„Man muss die positiven Seiten sehen und neue Ideen entwickeln!“

Schon am Samstagmittag spazierten einige Fußgänger durch die Fußgängerzone und warfen dabei auch einen interessierten Blick in die frisch dekorierten Schaufenster. Durch die Lockerungen der strikten Beschränkungen ist die Altstadt wieder belebter. Foto: Puck

Kronberg (pu) – Vier Wochen lang wurde die Geduld von Einzelhandel und Bevölkerung durch den von Bund und Land am 23. März verfügten Lockdown mit dem Ziel der Eindämmung der Ausbreitung der Corona-Pandemie auf eine nervenzerreißende Probe gestellt.

Auflagen

Seit Montag sind im ersten Schritt zur Lockerung der strikten Beschränkungen auch in Kronberg im Taunus kleine und mittlere Geschäfte mit einer Verkaufsfläche bis zu 800 Quadratmetern unter der Auflage wieder geöffnet, strenge Schutzkonzepte mit Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten sowie Warteschlangen zu vermeiden. Als Richtwert gilt, pro angefangene 20 Quadratmeter für den Publikumsverkehr zugängliche Fläche darf sich nur ein Kunde im Laden aufhalten, um einen Abstand von mindestens 1,5 Metern zwischen Personen sicherzustellen. Besteht die Gefahr einer Unterschreitung, etwa in Kassenbereichen, müssen laut der bis 3. Mai befristeten jüngsten hessischen Corona-Verordnung Trennvorrichtungen vorgesehen werden. Spielbereiche für Kinder sind gesperrt. Größere Läden haben offen, wenn ihre Verkaufsfläche auf 800 Quadratmeter begrenzt wurde.

Maskenpflicht ab 27. April

Zudem wird ab 27. April in Hessen das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes in Läden und im Nahverkehr zur Pflicht. Aushänge zu den erforderlichen Abstands- und Hygienemaßnahmen müssen gut sichtbar angebracht sein. Unabhängig von der Größe der Verkaufsfläche durften darüber hinaus Autohäuser, Fahrradgeschäfte und Buchhandlungen wieder für Publikumsverkehr öffnen. Auch hier gelten die Zugangs-, Abstands- und Hygieneregeln. Im Gegensatz dazu gibt es keine Änderungen für die nach wie vor geschlossenen Restaurants und Gaststätten, die allerdings weiterhin nach vorheriger Bestellung entweder Essen ausliefern können oder die hungrige Kundschaft holt das Gewünschte ab. Ein Angebot, das dem Vernehmen nach in der Burgstadt zunehmend nachgefragt wird, unter anderem auch deshalb, weil immer mehr Gastronomen durch ihre Teilnahme diesen Servicegedanken stärken. Auf diese Weise lernen die Kronbergerinnen und Kronberger nicht nur die örtliche kulinarische Vielfältigkeit kennen und schätzen, sondern auch überraschende Kreativität wie beispielsweise die Idee des Drive-in-Abholservice der Brasserie Posthaus am Berliner Platz.

Entgegengekommen sind die politischen Entscheidungsträger nach Auskunft des Hessischen Wirtschaftsministeriums den Betreibern von Eisdielen. Zwar müssen deren Türen weiterhin geschlossen bleiben, dagegen ist nach neuer Regelung sowohl ein Ausliefern von Ware als auch der Verkauf an der Theke – bei Einhaltung der Abstandsregeln – erlaubt. Allerdings lediglich im Außer-Haus-Verkauf und ohne das Anbieten von Sitzgelegenheiten. Um Konflikte mit dem Abstandsgebot zu vermeiden, darf im Umkreis von 50 Metern jedoch kein Eis verzehrt werden. Des Weiteren ist die Lieferung an öffentlichen Plätzen, Parks, in Grünanlagen oder ähnlichen Örtlichkeiten strikt untersagt. Die bestehenden Kontaktsperren bleiben unverändert. Nach wie vor ist die Obergrenze für Ansammlungen auf maximal zwei Personen reduziert. Ausgenommen sind weiter gemeinsam in einem Hausstand wohnende Personen.

Noch bis 4. Mai müssen sich Friseure gedulden, bis sie unter Einhaltung der geltenden Hygiene- und Schutzmaßnahmen wieder zu Schere und Kamm greifen können.

Selbstredend kann alles andere als von einer Rückkehr zur bis März gekannten Normalität die Rede sein. Dennoch überwiegen, wie aus einer ersten kleinen Sammlung von Stimmen hervorgeht, bei allem Wissen um die Notwendigkeit der zu wahrenden Vorsicht, um die bisherigen Erfolge nicht zu gefährden, Erleichterung und zaghafte Zuversicht.

„Es ist schön, wieder aufzuhaben und relativ normale Zustände zu haben“, beschrieb Dirk Sackis, Inhaber der Kronberger Bücherstube in der Friedrich-Ebert-Straße, seine Gemütslage noch ganz unter dem Eindruck, dass über die Buchhandlung am Abend vorher ein Hessenschau-Bericht gesendet wurde. Gleichwohl achtet er penibel darauf, dass nicht mehr als fünf Kunden gleichzeitig im Laden sind.

