Nach schweren Geburtswehen: Elfer-Magistrat beschlossen

Kronberg (pu) – Das nach der Kommunalwahl am 14. März eingesetzte monatelange zähe Ringen um die Zusammensetzung des Magistrats und Verankerungen in der Hauptsatzung der Stadt Kronberg im Taunus ist beendet. Ein Schulterklopfen ob der Erledigung dieser Hängepartie noch vor der parlamentarischen Sommerpause wäre allerdings des Guten wirklich zu viel. Um es vorwegzunehmen: Statt neun sitzen künftig elf ehrenamtliche Stadträte im Magistrat, deren Vereidigung am 2. September geplant ist. Hinzu kommen der direkt gewählte Bürgermeister und der hauptamtliche Erste Stadtrat. Doch der Weg zu diesem Zieleinlauf war mehr als steinig.

Bündnis90/Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Mechthild Schwetje sprach zahlreichen Kronbergerinnen und Kronbergern aus dem Herzen, als sie in der jüngsten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung zusammenfasste: „Gerade in puncto Magistratswahl ist das Bild, das die Stadtverordnetenversammlung seit nunmehr fast vier Monaten abgibt, tatsächlich wirklich peinlich!“

Unterschiedliche Positionen

In diesem Zusammenhang sei in Erinnerung gerufen, dass nach dem Beginn der Legislaturperiode am 1. April übliches Prozedere gewesen wäre, in der konstituierenden Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 22. April die Wahl und Vereidigung der künftigen ehrenamtlichen Stadträte durchzuführen. Doch erstens kommt es anders, als man zweitens denkt!

Mit Blick auf die Stimmenverteilung nach dem Wahlergebnis (CDU 27,4 Prozent, Bündnis90/Die Grünen 17,9 Prozent, SPD 16,2 Prozent, FDP 16,1 Prozent, KfB 16,7 Prozent und UBG 6,21 Prozent) und der damit verbundenen Konstellation dreier fast gleichauf liegender Parteien/Wählergemeinschaften (SPD 16,2 Prozent, FDP 16,1 Prozent und KfB 16,7 Prozent) wurde dem Anschein nach hinter den Kulissen in den Reihen von CDU, KfB und FDP frühzeitig über eine Vergrößerung des Magistrats von neun auf elf ehrenamtliche Stadträte nachgedacht. Das aus ihrer Sicht stichhaltige Argument war, der Magistrat müsse die Mehrheitsverhältnisse in der Stadtverordnetenversammlung 1:1 abbilden.

Bündnis90/Die Grünen, SPD und UBG plädierten dagegen für eine Beibehaltung der bisherigen Größe des Magistrats, wonach CDU, Bündnis 90/Die Grünen und KfB jeweils zwei Sitze und FDP, SPD und UBG je einen Sitz erhalten hätten. Hinzu wären der direkt gewählte Bürgermeister und der hauptamtliche Erste Stadtrat gekommen.

Aufgrund der unterschiedlichen Auffassungen sowie unübersehbar im Raum stehender weiterer Gedankenspiele um Macht und eventuelle künftige Pöstchen – bekanntlich endet die Amtszeit von Erstem Stadtrat Robert Siedler (parteilos) in knapp zwei Jahren – zogen sich die Gespräche hin. Daraus resultierend war für die Juni-Sitzung noch keine Einigung in Sicht und auch für die Juli-Sitzung sah es eine Zeit lang alles andere als gut aus.

Nach und nach wurden mehrere Optionen ins Spiel gebracht. So stellte die Fraktion von Bündnis90/Die Grünen schon Mitte Mai einen Antrag zur Hauptsatzung, die Zahl der haupt- und ehrenamtlichen Stadträte auf insgesamt acht festzusetzen und die Stelle des Ersten Stadtrats hauptamtlich zu verwalten. Die Fraktion der Christdemokraten war gleich doppelt unterwegs, zielte in einem Antrag auf die bereits angesprochene Vergrößerung des Magistrats, um dann kurzfristig in einem anderen die Begrenzung auf ein achtköpfiges Gremium vorzuschlagen. Letzteres war jedoch rasch als taktisches Manöver aufgeflogen, weil man sich, wie Fraktionsvorsitzender Andreas Becker in der Tagespresse eingeräumt hatte, lediglich für den Fall absichern wollte, dass aus ihren Reihen wegen Urlaub nicht alle bei der letzten Parlamentssitzung vor der Sommerpause anwesend sein könnten. Der „Urlauber“ war jedoch rechtzeitig zurückgekehrt.

Eindeutiger Beleg für die knifflige Lage: Stadtverordnetenvorsteher Andreas Knoche (CDU) musste die Tagesordnung im Vorfeld zu eben jener Sitzung wegen ständig wechselnder Meldungen von Seiten der Parteien gleich mehrfach abändern, weil eine optionale Magistratswahl erst unwahrscheinlich und dann doch im Bereich des Möglichen schien.

