Skulpturen und Bilder, die für nichts als sich selbst stehen – Zweiter „Art Summer“ auf der Burg

Die Outdoor-Installation von Irene Anton: Foto privat

Kronberg (hmz) – Darüber dürfte kein Zweifel bestehen: Künstlerinnen und Künstler experimentieren mit immer neuen Techniken, Materialien oder Themen, um der Welt etwas Neues zu präsentieren. Sie transportieren Aussagen, Emotionen und Denkmuster und spiegeln dabei ihre Auseinandersetzung mit der eigenen Lebenswelt wider. Die Kunst dient jenen, die sie erschaffen, als ein Mittel der Kommunikation, die es ihnen ermöglicht, ihre Ideen, Empfindungen und Emotionen mithilfe ihrer kreativen Inszenierungen auszudrücken. Mitunter gelingt es ihnen dabei, eine tiefere geistige Verbindung mit ihrem Publikum herzustellen.

Den ersten Stimmen nach der Eröffnung der Ausstellung „Art Summer 24 – Perspektives & Positions“ auf der Burg Kronberg folgend, dürfte das gelungen sein. Während die Kunstpädagogin Nicola Wagner sehr ausführlich die Werke der sechs Künstlerinnen und Künstler beschrieb, die noch bis zum 11. August zu sehen sind, und dabei ihrer Entstehung, Intention sowie Ästhetik detailreich Raum ließ, war jeder für sich aufgefordert, das stille Gespräch mit den Bildern, Skulpturen und Installationen im Raum zu suchen. Kuratiert und eingerichtet wurde die Ausstellung von Stefanie Hubbard-Ford, die schon nach dem ersten „Art Summer“ ein starkes Fanal gesetzt hat. Diesmal also Bronzeplastiken von Susanne Kraisser, eine Monocromen-Serie von Hilda Kleyn, Installationen und Bilder von Lilla von Puttkammer, figurative Malerei von Miya Mikic, „Kunstuniverselles“ von Albrecht Fersch und Objekte einer Out- und Indoorinstallation von Irene Anton.

Dominiert wird der „Liselott und Klaus Rheinberger Saal“ im „Großen Hause“ der Mittelburg von den Werken der beiden Künstlerinnen Susanne Kraisser und Hilda Kleyn. Monochrome Kunst scheint auf den ersten Blick zunächst das Einfachste zu sein, obwohl die Allmacht der Farbe in ihrer bescheidensten und reinsten Form den Blick des Betrachters übersteigt. Das Genre lässt keinen Raum für Figuration, monochrome Kunst schaffen heißt, von der totalen Freiheit in ihrem Ansatz und ihrer Technik zu profitieren. Die Umsetzung von Empfindungen in Farbe wird zu einem malerischen Ereignis. Ihre Bilder scheinen keinen anderen Inhalt zu haben, wollen nichts ausdrücken, als sich selbst. Dies hauptsächlich in glamouröser Goldfarbe.

Überraschend ist das Individuelle jeder einzelnen Skulptur von Susanne Kraisser, die Identität mit ihrer äußeren Gestaltung, mit ihrer humanen Botschaft. Ihre weiblichen Figuren können reden ohne zu gestikulieren, allein durch die Beredtheit ihres heiter gelassenen Daseins. Dennoch sind diese Bronzeplastiken mit dem Themenschwerpunkt Frauenkörper nicht verspielt, selbst dort nicht, wo die Figur selber spielt und sich gehen lässt. Und noch in Miniaturform wirken diese Bildwerke in ihrer kompakten Geschlossenheit und ruhigen Grazie aller Maßrelation enthoben, eigentümlich monumental. Die Figuren sind sich selbst genug, sie bedürfen einander, doch sie brauchen zu ihrem Dasein den Betrachter nicht. „Meine Bronzeplastiken entstehen nicht als Abbild, sondern als Selbstzweck. Ich erschaffe damit selbständige Wesen“, so die Künstlerin über ihr Werk.

Die Kleidung als zweite Haut - diese Erkenntnis ist nicht neu, von Lilla von Puttkammer in ihren Porträts von Menschen anhand ihrer abgelegten Kleidung jedoch neu interpretiert. Kleidung trifft Kunst – die innere und äußere Hülle gewinnt an Symbolik. Stellvertretend kann Kleidung – als zweite Haut – schützen und verhüllen oder kann als Schmuck Inneres nach außen transportieren und ein Ausdruck kultureller oder individueller Identität sein. Diese gleichsam symbiotische Beziehung von Haut, Kleidung und Außenwelt, als „Kleiderberg“ auf einem Stuhl drapiert, gibt gleichsam eine Antwort darauf oder war doch nur eine spannende Frage, was Mensch ablegt.

Minya Mikic reflektiert in ihrer figurativen Malerei Themen des Klimawandels. Ein stilisierter Bienenstock diente ihr dabei als Metapher für die vielschichtige, gegen- und wechselseitige Verantwortung jedes Einzelnen innerhalb einer Gemeinschaft und gegenüber der Umwelt.

Albrecht Fersch scheint ein Quell unaufhörlich sprudelnder skurriler Einfälle zu sein. In seiner Installation gibt es erkennbare Motive wie Vernetzung, Verbindung, Chaos und Ordnung. „Das Weben der Welt einfangen – nicht nach Alphabet, sondern nach Bedarf geordnet“, so sein Credo.

Irene Anton beschäftigt sich mit Objekten sowie Out- und Indoorinstallationen. Obwohl ihre Arbeiten vom Textilen geprägt sind, versteht sie sich nicht als Textilkünstlerin. Und offenbar findet sie großen Spaß daran, diesen alten und gewöhnlichen Gegenständen ein neues und außergewöhnliches Leben als „Skulptur“ zu geben. Für sie ist das ein künstlerisch herausfordernder und gleichzeitig befriedigender Prozess, schafft sie doch neue Erlebniswelten und dabei ist der Recyclingprozess nicht zu verachten. Aussortierten Gegenständen, Fundstücken und Naturmaterialien haucht sie neues Leben ein und macht sie zu bestaunten Kunstobjekten.

Stefanie Hubbard-Ford hat zum zweiten Mal den Raum für Kunst und als Kulisse für Dialog und gesellschaftliches Engagement geöffnet. „Ich verstehe die von mir konzipierten Ausstellungen als eine Einladung in einen Raum, der ein Selbstverständnis von zeitgenössischer Kunst kreiert, um daraus für jede und jeden Kraft, Inspiration und Wirkungsvermögen zu schöpfen. Gerade in herausfordernden Zeiten sind wir Kunst- und Kulturschaffende in der Verantwortung, wichtige Diskurse voranzubringen und Veränderungen anzustoßen.“

Öffnungszeiten der Ausstellung sind mittwochs, donnerstags und freitags von 13 bis 17 Uhr, samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr.

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