Leserbrief

Unser Leser Thorsten Wenzel, Am Oberberg, Kronberg, schreibt zur Diskussion über die Gemeinschaftsunterkunft im jüngsten Stadtparlament Folgendes: Die Kronberger Stadtverordnetenversammlung hat den Antrag der KfB, den Bau der Gemeinschaftsunterkunft (GU) für 95 Flüchtlinge im Grünen Weg zu stoppen, mit einem 15:15 Stimmenpatt abgelehnt. KfB und CDU argumentierten, dass der Bedarf für eine GU in dieser Größenordnung angesichts rückläufiger Flüchtlingszahlen nicht mehr bestehe und Mobile Homes je nach Bedarf an der Frankfurter Straße preisgünstiger seien. Die SPD, in Person des angehenden Bürgermeisters Christoph König, hielt dem entgegen, dass Kronberg seine Unterbringungsverpflichtungen für Flüchtlinge innerhalb des Hochtaunuskreises insgesamt nicht erfülle und auch in der Vergangenheit nicht erfüllt habe. Darüber hinaus wurde argumentiert, es müsse Ersatz geschaffen werden für die mittelfristig wahrscheinlich oder eventuell wegfallenden Unterkünfte an der AKS und im RPZ. Wer recht hat, ließ sich für den außenstehenden Beobachter nicht ohne Weiteres erkennen.

Des Rätsels Lösung lieferte möglicherweise FDP-Fraktionschef Walther Kiep mit einem engagierten Auftritt. Zunächst zählte er auf, dass Ersatz geschaffen werden müsse, für sechs Personen in der Unterkunft an der AKS, 13 im RPZ sowie sechs Obdachlose. Damit kann man natürlich noch keinen Bedarf für eine mehr als 3 Millionen Euro teure Unterkunft für 95 Personen rechtfertigen. Aber Kiep argumentierte auch nachdrücklich, man solle sich nicht einbilden, es würden in Zukunft keine Flüchtlinge mehr nach Deutschland und Kronberg kommen. Ein Hauch von großer Politik wehte durch die Stadthalle, als Kiep die krisenhaften Situationen im Libanon und in Äthiopien als mögliche Vorboten künftiger Flüchtlingsströme ansprach, auf die Kronberg sich mit der GU vorbereiten müsse. Der Beobachter konnte an dieser Stelle aber auch zu dem Schluss kommen, dass die großzügig dimensionierte GU nach gegenwärtigem Stand der Dinge und ohne imaginierte größere Flüchtlingszahlen also nicht gebraucht wird, sondern vielmehr ein Prestigeprojekt einiger Lokalpolitiker und der Stadtverwaltung ist.

Die potenziellen Implikationen einer GU für die Anwohner am Grünen Weg und insbesondere den dort gelegenen Kronberger Reitclub wurden bedauerlicherweise von niemandem erwähnt oder gar berücksichtigt. Bei einem anderen Thema des Abends, dem Dauerbrenner Philosophenweg, führte FDP-Mann Kiep die Anwohnerinteressen dagegen ausdrücklich ins Feld, als er darauf verwies, dass dies eine emotionale Angelegenheit sei, weil mancher dort schon in der Kindheit gespielt habe. Man muss halt Prioritäten setzen.



X