Thäler Kerbe-Verein erhält den Bürgerpreis 2019 für die Thäler Kerb als größtes Bürgerfest der Stadt

Schunkelrunde: Nach der Bürgerpreisvergabe an den Thäler-Kerbe-Verein stimmten Bürgermeister Klaus Temen (rechts) gemeinsam mit Bernd Girold, dem Thäler-Kerbe-Verein, seinem Vorsitzendem Volker Müller (Zweiter von links), dem Stadtverordnetenvorsteher Andreas Knoche (links) und dem Musikverein das Thäler Kerbelied an. Fotos: Westenberger

Kronberg (mw) – Begrüßt wurden die eintreffenden Gäste zum Neujahrsdialog 2020 in der Stadthalle, das hat schon Tradition, von den Kronberger Rittern, die ein Spalier bildeten. Schnell war das Foyer der Stadthalle mit Gästen gut gefüllt. Mit einem Gläschen Sekt in der Hand wurden die besten Wünsche für das schon begonnene Jahr ausgetauscht. „Heue ist es dafür noch nicht zu spät“, war die einhellige Meinung. Binnen weniger Minuten waren die Bürger ins Gespräch vertieft, sodass es auch nach dem deutlichen „Schulgong“, der zu vernehmen war, noch einige Minuten dauern sollte, bis alle Gäste einen Sitz- oder Stehplatz gefunden hatten und Ruhe einkehrte für die Anmoderation des Neujahrsdialoges durch die städtische Gleichstellungsbeauftragte Heike Stein. Den musikalischen Auftakt unternahm der Kronberger Musikverein, der auf der verheißungsvoll frühlingshaft mit Primeln in den Stadtwappenfarben geschmückten Bühne beschwingte Melodien erklingen ließ.

Verantwortung für die Gesellschaft

Prof. Dr. Manfred Schubert-Zsilvavecz gelang es in seinem halbstündigen Vortrag zum Neujahrsdialog ein überzeugendes Plädoyer für die Goethe-Universität, deren Vize-Präsident er ist, zu halten. Der Wahlhesse, der ursprünglich aus der Steiermark kommt, erklärte die Gründe, „warum sein Herz für die Goethe-Universität brennt“ und was genau er unter seinem Auftrag an der Universität, der „Third Mission“, also der dritten Säule der Universität neben Forschung und Lehre, versteht. Die Besonderheit der Goethe-Universität liege nicht in ihrem Alter, denn mit ihrer Gründung 1914 sei sie vergleichsweise jung, sondern in der Tatsache, dass sie von Bürgern als Stiftungs-Universität gegründet worden sei. Zu diesen Wurzeln einer Stiftungs-Universität 2008 zurückgekehrt, sei der Goethe-Uni damit schon ein hohes Maß an Selbstverantwortung und Verantwortung für die Gesellschaft quasi in die Wiege gelegt worden.

Volluniversität mit 16 Fachbereichen

Dass die Universität heute mit 48.000 Studierenden und 16 Fachbereichen zu den drei größten Hochschulen Deutschlands zähle, sei jedoch auch dem unter Roland Koch für das Land Hessen 2000 aufgelegten mehrere Milliarden schweren Schulbauprogramm zu verdanken. Davon hätte die Uni mit der Entwicklung des Campus Westend, Campus Ried und auch dem Campus Niederrad (Uniklinikum) in hohem Maße profitiert.

Die „Volluniversität“ mit 600 Professoren und vielen tausend Mitarbeitern übernehme Verantwortung, indem sie Forschung und Lehre für die Gesellschaft organisiere. „Die Akteure in der Politik und Wirtschaft erwarten, dass Forschung und Lehre in die Gesellschaft gespiegelt wird und auch wieder zurück“, sagte der Vizepräsident. Und genau dieser Aufgabe komme die Universität in ganz verschiedenen Bereichen und mit ganz unterschiedlichen Programmen nach. Als Beispiele nannte er im Gesundheitssektor die Leukämie-Forschung. Hier haben die Forscher der Goethe-Uni einen Zelltyp entdeckt, der immunmobilisierend wirkt, berichtete er. Über einen Partner konnte damit zwischenzeitlich ein Medikament entwickelt werden, dass die Abstoßung bei Stammzelltransplantationen verringert und damit die Überlebenschance bei Leukämiepatienten erhöht.

Aber auch den Bereich Finanzen nannte er als Beispiel, Verantwortung zu übernehmen für die Gesellschaft: Mit der Gründung des „House of Finance“ als Teil der Goethe-Universität hätte die Universität in Zeiten der Bankenkrise eine dem Finanzplatz Frankfurt angemessene Lehr- und Forschungsstätte entstehen lassen, die mit daran arbeiten soll, dass Europa auch zukünftig eine starke Finanzarchitektur hat.

