Kronberg (pf) – Auch wenn man kein ausgesprochener Schlagerfan ist: Den unterhaltsamen Samstagabend mit der amerikanischen Sängerin Peggy March im Festsaal des Altkönig-Stifts wird man noch lange in guter Erinnerung behalten und so schnell nicht vergessen. Denn die am 8. März dieses Jahres 75 Jahre alt gewordene Schlagerikone, die in den 1960er und 1970er Jahren fast wöchentlich in den zahlreichen Schlagersendungen im deutschen Fernsehen auftrat, kann nicht nur immer noch kraftvoll, aber auch in zarten Tönen Songs vollendet vortragen, wovon sich das Publikum am Abend immer wieder überzeugen konnte, sondern auch schreiben, wie erfolgreiche Liedtexte vergangener Jahre und aktuell ihre Autobiografie beweisen.
Die erschien pünktlich in diesem Jahr zu ihrem Geburtstag unter dem Titel „I will follw me – Wie ich anfing, ich selbst zu sein“. Damit erinnerte sie an ihren allerersten Schlager „I will follow him“, mit dem die damals gerade erst 15jährige „Little Peggy March“ 1963 sofort auf Platz 1 der amerikanischen Charts landete – als jüngste Künstlerin, der das jemals gelungen ist, ein Rekord, den sie bis heute hält. „Ich bin Amerikanerin, obwohl ich viele Jahre lang in Deutschland gelebt habe“, stellte sie sich im Altkönig-Stift vor. Denn nachdem sie 1965 mit dem Lied „Mit 17 hat man noch Träume“ die deutschen Schlager-Festspielen in Baden-Baden vor der zweitplatzierten Wencke Myhre und der drittplatzierten Siw Malmkvist gewonnen hatte und ihre internationale Karriere Fahrt aufnahm, war sie 1969 mit ihrem Mann und Manager nach München gezogen, wo 1974 ihre Tochter Sandy zur Welt kam und wo sie bis zu deren Einschulung im Jahr 1981 lebte.
Dass sie mit der deutschen Sprache trotz dieser vielen Jahre immer noch ein paar Schwierigkeiten hat, merkte man ihr nur beim Vorlesen aus ihren Memoiren an, die sie – wie sie sagte – gemeinsam mit einer aus Bremen stammenden Journalistin verfasste. Wenn sie aber das Buch beiseite legte und frei von der Leber weg mit viel Temperament und Schlagfertigkeit hinreißend Anekdoten aus ihrem bewegten Leben zum besten gab, merkte man davon nichts mehr.
Und sie traf viele berühmte Schlagerstars, von Caterina Valente, die damals bei ihrem Erfolg in Baden-Baden im Publikum saß, über Mary Roos, bei der sie bis heute in Hamburg gern gesehener Gast ist, Peter Kraus, Roberto Blanco und Rex Gildo, mit denen sie für Fernsehsendungen oft wochenlang täglich probte, bis hin zu Costa Cordalis, der bei diesen gemeinsamen Proben ihre noch kein Jahr alte Tochter mittags fütterte, damit sie selbst zum Essen kam. Viele Bilder, die hinter ihr auf einer Leinwand zu sehen waren, untermalten diese Erzählungen.
„Musikalische Lesereise“ hatte sie als Titel für ihre Jubiläumstournee in diesem Jahr gewählt. Und dass ihre Fangemeinde bis heute existiert, bewiesen viele Besucherinnen und Besucher in den ersten Reihen des Festsaals. Einer erzählte seinem Sitznachbarn, dass er eigens 240 Kilometer aus einer kleinen Stadt in Württemberg nach Kronberg gekommen sei, um Peggy March zu sehen und zu erleben. Als ihr wenig später beim Erzählen plötzlich die Nase lief, sprang er sofort auf und reichte ihr ein Päckchen Taschentücher auf die Bühne, das sie dankbar annahm.
45 Jahre war sie mit ihrem 22 Jahre älteren Ehemann und Manager Arnie Harris verheiratet, der ihr viele Jahre lang von Verhandlungen über Verträge bis hin zu ganz alltäglichen Aufgaben alles abnahm, ihr sogar in ihrem ersten Jahr in München einen Weihnachtsbaum bastelte, weil es in der Stadt keinen mehr zu kaufen gab, wie sie erzählte. Aber als er im Alter an Krebs erkrankte, war sie es, die ihn liebevoll pflegte und plötzlich alle anfallenden Aufgaben vom Buchen von Flugtickets bis hin zur Bezahlung aller Haushaltsrechnungen übernehmen musste. Was sie, wie sie bekannte, einmal vergaß, so dass ihnen fast das Wasser abgestellt worden wäre.
„Selbständig zu werden, war schwer“, bekannte sie, nachdem ihr Mann im Jahr 2013, in dem sie 65 Jahre alt wurde, starb. 45 Jahre habe niemand sie gefragt: Was willst du? Auf ihr Bauchgefühl zu hören und darauf zu vertrauen, habe sie erst wieder lernen müssen und ihre Autobiografie sei eigentlich eine Ode an das Bauchgefühl, meinte sie. „Musik ist mein Leben“, bekannte Peggy March und sie sei glücklich, dass sie ihr Leben lang das machen durfte, was ihr schon als Kind das Wichtigste war, nämlich zu singen. Dass sie dabei so große Erfolge feiern konnte, habe aber sicher auch daran gelegen, dass sie oft zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. „Ich hatte viel Glück“, zog sie rückblickend Bilanz und gab ihrem Publikum zum Abschied den Rat mit auf den Weg: „Ob mit 17 oder mit 70 – hört nie auf zu träumen!“
Schlagfertig, humorvoll, hinreißend und temperamentvoll erzählte Schlagerikone Peggy March im Altkönig-Stift aus ihrem Leben und bewies, am Keyboard begleitet von Kim Leonores, dass sie noch immer eine wunderbare Sängerin ist.
Foto: Wilfried Schumacher