durchhalten“, denn jede und jeder hat seine Grenzen. Selbst dann, wenn man bereit ist, alles zu geben, was möglich ist. Und sogar darüber hinaus. Zugleich ist es für die Menschen, die die Tagespflege in Anspruch nehmen, eine abwechslungsreiche, unterhaltsame und produktive Alternative, den Tag zu nutzen. Das hat ebenfalls zur Folge, dass Menschen länger das körperliche und geistige Niveau erhalten oder meistens sogar verbessern. Aktuell sind noch Plätze in der Tagespflege vakant. Mehr Informationen auch auf der Internetseite www.kaiserin-friedrich-haus.de.

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