Kronberg (war) – Heute ist Fasten wieder en vogue, aber nur noch selten aus religiösen Gründen, sondern primär der Gesundheit wegen. Am bekanntesten sind das Intervall- und intermittierende Fasten, Fasten nach Buchinger oder Mayr sowie das Basen- und Wasserfasten. Diesbezüglich wird heftig diskutiert, welche Form der Nahrungsreduktion am besten ist und der „Fastentourismus“ bietet inzwischen in noblen Kliniken und Gesundheitsressorts an schönen Orten für viel Geld wenig Nahrung an. Am besten wird gleich ein teurer Yoga- und Entspannungskurs mit begleitenden Achtsamkeitselementen dazu gebucht, um die Hungergefühle besser ertragen zu können. So soll das Fasten unter anderem bei Entzündungen an den Gelenken, chronischen Schmerzen, Migräne, Bluthochdruck bis hin zur Fettleber und bei Depressionen wirksam sein. Viele Studien sind dazu durchgeführt worden. Von daher gesehen waren die strengen kirchlichen Fastengebote mit ihrer temporären Nahrungskarenz wohl gar nicht so verkehrt. Im Mittelalter waren unter anderem Fleisch und Milchprodukte, wie Käse und Butter, sowie Eier als „flüssiges Fleisch“ verboten. Diese Verbote kommen der aktuell weit verbreiteten und propagierten veganen Ernährungsbewegung sehr entgegen – einst zu Gunsten des eigenen Seelenheils, jetzt zur Rettung des Klimas. Während heute Hühner in den warmen Ställen ganzjährig Eier legen, kamen sie dieser Aufgabe früher in der kalten Jahreszeit hingegen kaum nach. Nach der eierlosen Winterpause legten sie dafür im Frühjahr wieder umso mehr Eier. Diese eingesammelt waren als Zins-Eier bei der Grundherrschaft als Naturalabgabe abgabepflichtig. Mancherorts war dafür ein Hühnervogt zuständig. Wenn dann noch Eier übrig blieben, wurden diese am Ostersonntag verzehrt oder verschenkt. Um die gekochten von den ungekochten unterscheiden zu können, wurden erstere oft eingefärbt. So entstand das bunte Osterei anfangs aus ganz praktischen Gründen.
Papst Julius III. lockerte das strenge Fasten im 16. Jahrhundert. Der Verzehr von Eiern und Milchspeisen waren ab jetzt erlaubt. Das Fleisch warmblütiger Tiere blieb hingegen weiterhin verboten. Fisch durfte konsumiert werden, war aber meist sehr teuer. Viele Klöster und Güter Adliger unterhielten Fischzuchten und verdienten vor allem während der Fastenperioden gut daran. In der Urkirche wurde anfangs nur an Karfreitag und Karsamstag gefastet. Ab dem 3. Jahrhundert setzte sich das österliche Fasten in der gesamten Karwoche mehr und mehr durch. Daraus entwickelte sich sukzessive das 40-tätige Fasten, das an den Gang Jesu in die Wüste erinnern soll. In dieser Zeit fastete und betete Gottes Sohn, um sich auf sein öffentliches Auftreten, das letztlich in seinem Kreuzestod mündete, vorzubereiten. Dreimal wurde er dabei vom Teufel in Versuchung geführt, widerstand aber erfolgreich. Genauso sollen die Christen in der Fastenzeit den Verlockungen Paroli bieten um sich durch Gebet und innere Sammlung auf das Osterfest vorzubereiten. Heute besteht in der katholischen Kirche nur noch an Aschermittwoch und Karfreitag ein Fasten- und Abstinenzgebot für Gläubige vom 18. bis 60. Lebensjahr. An beiden Tagen soll lediglich eine einfache, sättigende Mahlzeit ohne Fleisch konsumiert werden. Neben der 40-tägigen Fastenzeit vor dem Osterfest war früher auch ein vorweihnachtliches Adventsfasten üblich. Dieses begann direkt nach dem Martinsfest am 11. November, an dem noch einmal tüchtig zugelangt wurde und bis heute die Martinsgans erinnert. Gefastet werden sollte in der Adventszeit bis zum 25. Dezember jeweils am Montag, Mittwoch und Freitag. Das Adventsfasten wurde 1917 offiziell vom Vatikan eingestellt. Im damaligen ersten Weltkrieg gab es vielerorts ohnehin kaum etwas zu essen. In der orthodoxen Kirche hält es sich hingegen bis heute. Außerdem gab es früher noch zusätzliche Fastenzeiten, wie das Vigilfasten vor hohen Feiertagen. Dazu zählen Maria Himmelfahrt und Pfingsten neben Gedenktagen hoher Heiliger, beispielsweise zu St. Peter und Paul am 29. Juni. Weit verbreitet war früher auch das so genannte Quatemberfasten anlässlich der vier Jahreszeiten. So kamen jährlich zwischen 150 bis 200 Fastentage zusammen.
In der Frühzeit der Kirche wurde die Taufe ausschließlich in der Osternacht gespendet. Nur Taufbewerber und aus der Kirche Ausgestoßene, die sich der österlichen Fastenzeit unterzogen hatten, wurden als Täuflinge zugelassen. Noch heute wird das Taufwasser in der Osternacht geweiht und die Gläubigen erneuern ihr Taufversprechen.