Neukunden

Über einen positiven Nebeneffekt berichtete Joachim Klinger von „Klinger Delikatessen“ in der Tanzhausstraße: „Wir haben in den letzten Wochen viele Neukunden begrüßen können, die uns erst jüngst entdeckt haben!“ Darüber hinaus habe er von einigen Einzelhändlern erfahren, dass deren Online-Angebot rege genutzt worden sei. Andere beklagten einen massiven Einbruch bei der Nachfrage für Geschenkgutscheine. Durch die Lockerungen steige die Hoffnung, dass diese Entwicklung wieder gestoppt werden kann.

Bei aller momentan spürbaren Unsicherheit in puncto Zukunftsperspektive ist aus seiner Sicht dennoch das Gebot der Stunde: „Man muss die positiven Seiten sehen und nicht den Kopf in den Sand stecken!“ Es gelte, der Krise zu trotzen durch die Entwicklung von Ideen, Alternativen und neuen Formaten. Aus diesem Grund will er auch das im Juni geplante Erdbeerfest nicht vorzeitig abschreiben. „Man sollte zumindest einmal Überlegungen anstellen, unter welchen Voraussetzungen eine Durchführung eventuell machbar wäre!“

Kreativität und Unterstützung

Apropos Kreativität: Das vom Bund der Selbstständigen (BDS) aus der Taufe gehobene virtuelle Schaufenster unter www.wirliebenKronberg.de offenbart eine ganze Reihe Angebote, die von der kostenfreien Unterstützung von Kronberger Unternehmen bei der Auslieferung von Waren über Sonderaktionen bis zur Nutzung von Hotelzimmern als Büros reichen. Tief bewegt ist der BDS-Vorstand von der Spendenwelle. Ein herzliches Dankeschön geht daher an alle Spender, die den von der Corona-Krise betroffenen Geschäften, Lokalen, Betrieben etwas Hoffnung und Zuversicht gegeben haben! „Alle Beschenkten waren überwältigt, gerührt und zutiefst dankbar über die besondere ‚Hilfsbereitschaft‘ – dass an ‚sie‘ gedacht wurde“, findet der BDS-Vorstand herzliche Worte unter dem Eindruck des Wohlwollens, das mit den Spenden an die kleinen Betriebe in Kronberg ausgedrückt wurde. Es sei ein sehr wertvolles, wertschätzendes und hoffnungsfrohes Zeichen in Zeiten von Corona.

Wer dem Beispiel folgen möchte, hier noch einmal die Infos zum Spenden eines beliebigen Betrags auf das BDS-Konto w/ Corona-Hilfe, IBAN DE90 5019 0000 6200 6595 87 bei der Frankfurter Volksbank. Verwendungszweck: „Spende“ und die Nennung des Namens des Betriebes. Wer nicht möchte, dass der Name an den Empfänger weitergegeben wird, sollte dies vermerken. Auch die Mitglieder des Lions Club Kronberg im Taunus haben sich Gedanken gemacht, wie sie dem lokalen Einzelhandel und der hiesigen Gastronomie in dieser schwierigen Zeit behilflich sein können. Ziel war es, alle Geschäfte/Restaurants in Kronberg und Umgebung zu unterstützen, die dem Lions Club in den letzten Jahren mit Sachspenden oder Gutscheinen bei der Benefiz-Golfturnier-Tombola unterstützt haben und die jetzt Corona-bedingt schließen mussten. Bei dieser spontanen Aktion sammelte der Lions Club Kronberg im Taunus Geldzusagen in Form der Solidaritätsgutscheine von fast 4.500 Euro. Die Geldbeträge seien den Nutznießern bereits überwiesen worden. „Mancher Gewerbetreibende zeigte sich tief getroffen und positiv gerührt angesichts des unverhofften Geldsegens“, berichtet der PR-Beauftragte des Lions Club, Axel Stöckmann, Es gibt auch Einzelhändler, wie beispielsweise Marmelina, die für ihre Waren etwas mehr berechnen, um diesen Betrag einem guten Zweck zuzuführen.

Sorge

Sorge bereitet dagegen die sich rasch verbreitende Nachricht, dass der Schuhmacher in der Posthauspassage eine Absage für die Corona-Sofort-Hilfe erhalten habe. Begründet worden sei dies damit, dass die beiden jungen engagierten Betreiber das alteingesessene Geschäft erst vor zwei Jahren vom Vorbesitzer übernommen hätten. Nun wird von mehreren Seiten überlegt, wie geholfen werden könnte.

Hinsichtlich der aktuellen Situation ist jeder Einzelne gefordert, die Chancen der Lockerungen zu ergreifen, dabei jedoch mitnichten die strikten Auflagen außer Acht zu lassen, um persönlich dazu beizutragen, dass einerseits der örtliche Handel erhalten bleibt, andererseits ein neuerlicher Lockdown in jedem Fall verhindert wird.



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