Kronberg (mg) – Der Friedhof ist unweigerlich im Schwerpunkt mit den Themen Vergänglichkeit und Verlust verbunden, gleichzeitig auch mit Erinnerung und Wertschätzung. Der Tod des Menschen und die damit verbundene Sterblichkeit ist in einer seit vielen Dekaden auf Wachstum und Entwicklung ausgerichteten Gesellschaft selten ein Thema. Zu sehr schmerzen bereits erfahrene oder in Aussicht stehende Ereignisse, die letztlich auch zum Gedanken an das eigene Ende führen. Eine zutiefst narzisstische Kränkung des menschliche Egos, das Ausblenden – wie auch immer – kein unübliches Mittel. Dass jedoch dieser Zusammenhang lange verdrängt, gleichzeitig nie vollends ignoriert werden kann, findet man anschaulich in jeder Kommune auf dem Gelände der Friedhöfe. Kronberg hat davon vier an der Zahl. Es gibt den Alten Friedhof in der Frankfurter Straße mit 14.500 Quadratmetern, den Friedhof Thalerfeld mit 28.000 Quadratmetern, den Schönberger Friedhof in der Friedrichstraße mit 9.000 Quadratmetern und den Friedhof Oberhöchstadt in der Steinbacher Straße, der 24.000 Quadratmeter umfasst. In Summe trifft man folglich auf 75.500 Quadratmeter Fläche auf dem Stadtgebiet Kronbergs. Der jüdische Friedhof befindet sich auf dem Gelände des Stadtwalds und hat einen Umfang von 700 Quadratmetern. 76.200 Quadratmeter, deutlich über sieben Hektar, sind beinahe elf Fußballfelder, wenn man hierbei von 7.000 Quadratmetern ausgeht. Es handelt sich also durchaus um ein zählbares Gebiet, das verschiedene Aufgaben erfüllt und dementsprechend gestaltet wird.
Ort der Begegnung
Neben der letzten Verweilstätte des Menschen und der damit verbundenen Trauer der Angehörigen trifft man sich auch auf dem Friedhof. Man begegnet den Verstorbenen in Gedanken und Erinnerungen, meist verkörpert durch Gedenksteine, Inschriften und Grabbepflanzung. Man stößt auch auf Menschen, die ähnliche Erfahrungen machten und sammelten oder ganz neu auf dem „Gebiet des Friedhofsumgangs“ sind. Frei nach dem Sozialphilosophen Horst Eberhard Richter kann so „die Gesellschaft“ heilen, das Prinzip der Selbsthilfegruppe funktionieren. Man tauscht sich aus und unterhält sich. Es gibt auch Besucherinnen und Besucher, die Friedhöfe schlichtweg wegen ihrer ausstrahlenden Ruhe und parkähnlichen Anlagen schätzen. So stumm und Trauer anhaftend ist die letzte menschliche Ruhe folglich gar nicht.
Lebendige Biodiversität
Dass auf den großen und grünen Flächen der Friedhöfe auch sehr viel Leben und Entwicklung existiert, zeigt die große biologische Vielfalt von Pflanzen und Tieren, die dort vorkommt. Diese wird seit dem Jahr 2022 auch vom Umweltdezernat der Stadt Kronberg in der Gesamtheit seiner Grünflächenstrategie gefördert. Auf dem Friedhof in der Frankfurter Straße findet beispielsweise Artenanreicherung auf drei Rasenflächen von ungefähr 450 Quadratmeter Fläche durch die Ansaat von Wiesenblumen statt. Die Pflege wurde umgestellt auf eine zweimalige Mahd im Jahr, so dass sich Blühpflanzen entwickeln können. Mahd ist das Substantiv zum Verb mähen und bezeichnet neben einem Mähgang, also dem Schnitt, auch den ganzen Erntevorgang vom Schnitt bis zum Ergebnis. Die Flächen werden durch diese Maßnahmen in den kommenden Jahren zu Wiesen umgewandelt.
