Kronberg (mg) – Das Freibad ist ein Sehnsuchtsort, der kleine Urlaub für zwischendurch. Es liefert gleichzeitig ein anderes Element, das Wasser. Unter und in diesem kann man auch mal abtauchen, um sich für einen Moment davonzustehlen. Man kann hineinrutschen oder aus verschiedenen Höhen hineinspringen. Oder man planscht einfach so darin herum. „Bahnen ziehen“ ist für viele Menschen ein Ausgleich vom Rest des Daseins, fast schon Entspannung. Wenn man am hiesigen Schwimmbad ankommt, begleiten einen Lavendelpflanzen und Rosenbüsche, bevor man auf Sonnenmilchgeruch und Schwimmbad-Pommes hinter dem Kassenbereich stößt. Liegt man auf der Wiese oder den Steintreppen und schließt die Augen, hört man an gut besuchten Tagen fröhliches Stimmengewirr und Lachen und ein wenig versteckt hinter all dem den Rhythmus der Wassermengen. Nirgendwo anders als am Strand gibt es diesen Klang. Dass jedoch hinter all diesen positiven Attributen eine Menge Arbeit und Aufwand stecken, die geleistet werden müssen, bleibt meist verborgen. Zu sehr sind Besucherinnen und Besucher mit sich selbst beschäftigt.
Verena Methfessel ist als Fachangestellte für Bäderbetriebe eine von zwei Festangestellten der Stadt Kronberg, die den Betrieb am Laufen halten. Früher hieß es „Geprüfter Schwimmmeister“, ein Bademeister hingegen hat mit dem klassischen Schwimmbad nichts zu tun; diese Bezeichnung findet man im Bereich der Physiotherapie.
Personalplanung
Der städtischen Angestellten steht stets mindestens ein gut ausgebildeter Rettungsschwimmer zur Seite, der von einem externen Personaldienstleister kommt. Je nach Wetterlage und der damit einhergehenden Anzahl von Schwimmbadbesuchern addieren sich hierdurch zwischen 180 und 400 Stunden Personal im Monat. Hinzu kommen saisonal noch sechs geringfügig beschäftigte Rettungsschwimmer, die direkt bei der Kommune in Lohn und Brot stehen. Die festangestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten während der Schwimmbadsaison zahlreiche Überstunden. Die intensiven Arbeitszeiten werden dann während der kalten Jahreszeit dementsprechend reduziert. Zur Planung des Rettungsschwimmer-Kontingents gehört in diesem Zusammenhang die ständige Überwachung der Wetterprognosen, um ausreichend Personal auf dem Gelände zur Verfügung zu haben bei gleichzeitigem im Auge Behalten der dadurch entstehenden Kosten für die Kommune. An heißen Sommertagen, wenn das Bad aus allen Nähten platzt, sind schon mal bis zu neun Kräfte über beide Schichten verteilt ergänzt worden. Verena Methfessel koordiniert dies alles mit ihrem Kollegen – und mehr. Wenn sie zur Frühschicht eingeteilt ist, beginnt ihr Arbeitstag um 5.30 Uhr. Zunächst muss die Plane, die das Schwimmerbecken mit seinen 50-Meter-Bahnen nachts schützt, eingerollt werden. Das dauert 45 Minuten und muss überwacht werden, denn nicht selten rollt sich die Plane nicht korrekt auf und es muss manuell nachgebessert werden. In der verbleibenden Viertelstunde, bis die Frühschwimmer fünf Mal die Woche kommen und die Pforten geöffnet werden, heißt es, die eng getaktete Betriebsprüfung durchzuführen. Kabinen, Umkleiden, Duschen und die gesamte Technik des Bades müssen kontrolliert werden. Dass zwei feste Stellen plus das Kontingent an Rettungsschwimmern nicht gerade zu viel an Stellen bedeutet, liefert der Hinweis in die laufenden Haushaltsberatungen der Stadt Kronberg, denn dort soll eine dritte Stelle für den Badbetrieb eingeplant werden. Es gibt eine Früh- und eine Spätschicht, an der stets einer der beiden Mitarbeiter vor Ort sein muss. Die Frühschicht beginnt um 5.30 Uhr und endet um 16.15 Uhr, die Spätschicht bewegt sich im Zeitfenster zwischen 10 Uhr und 20.45 Uhr. Grundsätzlich müssen auch Dinge wie Arbeitsschutzmaßnahmen, Schulungen und vorgeschriebene ärztliche Untersuchungen im Zeitplan Platz finden.
Inbetriebnahme nach dem Winter
Zu Beginn des Monats März gehen die Vorbereitungen für die neue Saison los. Die betriebliche „Auswinterung“ umfasst acht Wochen. Chemikalien müssen bestellt werden, denn diese dürfen über die kalte Jahreszeit nicht vor Ort gelagert werden. Die Heizungen, die sanitären Anlagen und die Technik samt Mechanik werden gewartet, gegebenenfalls muss Ersatz für Defektes angeschafft werden. Der Kabinenbereich und das gesamte Gelände mit den steinernen Liegetreppen und der Wiese werden gereinigt und in Stand gesetzt. Ab Mitte April wird das neu eingelassene Wasser in den Schwimmbecken dann auf E-Coli und Legionellen-Bakterien geprüft. Das Ergebnis wird zehn Tage nach Entnahme geliefert. Wenn Ende März die Sonne die ersten Menschen auf die Idee kommen lässt, jetzt könne man das Schwimmbad doch „einfach“ aufmachen, ist das folglich ein Resultat von Unkenntnis und Kurzsichtigkeit. Es ist schlichtweg nicht möglich.
