Regulärer Unterricht, wie hier im Bild, ist in Nepal seit März 2020 nicht möglich – die Schulen, Berufsbildungszentren und Kindergärten bleiben weiter geschlossen. (Ramechhap, Nepal, 2020)
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Kronberg (kb) – Rund 30 Klassen verschiedener Kronberger Schulen und private Spender*innen engagieren sich seit über 20 Jahren zuverlässig für circa 125 Schülerinnen und Schüler in Nepal. Auch während der langen Phase des Lockdowns hier in Deutschland gelang es den „Patenklassen“, die geplanten Spenden einzusammeln. Die Unterstützung wird in den entlegenen Bergdörfern in der armen Region Rhamechhap (Nepal) nach wie vor dringend benötigt. Es sind vor allem die ärmsten Teile der Bevölkerung, die unter den Folgen der Krise leiden. Inzwischen steigen auch in Nepal, wie in viele anderen südasiatischen Ländern, die Fallzahlen exponentiell an. Das Land gerät nun mit einiger Verzögerung in den Strudel des Ansteckungsgeschehens. Die durch den langen landesweiten Lockdown gewonnene Zeit wurde allerdings kaum zur Vorbereitung der Krankenhäuser und zum Aufbau von Testkapazitäten genutzt.
Jede Woche kommen neue Berichte über Korruptionsfälle bei der Beschaffung von Schutzausrüstung oder Testkits ans Licht, häufig mit Vertretern der Regierung oder des Militärs in Hauptrollen.
Steigende Not und Frustration in der Bevölkerung
Ende Mai begannen die ersten Ladenbesitzer in Kathmandu, die strikten Lockdown-Verordnungen der Regierung zu ignorieren. Um Einkommen zu erzielen, öffneten sie trotz der verordneten Beschränkungen zum Verkauf. Auch Teile der Bevölkerung setzten sich über die Ausgangsbeschränkungen hinweg. Die Polizei reagierte mit Passivität. Ab Juni gingen Demonstranten in Kathmandu gegen die Korruption auf die Straße. Vereinzelt kam es zu Ausbrüchen von Gewalt.
Exponentiell steigende Corona-Fallzahlen
Mit dem zurückkehrenden Leben auf den Straßen des Landes stiegen ab Anfang Juni auch die dokumentierten Infektionen. Kathmandu wurde zum Hotspot. Aber auch in den Grenzregionen zu Indien stieg die Anzahl der positiv Getesteten durch die heimkehrenden Gastarbeiter aus Indien. Am 19. August wurde für das Kathmandu-Tal erneut eine umfassende Ausgangssperre erlassen. Seit Anfang September werden täglich mehr als 1.000 neue Corona-Fälle gemeldet.
In den Bergen Ramechhaps hat die Krise bisher nur indirekte Auswirkungen. Bestätigte Infektionsfälle gab es nur vereinzelt. Das Virus konnte sich noch nicht ausbreiten, auch dank der frühen Nothilfe von Childaid Network. Diese umfasste Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung, Trainings für die Mitarbeiter im Gesundheitsbereich sowie die Ausrüstung der Gesundheitsstationen. Aufgrund der Bewegungs- und Unterrichtsbeschränkungen ist reguläre Projektarbeit allerdings weiterhin nur eingeschränkt möglich.
Alternativen im Bildungsbereich
Digitaler Unterricht, Online-Lernportale oder Videokonferenzen sind in der armen, abgelegenen Region kaum realisierbar. Das einzige Medium, mit dem alle Schüler erreicht werden können, ist das Radio. Lokale Partnerorganisationen von Childaid Network wie FRADS, Seto Gurans und CT Nepal haben Konzepte entwickelt und eingeführt, um trotz geschlossener Schulen Lernen weiter zu ermöglichen.
Zu festen Zeiten werden jeden Tag Unterrichtsstunden im Radio gesendet: Spannende Geschichten für die Kleinsten; Mathematik, Nepali und Englisch für die Größeren. Ergänzt wird dies durch Aufgaben für zuhause und telefonischen Kontakt von Lehrern mit ihren Schülern.
Das Montessori-Zentrum im ehemaligen Kinderhaus in Bhandar ist, wie alle anderen Lerneinrichtungen, seit Mitte März geschlossen. Die Mitarbeiterinnen dort haben sofort begonnen, wöchentlich Lernpakete zu packen, die von den Kindern und Eltern abgeholt werden. So bleibt auch zuhause spielerisches Lernen möglich. Im Zentrum selbst wurde die Zeit für kleinere Bauarbeiten genutzt.
Reguläre Projektarbeit eingeschränkt
Das seit einigen Jahren laufende Berufsbildungsprojekt der Königsteiner Stiftung, das auch durch BMZ-Mittel gefördert wird, pausiert leider. Trotz Vorlage geeigneter Hygienekonzepte liegt noch keine Genehmigung für die Fortsetzung des Unterrichts vor. Telefonisch sind die Mitarbeiter mit den Auszubildenden und Jungunternehmern jedoch in Kontakt. Trotz dieser Rückschläge setzen sich die Partner von Childaid weiter dafür ein, die Projektaktivitäten fortführen zu dürfen. Das erfordert in Nepal Geduld und vor allem viel Fingerspitzengefühl.
Langfristige Auswirkungen
Die Corona-Krise hat die zwei großen Einkommensquellen des Landes ausgetrocknet. Im Tourismus-Sektor haben 60 Prozent der Angestellten ihren Job verloren. Viele Reiseveranstalter und Restaurants haben bereits dauerhaft aufgegeben. Außerdem brachen die Überweisungen der nepalesischen Gastarbeiter aus dem Ausland weg. Eine wirtschaftliche Wiederbelebung ist frühestens im zweiten Halbjahr 2021 zu erwarten. Die wirtschaftliche Krise wird das Bildungssystem für die nächsten Jahre schwächen, denn finanzielle Ressourcen werden knapp. Gerade unter diesen Vorzeichen sind Projekte für gute Bildung wichtiger denn je. Der Schulbesuch liegt heute bei 80 Prozent für die geförderten Patenkinder.
Wer Childaid Network darin unterstützen möchte, in dieser Krise zu helfen, der spendet an: DE96 5004 0000 0375 5055 00, Stichwort Nepal.