Schubert-Zsilavecz zeichnete ein umfassendes Bild der breit aufgestellten Universität, die in ihrer „Night of Science“, die auf großes Interesse stößt, allen Interessierten mit wissenschaftlichen Vorträgen einen Einblick in die Forschung gibt, deren Studenten eine Poliklinik etabliert haben, an der Menschen ohne Krankenkarte unter Anleitung von Professoren von Studierenden behandelt werden und die Studierenden mit hervorragenden Leistungen durch Unterstützung von Staat und Unternehmen zwölfmonatige Stipendien ermöglicht, sodass sie sich ganz und gar auf ihr Studium konzentrieren können. Als armer Bauernbub wisse er, was es bedeute, wenn man sich sein Studium selbst finanzieren müsse. So erinnerte er in diesem Zusammenhang auch daran, dass man dankbar sein dürfe, in einer demokratischen Gesellschaft aufzuwachsen und studieren zu dürfen und heute in einem vereinten Europa zu leben, dessen Erhaltung und Frieden ein weiteres wichtiges Ziel sei, für das die Universität mit einem EU-Sommerfest dieses Jahr ebenfalls werben will.

Bogen nach Kronberg

Den Bogen von der Goethe-Universität nach Kronberg zu schlagen, war dem Professor eingangs schon nicht schwer gefallen: In der schönen Stadt im Grünen wohnten nicht nur viele Uni-Professoren und Uni-Mitarbeiter, sondern dort gebe es schließlich auch den Opel-Zoo, den er als Vater von fünf Kindern jahrelang angesteuert habe, sagte er. „Und unsere Uni hat dem Opel-Zoo die Stiftungsprofessur für Wildtierbiologie zu verdanken.“ Und wenn man Menschen zur Region Hessen befrage, würden nicht gerade wenige Kronberg kennen. Das sei unter anderem auch der Kronberg Academy mit ihrer internationalen Bekanntheit zu verdanken, mit der man dieses Jahr die Veranstaltung „Science meets Music“ entwickelt habe.

Sein Wissen hält den Pharmazeuten Schubert-Zsilavecz jedoch nicht davon ab, als Bub aus der Steiermark Traditionen zu schätzen, und er wunderte sich deshalb bei der anschließenden Bürgerpreis-Verleihung an den Thäler Kerbe-Verein auch nicht über einen das Thäler Kerbelied singenden Bürgermeister Temmen. Stattdessen freute ihn die Kronberger Brauchtumspflege und er hat sich vorgenommen, im Juli zur Thäler Kerb, die dieses Jahr aufgrund der Europameisterschaft im Fußball auf den 9. und 10. Juli fällt, wiederzukommen.

Großes Bürgerfest

Warum der Magistrat sich für die Verleihung des Bürgerpreises an den Thäler Kerbe-Verein entschieden hat, erklärte Bürgermeister Klaus Temmen in seiner Laudatio für „die Thäler“: „Der Thäler Kerbe-Verein erfüllt durch das beispielhafte Engagement seiner Mitglieder – seit Gründung des Vereins im Jahre 1967 – die Kriterien zur Vergabe des Bürgerpreises gleich mehrfach. Die Thäler Kerb entwickelte sich durch das Wirken des Thäler Kerbe-Vereins in den letzten 50 Jahren zum größten Bürgerfest der Stadt und führte damit zu einer wesentlichen Bereicherung des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens von Kronberg im Taunus“, erläuterte der Rathauschef. Die Idee, die Thäler Kerb wieder aufleben zu lassen, war 1966 auf der Kronberger Kerb geboren worden, die auf dem damaligen Parkplatz, dem Berliner Platz, in der Stadtmitte stattfand. Einige junge Leute hatten gehört, dass in früheren Jahren im Tal eine „Thäler Kerb“ abgehalten wurde. Der Gedanke, diese Tradition fortzuführen, wurde schließlich auf der Decke des Felsenkellers bei der Firma Getränke Schleiffer vertieft. „Da die älteren Anwohner ziemlich gut berichten konnten, wie das mit der Thäler Kerb war, fassten die jüngeren Anwesenden den Plan, im darauffolgenden Jahr wieder eine Thäler-Kerb abzuhalten“, erzählte Temmen von der Wiedergeburt der „Thäler Kerb“. Am 3. März 1967 wurde der Thäler Kerbe-Verein offiziell gegründet, eine Satzung wurde erstellt, jetzt konnte es losgehen. Die „Gründer“ des neuen Thäler Kerbe-Vereins trafen sich regelmäßig im neu erwählten Vereinslokal „Zum Weinberg“, oder für die Ur-Kronberger, bei der „Haase Anni“, berichtete er weiter. Im Jahr 1967 konnte dann die erste Thäler Kerb rund um das Vereinslokal abgehalten werden. Damals noch ohne Miss Bembel und ohne Thäler Borjemaaster, ohne viel Werbung und ohne großen Rummel. Zur Unterhaltung spielten zwei dem Verein wohl gesonnene Musiker auf dem Schifferklavier Schlager zum Mitsingen. Vorbeikommende Leute wurden eingeladen, bei Bier, Äppelwoi und Würstchen vom Grill zu feiern.

