Kronberg(hmz) – Tief durchatmen, es geht in den Wald. Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) ist seit ihrer Gründung auf Bundesebene vor über 75 Jahren der Garant für aktiven Naturschutz. „Der Wald ist unsere Sache“, so der selbstbewusste Slogan, was so viel heißt wie: Es ist keine Sache der Bäume, sondern eine Sache der Menschen. „Der Wald braucht die Hilfe aller. Darum engagiert sich die SDW mit Kooperationen dafür, die großen zerstörten Flächen wieder zu bewalden. Wenn hierbei neue Bäume gepflanzt werden müssen, versuchen wir – wo möglich – Bürgerinnen und Bürger einzubinden. Dies ist eine Möglichkeit, Menschen für den Wald und seine Erhaltung zu begeistern.“ Der SDW-Vorsitzende der Ortsgruppe Kronberg, Horst Lorenz, zugleich auch Schutzbeauftragter der Oberen Naturschutzbehörde für die Naturschutzregion Hinterste Neuwiese und das Waldwiesenbachtal sowie als Mitglied im Insektenbündnis und Klimabeirat engagiert, als auch der Ehrenvorsitzende, Prof. Erlend Martini, ziehen Bilanz. Die SDW-Ortsgruppe Kronberg besteht seit 50 Jahren und seit Beginn hätten Baumpflanzungen einen zentralen Bereich ihrer Arbeit ausgemacht. „Als Folge des Klimawandels sind unsere Wälder so schwer geschädigt, dass sie ihre kulturelle, ökologische und wirtschaftliche Funktion nicht mehr erfüllen können. Auf vielen Standorten ist die Fichte gefährdet und wird auch in Zukunft dem Borkenkäfer zum Opfer fallen.“ Tausende Fichten sind bereits durch die Trockenzeiten und den Borkenkäferbefall abgestorben, daher die zahlreichen Kahlflächen in Waldgebieten.
Doch auch viele Laubhölzer würden immer mehr Anzeichen dafür zeigen, dass sie mit den veränderten Bedingungen nur schwer zurechtkommen. „Damit unsere Wälder all die Leistungen, von denen wir abhängig sind, weiter erbringen können, ist es erforderlich, der Natur – wenn nötig – unter die Arme zu greifen. Hier sehen wir unsere Verantwortung.“ Ein weiteres Problem: Nach dem Krieg habe es einen hohen Bedarf an Bau- und Brennholz gegeben, was zu einer Übernutzung der Wälder geführt habe.
Aktuelle Pflanzaktion
Aufgeforstet wurde in jüngster Zeit durch eine großzügige Spende des Restaurants „Bürgelstollen“ am Rückhaltebecken am Oberen Kellergrundweg, die „Allee der Bäume des Jahres“ wurde gepflanzt, die entlang des Hans-Streun-Weges führt und an den sehr beliebten Revierförster erinnert. Aktuell ist eine Pflanzaktion mit 1.000 Setzlingen längs des Arbeiterweges geplant, „das können wir nicht mit unseren Mitgliedern schaffen, dafür brauchen wir tatkräftige Unterstützung“, so Lorenz. Dabei denke er an junge Helferinnen und Helfer. „Wir versuchen, bei diesen Aktionen Jung und Alt zusammenzubringen, weil wir davon überzeugt sind, dass die Generationen zusammenarbeiten müssen, um langfristig den Wald und damit einhergehend das Klima zu schützen.“ Lorenz erinnert dabei an die vorbildliche Arbeit von Armin Piske, der seinerzeit die „Waldjugend“ gegründet hat. Damals mit dabei auch Thomas Borsch, heute Professor für Systematik und Geographie der Pflanzen und Direktor des Botanischen Gartens sowie des Botanischen Museums Berlin.
Artenvielfalt schwindet
Dem SDW Kronberg ist nicht nur der Wald ein Anliegen, sondern auch ein Teil von dessen Bewohnern. Prof. Erlend Martini hat im Jahr 1952 den ersten Nistkasten im Kronberger Stadtwald aufgehängt, inzwischen sind es über 700, die regelmäßig gereinigt und kontrolliert werden müssen. „Mit unserer Aktion haben wir einen erheblichen Erfolg gehabt, doch im Laufe der Jahre haben wir einen Rückgang der Artenvielfalt miterleben müssen“, so Martini. Der Trauerfliegenschnäpper, Kleiber oder Wendehälse seien seltener geworden. Das hänge mit dem Insektenmangel infolge des Klimawandels zusammen und den dadurch bedingten unregelmäßigen Wetterwechseln. Martini ist ein anerkannter sowie geschätzter Experte. An der Universität Frankfurt war er Wissenschaftlicher Assistent, später Dozent und Honorarprofessor und ab dem Jahr 1971 Universitätsprofessor. Sein wissenschaftliches Engagement (über 300 Publikationen, zum Beispiel über Nannoplankton und Biostratigraphie) brachte ihm große Wertschätzung ein. Von 1969 bis 1986 war er als Consultant Paleontologist an fünf Fahrten der Glomar Challenger im Pazifischen Ozean beteiligt (Deep Sea Drilling Project). Martini ist in der Paläontologischen Gesellschaft aktiv wie auch in seinem Wohnort Kronberg bei der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Zudem ist er von Anfang an Mitglied des Naturschutzbeirates im Hochtaunuskreis und seit dem Jahr 1949 in der Vogelwarte Helgoland. 50.000 Vögel habe er im Laufe der Jahrzehnte beringt. Trotz seines fortgeschrittenen Alters lässt er es sich nicht nehmen, die Nistkästen im Kronberger Stadtwald regelmäßig zu kontrollieren.
Fledermausquartier
Auf seine Initiative geht auch die Einweihung des Winterquartiers für Fledermäuse im umgebauten Wasserbehälter „Kellergrund“ zurück, bis heute von der SDW Oberursel betreut. Ins Jahr 1986 fällt der Beginn der Waldameisenkartierung, eine Tierart, die auch auf dem Rückzug ist. Eine Erklärung dafür sei, so Martini, dass Wege immer mehr mit Brombeergestrüpp zuwuchern, für dessen Beseitigung der HessenForst zuständig sei. Eine Reihe von Fachvorträgen, unter anderem vom ehemaligen Revierförster Martin Westenberger, sollten den Kampf um den Wald und gegen den Klimawandel immer wieder ins Bewusstsein rufen. Es sei eine generationenübergreifende Aufgabe.
Anlässlich ihres Jubiläums hat die SDW Kronberg die Landesdelegiertentagung des SDW-Landesverbandes Hessen in die Stadthalle Kronberg eingeladen, dabei ging es auch um „Waldbrände“, die es inzwischen im Taunus vermehrt gibt. Am 12. Juni letzten Jahres loderte es beispielsweise auf über 40.000 Quadratmetern auf der Westseite des Altkönigs.
Ein Drittel Deutschlands ist bewaldet. Damit ist der Wald ein zentrales Ökosystem, aber auch ein Erholungsraum und eine wirtschaftliche Ressource. In der SDW engagieren sich neben Umweltschützern daher auch private Waldbesitzer, Kommunen oder Forstverwaltungen. Mit Blick auf den Klimawandel nimmt die Bedeutung der Wälder als CO2-Speicher und Lieferant nachwachsender Rohstoffe sogar noch zu. Damit steht die SDW wieder am Anfang ständiger Bemühungen: „Der Wald ist unsere Sache.“
Prof. Dr. Erlend Martini (links) und Horst Lorenz Foto: Muth-Ziebe