Mehrheit im Bauausschuss empfiehlt nächsten Schritt am Bahnhofsquartier

Kronberg (pu) – Mit den fünf Stimmen von Bündnis90/Die Grünen, SPD, FDP und Unabhängiger Bürgergemeinschaft (UBG) hat eine Mitgliedermehrheit des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt (ASU) in seiner jüngsten Sitzung für den nächsten Schritt in Sachen „Quartier am Bahnhof Kronberg“ plädiert. Im Detail handelt es sich um das Klimaquartier Eckpunktepapier für den Realisierungswettbewerb für das Baufeld V.

Dagegen bekräftigten die jeweils zwei Vertreter von CDU und der Wählergemeinschaft „Kronberg für die Bürger“ (KfB) zum wiederholten Mal ihre ablehnende Haltung zur durch den Magistrat vorgelegten Stadtverordnetenvorlage. Neben der zum Ausdruck gebrachten Befürchtung, das Projekt könne bei Zustimmung trotz ausufernder Kosten nicht mehr gestoppt werden, halten die Christdemokraten laut ihrem Fraktionsvorsitzenden Andreas Becker, die Umsetzung des Projekts durch einen noch zu gründenden städtischen Eigenbetrieb prinzipiell „für das falsche Mittel.“ Alternativ werben CDU und KfB per von ihnen formuliertem Antrag für die Aufhebung des Beschlusses zur Gründung eines städtischen Eigenbetriebs „Wohnbau Kronberg“ gemäß Vorlage 5252/2019. Vor diesem Hintergrund wurde auf entsprechende Bitten hin über die beiden nächsten Punkte auf der Tagesordnung der ASU-Sitzung – die vom Magistrat vorgelegte Satzung Eigenbetrieb „Wohnbau Kronberg“ und den von den Fraktionen von CDU und KfB verfassten Antrag zur „Schaffung und Verwaltung von bezahlbarem Wohnbau in Kronberg“ – an diesem Abend nicht abgestimmt. Dazu gebe es noch Beratungsbedarf in den Fraktionen. Somit bleibt es weiterhin extrem spannend, ob das finale „Go“ zum nächsten Schritt im Bahnhofsquartier in der Parlamentssitzung am Donnerstag, 18. April, tatsächlich gegeben wird. Zum wiederholten Male hob Erster Stadtrat Heiko Wolf (parteilos) die Wichtigkeit dieses Realisierungswettbewerbs heraus, der dazu dienen soll, „Entwürfe zur künftigen Gestaltung des Baufelds V zu erhalten“. Der monetäre Einsatz dafür sei überschaubar, da von den 170.000 Euro anfallenden Kosten 140.000 durch das Land Hessen gefördert würden. Dazu müsste die Stadtverordnetenversammlung auf Grundlage des Eckpunktepapiers beschließen, den Realisierungswettbewerb „Quartier am Bahnhof Kronberg – Baufeld V / Klimaquartier“ auszuloben.

Eckpunktepapier

Das Eckpunktepapier behandelt die Rahmenbedingungen und Ziele der Entwicklung der als „Quartier am Bahnhof Kronberg – Baufeld V / Klimaquartier“ bezeichneten Baufläche (Drucksachennummer 5191/2023). Mit der Entwicklung der Fläche verfolgt die Stadt Kronberg eine Reihe von städtebaulichen, sozialen, ökologischen und ökonomischen Zielen. Hierbei stehen besonders die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum sowie die Errichtung eines städtisches „Leuchtturmprojekts“ als Klimaquartier im Vordergrund. Es wird eine Zertifizierung durch die Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen, mindestens im „Silber-Standard“ (Mindeststandard für Neubauten) angestrebt.

Ergebnis Machbarkeitsstudie

Demgegenüber steht das Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsberechnung der aktualisierten Machbarkeitsstudie der Bauland-Offensive Hessen GmbH vom 28. November 2023 (DS-Nr.: 5214/2023). Diese besagt, dass eine Entwicklung des Quartiers unter den angenommenen Rahmenbedingungen in der aktuellen Situation kaum wirtschaftlich darstellbar ist. Um diesem bereits in der Planung Rechnung zu tragen, wurde das Thema Wirtschaftlichkeit als wesentliches Kriterium in das Eckpunktepapier aufgenommen. Zum einen sind alle Entwurfskriterien unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit zu prüfen, zum anderen werden nachgelagert zum Ergebnis des Wettbewerbs seitens der Bauland-Offensive Hessen GmbH, die ein bis drei Wettbewerbssieger auf ihre Wirtschaftlichkeit hin überprüft.