Im Einzelnen fand die Pflanzung einer Wildsträucherhecke mit einer Anzahl von 65 Sträuchern mit Wildblumensaum und Geophyten entlang eines freien Zaunabschnitts entlang der Jacques-Reiss-Straße statt. Es entstand eine Neuanlage des Grünstreifens an der Friedhofsmauer, der Frankfurter Straße zugewandt, als pflegeleichter Wildblumen- und Schotterrasen, der nur einmal jährlich gemäht werden muss.
Des Weiteren pflanzte man im Herbst insgesamt 10.000 Zwiebeln auf den Wiesenflächen, entlang der Mauer und im Bereich der Hecke. Die Vielzahl an Bäumen, Hecken, Säumen und Wiesen (nicht Rasen) bietet Nahrungs- und Nistraum für Wildbienen und andere Insekten sowie für Vögel, Reptilien und Kleinsäuger.
Auf dem Friedhof in Oberhöchstadt wurden bereits durch die Umstellung der Pflege eine Magerwiese und ein Heckensaum entwickelt. Zudem wurden zur Förderung einer Wildbienenart Wegeränder extensiv gemäht. Die Flächen sind durch ensprechende Schilder („Jeder m² zählt“) gekennzeichnet. Die Entwicklung von solchen Lebensräumen auf den vier Friedhöfen erfolgt unter Berücksichtigung der Anforderungen an eine optisch ansprechende Gestaltung der Anlagen.
Friedhofsreinigung
So einiges und einige laufen den Friedhofbesuchenden nun erwiesenermaßen über den Weg. Damit das Wegesystem der Anlagen auch existent bleibt, muss es gereinigt und gepflegt werden. In der ersten Oktoberwoche fanden Reinigungsarbeiten auf den Kronberger Friedhöfen statt. Die Kommune beauftragte eine externe Firma, die ökologisch schadstofffrei bei gleichzeitig guten Ergebnissen arbeitet.
Der Betrieb nutzt eine Kombination aus drei Systemen. Zum einen wird mechanisch vorgegangen. Eine Maschine, die mit Messern einen halben Zentimeter unter den Kies wandert, entfernt so für Wege unerwünschten Wuchs von Beikraut und bereitet ebenso die bessere Wirkung der zweiten Methode vor. Richtig interessant wird es dann bei den beiden thermischen Verfahren, die angewendet werden. Zum einen wird mit Heißwasser und Heißschaum gearbeitet und zum anderen steht Infrarotlicht zur Verfügung. Mobile Thermen liefern 95 Grad Celsius heißes Wasser, das in einem 1.000 Liter fassenden Tank mitgebracht wird.
Mit dieser Herangehensweise kann man schmale Wege und nicht leicht zugängliche Stellen bearbeiten. Die Wärmestrahlung der Infrarotplatten an der Unterseite von Spezialfahrzeugen wird bei größeren Flächen angewendet und erreicht bis zu 900 Grad Celsius. Durch die Zerstörung der Eiweißstrukturen am Vegetationspunkt der Pflanze wird die Photosynthese unterbrochen und langfristig eine Schwächung der Wurzel erreicht.
Es muss keine Chemie genutzt werden und die Effizienz ist deutlich höher. Weiterhin werden die Regularien des Pflanzenschutzgesetzes eingehalten und es kann eine problemlose Anwendung in der Nähe von Gewässern erfolgen. Die gleichzeitige Verwendung von Thermie und Mechanik führt zu den guten Ergebnissen.
Der Friedhof an der Frankfurter Straße in der Herbstsonne Foto: Göllner
Mit 95 Grad Celsius heißem Wasser wird das Beikraut entfernt, nachdem zuvor die mechanische Bearbeitung stattfand. Foto: Göllner
Ein Wiesenblumenblühstreifen an der Friedhofsmauer schafft Raum für biologische Vielfalt.Foto: Stadt Kronberg