Lärm ist das Leben – Pascal Elbé besucht Kronberger Lichtspiele

Der französische Regisseur und Hauptdarsteller Pascal Elbé, der zur Deutschland-Premiere seiner Sommer-Komödie „Schmetterlinge im Ohr“ nach Kronberg gereist war – hier mit Hobby-Dolmetscherin Anne-Katrin Sura (links) und Kinochefin Vanessa Müller-Raidt (rechts) – stellte sich mit Charme und Witz den Fragen der Kinogänger. Foto: privat

Kronberg (aks) – Seit Donnerstag ist Deutschland-Premiere von „Schmetterlinge im Ohr“, einer Sommerkomödie des französischen Filmemachers Pascal Elbé, der neben Sandrine Kiberlain auch die Hauptrolle spielt. Mühelos und leicht gelingt es ihm, die Erfahrungen mit seiner eigenen Schwerhörigkeit ins Witzige zu ziehen. Im Interview erzählt er, wie schwer er sich mit der Diagnose tat, nichts zu hören und wie sehr das Hörgerät ihn in seiner jugendlichen Eitelkeit traf – schließlich sei er (erst) Mitte Fünfzig. Auch wenn er die Stille bevorzuge und er sich erst an all die Störgeräusche des Alltags gewöhnen musste, so seien Vogelgezwitscher und Kinderlachen wie eine Offenbarung gewesen: „Le bruit c‘est la vie“, Lärm ist Leben. „Irgendwann würgt uns die Stille, wir fühlen, dass da nichts mehr ist.“ Um andere Menschen zu verstehen, müssten wir sie hören können, eine einseitige Kommunikation sei ermüdend und mache einsam – ohne Dialog kein Verständnis! Auch nicht ohne Liebe, die in Elbés Film auf wundersame Weise über alle Widrigkeiten siegt. „Ah“, schwärmt Pascal Elbé, „l’amour, c‘est important!“

Der Film erzählt in einer mitreißenden Leichtigkeit und dank der exzellenten Schauspieler die Geschichte des Lehrers Antoine, dem seine Schüler schon lange nicht mehr folgen können, weil er sie nicht hört und deshalb nicht verstehen kann, auch nicht seine Kollegen, seine Nachbarn und seine Familie. Nie weiß er genau, was sie ihm sagen möchten. Das führt zu Missverständnissen, über die man im Film lacht, die aber auf Dauer gar nicht lustig sind. „Warum hast du denn nichts gesagt?“, fragt die Frau, in die sich Antoine verliebt. Ja, wenn das immer so einfach wäre, anderen – und sich selbst – eine Behinderung einzugestehen…

Sich mit einer Leseschwäche und schicken Lesebrillen zu outen sei cool, aber die klitzekleinen, fast unsichtbaren Hörgeräte wolle man lieber verstecken und sich nicht zur eigenen Schwerhörigkeit bekennen, so plaudert Elbé nach dem Film auf der Bühne frei und fröhlich mit Anne-Katrin Sura (Autorin dieses Artikels) auf Französisch und Englisch über sein „Handicap“. „Alle sind irgendwann genervt“, wenn man immer wieder nachfragt – und am Ende doch nichts versteht. Auf Drängen seines Sohns habe er endlich etwas unternommen. Eine locker-leichte Komödie über ein Handicap, eine Behinderung – chapeau! Lachen sei auch in Krisenzeiten erlaubt, das meint der Regisseur ganz ernst. Nur so könnten wir uns von unserer Angst befreien und eine Lösung finden. Die Komödie mit Tiefgang hat das Potenzial für ein Coming Out aller Hörgeräte-Träger in diesem Sommer! Doch auf die Frage des Regisseurs, wer von den Zuschauern denn bereits ein Hörgerät habe, meldet sich nur eine Handvoll Zuschauer – eher verschämt. Dabei verdient der Mut, mit einer Hörhilfe wieder am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, Respekt. Das sei der perfekte Film für jeden Hörgeräte-Akustiker, eine tolle Werbung, so der euphorische Beitrag einer Dame aus dem Publikum. Kinobetreiberin Müller-Raidt freute sich sichtlich über das große Interesse an diesem Film „made in France“ und auch darüber, dass Kronberg nach Köln, Berlin und München den Zuschlag bekam und der Regisseur persönlich vorbeischaute und mit ihm die große weite Welt des Kinos.

Ab 22 Uhr wartete das Cinema in Frankfurt auf Pascal Elbé, der um 21.30 Uhr immer noch von treuen Fans umringt im Hof der Kronberger Lichtspiele stand, der Abschied von Kronberg fiel ihm sichtlich schwer.



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