Stellschrauben

Im Eckpunktepapier sind darüber hinaus die wesentlichen Voraussetzungen geschaffen, die es dem zukünftigen Eigenbetrieb ermöglichen, die in der Machbarkeitsstudie formulierten unterschiedlichen Stellschrauben anwenden zu können. Das ermöglicht die Erhöhung der Eigenkapitalrendite und infolgedessen die zu erzielende Wirtschaftlichkeit. Mindestens drei der fünf benannten Stellschauben - die Erhöhung der Bindefrist für den sozialen Wohnungsbau, die Erhöhung der Mietpreise für den „gedämpften“ Wohnungssektor und die Reduzierung des Grundstückpreises - sind hierbei entwurfsunabhängig und daher im Eckpunktepapier nicht weiter thematisiert. Um jedoch eine Erhöhung des geförderten Wohnungsbauangebotes sowie ein Angebot der Wohnungen zu Marktpreisen im Betrieb bei Bedarf zu ermöglichen, ist eine Flexibilität bei der Verteilung der Wohnsegmente bereits im Entwurf zu gewährleisten. Es sollen daher mindestens 80 Prozent der Wohneinheiten in einer Weise errichtet werden, die den Vorgaben der „Richtlinie des Landes Hessen zur sozialen Mietwohnraumförderung“ entsprechen. Somit ist für den Eigenbetrieb eine maximale Flexibilität hinsichtlich einer Verteilung von förderfähigen Wohnungen möglich, unabhängig von dem in der Machbarkeitsstudie definierten Ausgangspunkt der Verteilung von 40 Prozent förderfähigen Wohnungen zu 60 Prozent Wohnungen für „gedämpften“ Wohnraum.

Der Verteilungsschlüssel dieser Wohnungen ergibt sich aus dem ermittelten aktuellen Bedarf sowie dem beschlossenen Orientierungsrahmen (DS-Nr.: 5099/2017) und resultiert für insgesamt 53 Wohneinheiten (80 Prozent) in 26 Wohneinheiten für Ein- bis Zweipersonenhaushalte, 21 Wohneinheiten für Drei- bis Vierpersonenhaushalte und sechs Wohneinheiten für mehr als Vierpersonenhaushalte. Die übrigen 20 Prozent der Wohneinheiten können von den Wettbewerbsteilnehmern frei gestaltet werden.

Insgesamt ist zu berücksichtigen, dass die sehr hohen Anforderungen, die im Eckpunktepapier auf Basis der vorhandenen Stadtverordnetenbeschlüsse hin formuliert wurden, sehr schwer in Einklang mit den hohen Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit zu bringen sind. Die Errichtung von kostengünstigem Wohnraum im Zusammenspiel mit den diversen Vorgaben wie beispielsweise beim Thema der maximalen Bebauungshöhe, zu den Standards des Klimaschutzes, zu Maßnahmen der Klimafolgenanpassung und zu zusätzlichen öffentlichen Stellplätzen stehen im Widerspruch zu einer wirtschaftlichen beziehungsweise kostengünstigen Umsetzung des Vorhabens.

Ambitioniert und herausfordernd

Für die möglichen Wettbewerbsteilnehmer stellt das Eckpunktepapier damit eine ambitionierte und herausfordernde Aufgabe dar. Inwieweit abermals unter den aktuellen konjunkturellen Bedingungen die Wirtschaftlichkeit in den Entwürfen integriert werden kann, bleibt damit offen.