Überwachung der Wasserqualität
Um unter anderem das große Edelstahlbecken (50 mal 17,5 Meter Fläche bei einer Wassertiefe zwischen 1,30 und 3,80 Meter) sauber zu halten, muss dem Wasser Chlor zugefügt werden. Der Umgang mit Chlorgas ist im Wortsinne ätzend. Mindestens 0,6 Milligramm freies Chlor ist in einem Liter Schwimmbadwasser vorgeschrieben. Schädliche Mikroorganismen werden so eliminiert. So muss der Chlorgehalt kontinuierlich geprüft werden, das geschieht technisch durch die vom Menschen zu überwachende Mess- und Regelanlage. Zusätzlich werden drei Mal am Tag das freie Chlor, das gebundene Chlor und der pH-Wert im Becken manuell durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geprüft, denn die Technik könnte ausfallen oder versagen. Chlorgas selbst wirkt ätzend auf die Atemwege, es besteht sogar Lebensgefahr beim Einatmen. Auch über die Haut kann es schädlich aufgenommen werden. Einmal im Monat untersucht auch ein externes Unternehmen die Bedingungen, und jährlich kommt dem ergänzend das Gesundheitsamt des Hochtaunuskreises nach. Der Wechsel der Chlorgasflaschen bei Bedarf muss hochkonzentriert durchgeführt werden, denn hier ist das Risiko eines Unfalls besonders groß.
Die Umwälzpumpen im Gebäudeinneren fördern das Schwallwasser, das aus der Überlaufrinne des Beckens ständig abfließt, jedoch im Kreislauf gehalten werden soll und muss, zum Anschwemm-Filter. Dort wird es unter anderem durch Aktivkohle mit ihren sehr feinen Poren von Schadstoffen befreit. Im Anschluss wird das Wasser via Solarthermie erwärmt und gelangt wieder in den Schwimmbetrieb. Wenn eine Umwälzpumpe ausfällt, muss das Bad schließen. So geschah es im zurückliegenden Sommer für eineinhalb Tage, bis Ersatz eingebaut wurde. Ein weiterer Helfer bei der Reinigung des Schwimmbeckens ist der Bodensauger, der von den Mitarbeitern ins Becken gelassen und enthoben werden muss – jedes Mal ein größerer zeitlicher Aufwand.
Kassenbereich als Herausforderung
Das Handhaben des Zwischenmenschlichen ist ein weiteres Aufgabenfeld. Neben der Kontrolle, dass sich im und um das Becken sozial adäquat verhalten wird, kommen auch menschliche Launen der Badegäste hinzu. Da kommt schon mal jemand auf die Idee, das Drei-Euro-Ticket mit einem Hunderter zu bezahlen, während viele andere Badegäste in der Schlange und bei hohen Temperaturen dahinter warten und Unmut aufkommt. Ab und an ist die Erwartungshaltung einiger Gäste so ausgeprägt, dass auch die Polizei einschreiten muss, weil sich jemand weigert, das Becken zu Betriebsschluss zu verlassen. Oder Eltern wechseln mit ihren Kindern bei aufkommendem Schatten im Nichtschwimmerbecken in das Schwimmerbecken, obwohl ihre Nachkommenschaft nicht schwimmen kann. „Die Haus- und Badeordnung richtet sich nicht nach Sonnenstand“, formuliert es Verena Methfessel auf den Punkt. Geduld und Verständnis seien doch ab und an „Mangelware“, gleichzeitig formuliert sie: „In Summe sind die Freibadgäste friedlich und dankbar. Man kommt gut miteinander aus.“ Es komme vor, dass auch mal Brötchen oder Schokolade mitgebracht werden, und am Ende der Saison bedankten sich viele Gäste.
Wirtschaftlichkeit
Im sehr sonnenreichen Jahr 2022 gab es im Freibad 72.423, im Jahr 2023 mit regenreicheren Perioden 59.412 Besuche. Es ist wichtig zu begreifen, dass ein öffentliches Schwimmbad keine Gelddruckmaschine ist, das Gegenteil ist der Fall. Als Zuschussbetrieb müssen jedes Jahr seitens der Kommune Gelder fließen. So reichen die Einnahmen durch den Eintritt der Schwimmbadgäste bei weitem nicht für den Unterhalt aus. Die Dauerkarteninhaber beispielsweise werden noch stärker subventioniert als die Einzelticket-Käufer, auch wenn das Selbstverständnis ab und an ein anderes zu sein scheint. Im nächsten Jahr soll ein neuer Spielplatz auf dem Gelände für die jüngeren Gäste entstehen – auch das generiert beispielsweise zusätzliche Kosten, genauso wie die neue Pumpe, die wegen eines Defekts dieses Jahr neu angeschafft werden musste. Des Weiteren ist das Heizen ein großer Kostenfaktor. Die Wassertemperaturen sollen sich zwischen 21,5 und 27,3 Grad Celsius bewegen. Hierfür muss die Solar-Anlage, die auf allen Dächern der Schwimmbad-Gebäude verbaut ist, genug Leistung erbringen. Weitere Quellen zum Heizen sind nicht vorhanden.
Dass der Betrieb im Waldschwimmbad vielschichtig und arbeitsintensiv ist, wurde deutlich. Und es gäbe noch mehr zu berichten. Nun kehrt aber erst einmal ab Mitte Oktober etwas Ruhe ein. Und im kommenden Jahr geht alles wieder von vorne los. Zum Glück.
Urlaubsatmosphäre im Waldschwimmbad