Aufgeblähtes Gremium

Bezüglich der strittigen Mehrheitsverhältnisfrage adressierte Mechthild Schwetje am Parlamentsabend an CDU, KFB und FDP die Botschaft, dazu positioniere sich die Hessische Gemeindeordnung ganz eindeutig. Der Magistrat sei einerseits paritätisch aus den Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung zusammengesetzt, andererseits mit dem hauptamtlichen Ersten Stadtrat und dem Bürgermeister. „Alle diese Teile des Magistrats sind demokratisch legitimiert, durch die Kommunalwahl, durch die Direktwahl des Bürgermeisters und durch die Wahl des Ersten Stadtrats durch die Stadtverordnetenversammlung. Diese Zusammensetzung mit allen Mitteln so zu drehen, dass sie den eigenen Mehrheitswünschen entspricht, dabei gleichzeitig zu akzeptieren, dass der immer noch amtierende Magistrat aus der letzten Legislaturperiode mittlerweile eben gar keine Legitimation mehr besitzt, das ist schlicht undemokratisch!“

Nur sieben?

Im Bestreben, einen Schlusspunkt unter die endlos anmutende Debatte zu setzen und weil es ihrer Meinung nach kein aufgeblähtes Gremium benötige, das die Stadt und damit die Bürger pro Sitz und Legislaturperiode einen fünfstelligen Betrag koste, warben Bündnis90/Die Grünen schließlich für eine Verkleinerung des Magistrats auf sieben ehrenamtliche Mitglieder.

Der stellvertretende Vorsitzende des Ortsverbands der Freien Demokratischen Partei (FDP), Stefan Griesser, hielt dem jedoch auf den Punkt gebracht entgegen, von demokratischer Legitimierung könne wohl kaum die Rede sein, wenn die unabhängige Bürgergemeinschaft (UBG), auf die bei der Kommunalwahl rund 6 Prozent entfallen waren und die FDP mit einem Stimmenanteil von rund 16 Prozent jeweils einen Sitz im Magistrat einnehmen würden.

Abstimmungen/Wahl

Im Ergebnis scheiterten die Änderungsanträge von Bündnis90/Die Grünen und der CDU, weil jeweils lediglich 13 Abgeordnete mit „Ja“ votierten bei 20 Gegenstimmen. Vielmehr wurde final als erster Schritt zur optionalen Stadträte-Wahl eine in Punkten der Zuständigkeitsabgrenzung und Übertragung von Aufgaben an den Magistrat abgeänderte Hauptsatzung (dazu erscheint ein Bericht in der kommenden Ausgabe des Kronberger Boten), in der die Größe des Magistrats mit elf ehrenamtlichen Stadträten plus Bürgermeister und Erstem Stadtrat (hauptamtlich) verankert ist, mit 27 „Ja“-Stimmen bei vier Enthaltungen und zwei Gegenstimmen angenommen.

Nicht nur zur Überraschung von SPD, Bündnis90/Die Grünen und UBG zauberten CDU und KfB anschließend einen gemeinsamen Wahlvorschlag mit 50 aufgelisteten Kandidaten aus dem Hut, der neben eigenen Mitgliedern zudem FDP-Vertreter enthielt.

Die Fraktion von Bündnis90/Die Grünen präsentierte eine zweite Liste, SPD und UBG eine dritte und die FDP eine vierte.

Auf die CDU/KfB (und FDP)-Liste entfielen schließlich 17 Stimmen, auf die von Bündnis 90/Die Grünen 6, auf die von SPD/UBG 7 und die der FDP drei.

Daraus resultierend und gemäß des Hare-Niemeyer-Verfahrens sind aus dem Wahlvorschlag eins Brigitte Möller, Hans-Jörg Niermann (beide CDU), Susanne von Engelhardt, Prof. Dr. Jörg Mehlhorn (beide KfB) und Gilbert Sonntag von der FDP gewählt. Erste Nachrückerin ist Felicitas Hüsing. Dazu kommen vom Wahlvorschlag zwei Petra Fischer-Thöns (Nachrückerin Ute Neumann), vom Wahlvorschlag drei Hans Willi Schmidt (SPD) und Oliver Schneider (UBG) sowie vom Vorschlag 4 Dietrich Kube (FDP). Das ergibt in einem ersten Ergebnis neun Stadträte. Da an diesem Abend kein Wahlleiter anwesend war, konnte noch keine Vereidigung vorgenommen werden. Abgesehen davon muss zunächst die Hauptsatzung mit der Bekanntgabe in Kraft treten, damit die neue Regelung mit den elf Magistratsmitgliedern endgültig rechtlich abgesichert ist. Erst dann können die bisher als Stadtverordnete fungierenden Felicitas Hüsing und Ute Neumann dieses Mandat niederlegen und stattdessen den Magistrat als Nachrücker komplettieren.

Eine lange Hängepartie scheint beendet. Bei allem Verständnis dafür, dass die Parteien und Wählergemeinschaften zu Beginn einer Legislaturperiode auf der Basis der Wahlergebnisse ihre Ziele abstecken und dabei eine ganze Reihe von Überlegungen und Eventualitäten einfließen lassen, erschließt sich dem Großteil der Bevölkerung keineswegs, warum für diese Entscheidungsfindung vier Monate ins Land gehen mussten.



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