Das Wettbewerbsverfahren

Um einen qualitativ hochwertigen und innovativen Entwurf zu ermöglichen, soll ein einstufiger Realisierungswettbewerb laut Richtlinie für Planungswettbewerbe (RPW 2013) ausgelobt werden. Das Wettbewerbsverfahren wird vom Land Hessen durch das Förderprogramm „Nachhaltiges Wohnumfeld“ gefördert. Die im Eckpunktepapier formulierten Planungsziele wurden in Zusammenarbeit mit dem wettbewerbsbetreuenden Büro „BSMF mbH“ sowie der zum Thema der Energieeffizienz beratenden „ina Planungsgesellschaft mbH“ formuliert. Auf Grundlage der Kriterien und nach Abstimmung der Wettbewerbsunterlagen mit der Architektenkammer Hessen wird das Wettbewerbsverfahren nach dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung voraussichtlich Mitte Mai bekannt gegeben und der Realisierungswettbewerb anschließend ausgelobt. Das Preisgericht bewertet im Rahmen einer Preisgerichtssitzung die eingereichten Wettbewerbsarbeiten nach den in der Ausschreibung bekannt gemachten Kriterien. Eine prozentuale Gewichtung der Kriterien im Vorfeld erfolgt nicht, sondern es obliegt dem Preisgericht im Rahmen der Preisgerichtssitzung ein bis drei Preisträger auszuwählen und für die jeweiligen Entwürfe – wenn erforderlich – mögliche Optimierungspotentiale aufzuzeigen. Das Preisgericht spricht eine Empfehlung für die weitere Beauftragung (Planungsleistungen bis voraussichtlich Leistungsphase 5 nach Honorarordnung für Architekten) aus. Als Preisgeld wird das Honorar der Leistungsphase 2 nach Maßgabe des Preisgerichts auf die Preisträger verteilt.

Zusammensetzung des Preisgerichtes

Vier Fachpreisrichter (Fachpreisrichter der Fachdisziplinen Architektur / Städtebau und Energie / TGA) und drei Sachpreisrichter (Bürgermeister, Erster Stadtrat und Stadtverordnetenvorsteher) sind stimmberechtigt und entscheiden über den Ausgang des Wettbewerbs. Das Preisgericht wird durch eine noch nicht festgelegte Anzahl an Sachverständigen, welche nicht stimmberechtigt sind, beraten. Die Sachverständigen setzen sich im Wesentlichen aus Vertretern der verschiedenen Fachdisziplinen aus der Verwaltung, der Bauaufsicht sowie sonstigen Fachpersonen zusammen. Darüber hinaus sollen der Vorsitzende des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt und zwei Bürger-Sachverständige beteiligt werden. Um es dem städtischen Eigenbetrieb zu ermöglichen, bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen, ist die Wirtschaftlichkeit der entsprechenden Entwürfe von entscheidender Bedeutung. Im Anschluss an die Preisgerichtssitzung erfolgt daher eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der ein bis drei Siegerentwürfe durch die Bauland-Offensive Hessen GmbH. Im anschließenden Vergabeverfahren wird laut Vergabeverordnung zur Auftragsverhandlung der weiteren Planungsleistungen eingeladen, sobald das Ergebnis des Planungswettbewerbs realisiert werden soll. Die Beauftragung der weiteren Planungsleistungen erfolgt gemäß der Richtlinie für Planungswettbewerbe (RPW 2013 nach § 8 Absatz 2) unter Würdigung der Empfehlungen des Preisgerichts durch den dann arbeitsfähigen Eigenbetrieb Wohnen, sofern kein wichtiger Grund der Beauftragung entgegensteht.

Flammender Appell

Bemerkenswert war im Verlauf der jüngsten ASU-Sitzung der gemeinsame Appell von Daniel Rinck (Geschäftsführer des Projektentwicklers Contraco und Bauherr von Hotel und Tiefgarage), Frederik Roth von der Real KG als Sanierer des historischen Bahnhofsgebäudes und Raimund Trenkler (Gründer und Intendant der Kronberg Academy und Bauherr des Kammermusiksaals (Casals Forum) sowie des angeschlossenen Studien- und Verwaltungsgebäudes, der nach Möglichkeit noch den Bau eines Studentenwohnheims am Fuße der Schillergärten beabsichtigt. Unter dem Eindruck der mittlerweile seit über 25 Jahren sich hinziehenden Diskussionen um das künftige Erscheinungsbild des Bahnhofsquartiers baten die drei Herren mit eindringlichen Worten dieses „endlich fertigzubringen“. Nach den schon geleisteten erheblichen privaten Investitionen in diesem Bereich gelte es auf den Punkt gebracht für die Stadtverordneten, „die Mittel für eine Investition in die Hand zu nehmen und die Zukunftschance zu ergreifen, von deren Qualität Ihre und unsere Kinder und Kindeskinder“ noch profitieren werden.“



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