Musik hautnah – Casals Forum lädt zu Klängen in ihrer schönsten Form ein

v.l.n.r. Die Geigerin Maria Ioudenitch im musikalischen Dialog mit Robin Ticciati und dem Orchestra of Europe Fotos: Lutz Sternstein

Kronberg (aks) – Das erlesene Musikprogramm des Jubiläumsfestivals „30 Jahre Kronberg Academy“ lockte am Donnerstagabend ein großes Publikum in den inzwischen weltweit renommierten Kammermusiksaal mit der viel gelobten Akustik nach Kronberg. Genau vor einem Jahr wurde das Casals Forum mit einem Großaufgebot an Politikern und Kulturschaffenden eröffnet. Das Konzert „Musik, Mensch und Erde“ mit dem charismatischen Dirigenten Robin Ticciati, der mit viel Empathie und „good vibrations“ das Chamber Orchestra of Europe zu einer Glanzleistung führte, wurde wie erwartet zu einer Sternstunde der Musik.

Schubert und Mozart

Die Solisten und Orchestermitglieder strahlten im hell erleuchteten Konzertsaal genauso wie die Zuschauer, sie schienen auf der fast ebenerdigen Bühne zum Greifen nah. Diese Nähe spiegelte während des Konzerts Emotionen in Echtzeit – auf beiden Seiten. Hautnah Musik erleben – so lautete das Versprechen der Veranstalter, und tatsächlich sprangen die Funken von Anfang an über.

Die Violonistin Maria Ioudenitch faszinierte mit ihrer Interpretation des Konzerts für Violine und Orchester in D-Dur von Schubert und stimmte, stets in engem Dialog mit dem Dirigenten, alle Anwesenden auf ein einzigartiges Musikerlebnis ein.

Maria Ioudenitch kam von Boston an die Kronberg Academy, wo sie, wie sie fröhlich erzählt, die „Community“ von Menschen aus der ganzen Welt schätzen lernte, die für sie wie eine Familie waren: auch ein Grund, warum sie immer gern nach Kronberg zurückkehrt. Auch soziales Engagement steht für die jungen Musiker von heute auf dem Lehrplan der Kronberg Academy: „Fair play“ heißt die Aktion, für die sich auch Ioudenitch engagiert und das Sinfony Orchestra of Ukraine mit sehr jungen Musikern unterstützt: „Suppport and uplift People in need“. Da pflichtet ihr Kirill Gerstein bei, der Mozarts Klavierkonzert Nr. 17 G-Dur an diesem Abend mit dem Orchester zu einem großen Musikerlebnis macht.

Sein Spiel ist herrlich leicht und voller Freude, wie eine Einladung zum Tanz. Er bestärkt die junge Geigerin, dass sich ein Wandel in kleinen Schritten vollziehen könne und dass gerade die Musik und besonders ein Konzert die Menschen verändere.

Vor 20 Jahren war er noch Student an der Kronberg Academy, heute sitzt er als gefeierter Solist am Flügel in diesem „wunderschönen Saal“. In seiner kurzen Ansprache zeigt er sich beeindruckt von Raimund Trenkler, der seine Vision von einem Ort, an dem Musik gelebt und erlebt wird, verwirklicht hat: „Musik, die das Beste in uns wecken soll“. Gemeinsam drücken die beiden ihre Begeisterung musikalisch aus mit einer gemeinsamen Zugabe von Fritz Wiessner, einem Schüler von Anton Bruckner.

Der Dirigent Robin Ticciati, Musikdirektor des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin und der Glyndeborne Festival Opera, beeindruckt durch sein charismatisches Auftreten. Er versprüht gute Laune und lässt trotz höchster Präzision in seinen Gesten eine Herzlichkeit und Nähe zu „seinen“ Musikern spüren, die ansteckt. Dabei gibt er den Solisten viel Raum, und manche Pause zögert er hinaus, als genieße er die Stille.

Alpenglühen mit Mahler

Nach der Pause dann mit Hochspannung vom Publikum erwartet: „Das Lied von der Erde“ von Gustav Mahler. Der Liederzyklus ist eines seiner letzten Werke, dessen Uraufführung 1911 er nicht mehr erlebt hat. Mahler selbst war sich unsicher, ob die Wirkung nicht zu düster sei: „Was glauben Sie? Ist das überhaupt zum Aushalten? Werden sich die Menschen nicht danach umbringen?“ An diesem Abend hält vor allem die trostreiche warme Stimme der Mezzosopranistin Gerhild Romberger die Zuhörer von allzu traurigen Gedanken ab. Schließlich geht es im Lied „Abschied“ nicht nur um Tod und Vergänglichkeit, sondern um Hoffnung und Zuversicht und dass Mutter Erde es wohl meint mit uns Menschen: „Die liebe Erde allüberall blüht auf im Lenz und grünt/Aufs neu! Allüberall und ewig blauen Licht die Fernen!/ Ewig...ewig ...“

Als Duo mit dem Tenor Allan Clayton, der sich fast übermütig am Jammer der Erde zu berauschen scheint ebenso wie an der Kraft des Neuanfangs im Frühling, gelingt der Mezzosopranistin ein vokales Alpenglühen, aus der Dunkelheit in einen neuen Frühling mit Vogelgesang, das die Seele erschüttert.

Ticciati steht eine Weile schweigend vor seinem Orchester und scheint die Stille nach dem Mahler-Sturm in sich nachwirken zu lassen, dann erhebt sich ein tosender Applaus als Dankeschön an alle Künstler.

Das Kronberg Festival ist bis zum 3. Oktober zu erleben, mit Mittwochskonzerten, öffentlichen Proben, Classic for Kids und der Geigenbaumesse Vioviva.



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