Kronberg (kb) – In dieser Werkstatt wurde ohne Frage Orgelgeschichte geschrieben. An den Wänden werden Bilder von Prachtexemplaren gezeigt, die das Können der Handwerker dokumentieren, die mittlerweile rund 100 dieser Kircheninstrumente gefertigt haben. Die Firma Mühleisen ist hier zuhause, die im Herzen von Leonberg, hart an der Grenze zu Stuttgart, 20 Mitarbeiter beschäftigt. Sie gehört zur ersten Garnitur der deutschen Orgelbauer. Was diesen Betrieb verlässt, hat einen tadellosen Klang. Das wird man in Zukunft in Sanya Juu zu schätzen wissen, wenn im Verlauf des Sommers eine Orgel aus der schwäbischen Manufaktur in der Magnificatkirche ihren Platz gefunden hat und intoniert ist. Auf diese Weise führt die Kooperation der Kronberger Afrikahilfe von Max-Werner Kahl mit dem renomierten Betrieb zu einem gelungenen Ende. Die Werkstatt von Mühleisen, in der seit mehr als 80 Jahren der Orgelbau gepflegt wird, haben imposante Instrumente verlassen. Kirchenmusiker spielen auf ihnen unter anderem in Bamberg, Budapest, Hamburg und auf Sylt. Die Ansehnlichsten ragen bis zu zehn Meter empor, haben mehrere hunderttausend Euro gekostet und bringen es auf 92 Register. Dagegen wirkt die Kompaktorgel für Tansania mit ihren 3 mal 2 Meter-Maß nahezu unscheinbar. Das Instrument diente bislang als eine Art „Notnagel“, wurde für bestimmte Anlässe verliehen und erfüllte ihren Zweck auch im Ausland. Doch sie wird von allen Mühleisenorgeln die weiteste Reise antreten. Nach 30 Tagen sollen die fünf Transportkisten in Mombasa, an der kenianischen Küste ankommen. Ursprünglich sollte sie das Ziel unterhalb des Kilimandscharo im Mai erreichen, doch die Orgelbauer Christof Lehnert und Lukas Degler machen das Instrument in ihrer Freizeit reisefertig und der Broterwerb geht vor. Die beiden sind vor einem Jahr im Internet auf die Kronberger Initiative aufmerksam geworden und haben spontan beschlossen, dass die Kompaktorgel nunmehr im Afrika einen festen Standplatz finden soll. Max-Werner Kahl, seit 1994 unermütlich für Sanja Yuu auf Achse, ist optimistisch, dass die generalüberholte Orgel den Musikunterricht des benachbarten Schulzentrums bereichern wird. Dieser Tage ist eine Delegation nach Leonberg gefahren und Max-Werner Kahl nahm die Orgel in Begleitung der Schwestern Serapia und Suzana in Augenschein und überzeugt sich, dass der Transfer nach Afrika auf einem guten Weg ist. Dabei ist auch der einstige Bad Homburger Stadtrat Wolfgang Herder, ein Freund und Förderer der Afrikahilfe. Lehnert spricht mit den Schwestern über die umfangreichen Formalitäten, die mit der Orgelausfuhr verbunden sind. Firmenchef Rainer Knittel sagt, innerhalb der Europäischen Union (EU) seien die Regularien vergleichsweise einfach, aber in diesem Fall feiere die Bürokratie „fröhlich Urstände“. Eine Ausfuhrgenehmigung liegt bereits vor. Der Orden vom Heiligen Geist, dessen Zentrale im hinteren Winkel Mammolshains liegt, tritt als Absender der Fracht auf und wird den Weitertransport von Mombasa zum Zielort am Rande der Serengeti organsieren. Für die Schwestern ist das kein Neuland, denn medizinisches Gerät wurde von hier bereits zu ihrem Stützpunkt in Tansanias verschifft. Rund 400 Ordensfrauen arbeiten in Sanya Juu als Pädagoginnen, Krankenschwestern und in der Landwirtschaft. Die Finanzierung des Orgel-Projektes ist gesichert, denn dafür hat der umtriebige Max-Werner Kahl mit einer Spedenaktion gesorgt, bei der Waldhonig für kanpp sieben Euro das Glas feilgeboten wird. Die Stadt Kronberg ist mit gutem Beispiel vorangegangen, hat 75 Gläser erworben und eine zweite Tranche nachgeordert. Als Sponsor trat auch eine Oberhöchststädter Metzgerei auf, die sich mit einer großzügigen Spende beteiligte. Nun denkt Kahl über ein Sonnenkraftwerk für Afrika nach.
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