Leserbrief Bäche in Kronberg

Unser Leser Rechtsanwalt Dr. Henning Schr
ader schreibt uns zum Thema Bäche:

Durch Kronberg einschließlich Oberhöchstadt und Schönberg fließen mehrere Bäche, der Rentbach, der Westerbach mit seinen Zuflüssen, der Winkelbach, Schönbergerbach, der Stuhlbach, der Waldwiesenbach. Zum Teil fließen sie entlang von Grundstücksgrenzen, aber auch mitten durch Privatgrundstücke. Seit einiger Zeit nun besinnt sich die Verwaltung der Stadt Kronberg auf ein gesetzliches Vorkaufsrecht nach dem Hessischen Wassergesetz (HWG) und fühlt sich verpflichtet, davon zu Lasten des Stadtsäckels Gebrauch machen zu müssen. Da die Gemeinden allgemein nach § 25 HWG zur Unterhaltung der Gewässer 3. Ordnung, also kleiner Bäche verpflichtet sind, gibt ihnen § 23 Abs 6 HWG die rechtliche Möglichkeit, bei einem Verkauf eines Grundstücks mit Bachberührung im Innenbereich fünf Meter Randstreifen, gemessen ab Oberkante der Böschung, durch Vorkaufsrecht zu erwerben, im Außenbereich sogar zehn Meter Randstreifen. Die Begriffe Innen- und Außenbereich sind im Baugesetzbuch definiert (§§ 30,34). Allerdings gilt dieses Vorkaufsrecht nicht bei Verkauf an Ehegatten, Lebenspartner oder Verwandte 1. Grades. Das betrifft das Verhältnis Eltern- Kinder.

Nun kommt in § 23 Abs 6 HWG ein tückischer Verweis auf die §§ 463 bis 468, 469 Abs1 und 2, Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch ( BGB). Für die Gemeinde zu beachten ist die verkürzte Frist von nur zwei Monaten der Ausübungsfrist ab Mitteilung des Verkaufes. Für den Verkäufer ist es § 465 BGB. Dort ist nämlich, anders als bei dem Vorkaufsrecht im Baugesetzbuch (§ 28), geregelt, dass es für den Verkäufer keinen Rücktritt vom Vertrag gibt, wenn die Gemeinde das Vorkaufsrecht ausübt, was sie durch einen einfachen Brief tun kann. Das heißt, sobald die Unterschriften der Vertragsparteien unter der Notarurkunde stehen, schnappt die Falle zu. Die Gemeinde kann sich in das Vertragsverhältnis drängen und den Gewässerrandstreifen fordern, auch wenn der Käufer jetzt vom Vertrag abspringt, was er darf. Das hat vor allem zwei unangenehme Konsequenzen. Keinesfalls zahlt die Gemeinde etwa den im Notarvertrag vereinbarten Preis, schon gar nicht einen Liebhaberpreis.

Sie bedient sich vielmehr einer komplizierten Formel, die niemand recht versteht und lässt den Verkäufer dumm schauen. Dumm aber schaut er zweitens auch deshalb, oder der Käufer, wenn er nicht abgesprungen ist, weil er jetzt ein kleineres Grundstück hat.

Fließt zum Beispiel der Bach mitten durch das Grundstück, das im Innenbereich liegt, etwa der Westerbach, dann gilt das Vorkaufsrecht fünf Meter rechts und fünf Meter links des Bachufers und das Grundstück ist um laufende zehn Meter Fläche kleiner, was insbesondere Auswirkungen auf die Bebaubarkeit hat. Die Ausnutzung schrumpft.

Die Makler wissen davon zumeist nichts, die Notare belehren zwar allgemein über die Notwendigkeit, die Unbedenklichkeitsbescheinigung der Gemeinde einzuholen, aber niemand denkt an einen kleinen Bach.

Um dieser höchst ärgerlichen Konsequenz zu entgehen, gibt es allerdings einige Gestaltungsmöglichkeiten, die durch die höchstrichterliche Rechtsprechung abgesegnet sind.

Es heißt Vorkauf, also muss ein Verkauf vorliegen. Nicht kann die Gemeinde das Vorkaufsrecht ausüben bei Schenkungen, bei Grundstückstausch, Pacht – auch langfristig (99 Jahre) –, bei Erbschaft oder Erbpacht. Allerdings toleriert die Rechtsprechung keine erkennbaren Umgehungsgeschäfte, die auf Kauf hinauslaufen.

Gibt es zum Beispiel die örtliche Situation des Grundstücks und des Bachverlaufes nur irgendwie her, dann sollte der Verkäufer vor Verkauf den kritischen Uferstreifen durch ein Vermessungsbüro herausmessen, im Kataster eintragen lassen und vom Verkauf ausnehmen. Er bleibt dann Eigentümer dieses Grundstücksteils. Dagegen gibt es seitens der Gemeinde nichts einzuwenden. Der Verkäufer verpachtet dann diesen Streifen, vielleicht auch in Erbpacht, um die Ausnutzung des gesamten Areals zu Baumaßnahmen zu erhalten. Auch lässt sich der Bauwich so problemlos klären.

Und man schließt mit dem Verkauf zugleich einen Erbvertrag bei dem Notar, um den Käufer sicherzustellen. Dies ein Beispiel.

Jedenfalls ist jeder Grundstückseigentümer mit einem Bachlauf an oder in seinem Grundstück gut beraten, sich vor einem Verkauf durch einen Anwalt beraten zu lassen. Er erspart sich und dem Käufer, der allerdings vom Vertrag zurücktreten könnte, was dem Verkäufer aber nichts nutzt, viel Ärger. Und letztlich erspart es der Gemeinde unnütze Geldausgaben.

Die Bäche muss sie so oder so unterhalten, ob sie es nun tut oder nicht. Sie könnte auch bei den Grundstückseigentümern die Hand für erbrachte Leistungen aufhalten. Ob ihr nun der Uferstreifen gehört, spielt dabei praktisch keine Rolle. Aber sie vermeidet, sich den durchaus verständlichen Ärger von Bürgern zuzuziehen, was die Stadtverwaltung immer und überall vor allem vermeiden sollte. Damit wäre allen geholfen.



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