Seither findet die Thäler Kerb alljährlich statt. „Sie bringt Jung und Alt zusammen und zeigt wie kein anderes Fest die volkstümliche Seite unserer Stadt“, betonte Temmen. „Die Thäler Kerb ist die Mutter aller Straßenfeste in der Region und hat so eine weit über die Stadt hinausgehende Ausstrahlung entwickelt. Man kann mit Fug und Recht sagen, dass die Thäler Kerb einen beachtlichen Anteil zum positiven Image von Kronberg im Taunus beiträgt und eine generationenübergreifende Klammer für die Bürgerschaft der Stadt darstellt. Der Verein leistet somit ein vorbildliches bürgerschaftliches Engagement“, erklärte er.

Der Thäler Kerbe-Verein beschränkt sein Wirken jedoch nicht nur auf die Brauchtumspflege durch die Ausrichtung der Kerb. Er setzt die durch seine Aktivitäten erzielten Erlöse auch ein, um soziale Projekte zu unterstützen. So wurde in den letzten 35 Jahren beispielhaft das Kaiserin-Friedrich-Haus gefördert. Anfang jeden Jahres werden Sachspenden an die Leitung des Kaiserin-Friedrich-Hauses übergeben. So erhielt das Haus in den letzten Jahren beispielsweise Parkbänke, Sonnenschirme, Spielkonsolen, eine große Kaffeemaschine und einen Teil einer Einbauküche.

Aber auch der Umweltschutz sei für den Thäler Kerbe-Verein ein wichtiges Thema. Plastikbecher und Plastikgeschirr seien auf der Kerb tabu und die Mitglieder des Vereins pflegen Streuobstwiesen und haben Sitzbänke angeschafft, die im Kronberger Wald aufgestellt wurden.

Temmens Freude war groß, diese Laudatio zu halten, verbindet ihn doch eine ganz besondere Beziehung mit der Thäler Kerb und dem Thäler Kerbe-Verein, wie er den Anwesenden verriet. „In jungen Jahren war ich schon als Kerbeborsch beim Stellen des Kerbebaams, und später dann oben auf der Bühne mit dabei, denn seit vielen Jahren darf ich zur Eröffnung des Festes und gemeinsam mit dem Thäler Pärchen das berühmte Kerbelied anstimmen“, erzählt er und berichtete von der Tradition seit 1968, ein Thäler Pärchen zu küren. „Das erste Pärchen bildeten Emma Girold und Klaus Link. Zur Miss Bembel beziehungsweise zum Thäler Borjemaaster auserkoren zu werden, ist eine ganz besondere Ehre, die im Jahr 1996 auch mir zu Teil wurde, als ich an der Seite von Miss Bembel, Elvira Sittinger, Thäler Borjemaaster sein durfte“, so Temmen weiter. „Wer hätte damals gedacht, dass ich hier und heute und als Bürgermeister der Stadt Kronberg im Taunus den Thäler Kerbe-Verein einmal für sein herausragendes Wirken für die Stadt Kronberg im Taunus zusammen mit Stadtverordnetenvorsteher Andreas Knoche mit dem Bürgerpreis der Stadt auszeichnen darf“, freute er sich, um anschließend gemeinsam mit Stadtverordnetenvorsteher Andreas Knoche den Bürgerpreis 2019 der Stadt Kronberg an den Verein zu verleihen: „ Unser Dank gilt dem Vorstand und allen Aktiven, die seit 50 Jahren Garant dafür sind, dass es den Thäler Kerbe-Verein und natürlich die Thäler Kerb gibt“, so Temmen. Stellvertretend für alle Mitglieder überreichte er diesen, bestehend aus einer Urkunde und einem Geldgeschenk, als Zeichen der besonderen Anerkennung und Wertschätzung an den ersten Vorsitzenden des Vereins, Volker Müller. Die Auszeichnung soll aber darüber hinaus auch noch mehr Bürger motivieren, sich in der Gesellschaft zu engagieren“; sagte er und bat nun den Thäler Kerbe-Verein auf die Bühne, um gemeinsam mit ihm und den Gästen das Thäler Kerbe-Lied anzustimmen.

Dank an alle Ehrenamtlichen

Die offizielle Begrüßung der Gäste zum Neujahrsdialog 2020, zu dem die beiden Vereinsringe der Stadt, Kronberg und Oberhöchstadt gemeinsam eingeladen hatten, hatten Bürgermeister Klaus Temmen und Stadtverordnetenvorsteher Andreas Knoche zuvor ebenfalls zusammen übernommen. „Unser Dank geht heute an all Diejenigen, die sich das ganze Jahr über ehrenamtlich und in vielfältiger Weise engagieren und für das Gemeinwohl einsetzen“, erklärten sie. Die Aufzählung, die folgte, war lang, begonnen wurde bei den Unternehmern, über die Mandatsträger, die Feuerwehr, bis zu allen ehrenamtlich wirkenden Vereine und Institutionen sowie allen Mitwirkenden, die zum Gelingen und Durchführung des Neujahrsdialogs mitgewirkt hatten. „Unser besonderer Dank und Respekt gilt den in Kronberg im Taunus in so vielen Bereichen ehrenamtlich tätigen Akteuren in Vereinen, Verbänden, Stiftungen, Kirchengemeinden, sozialen Organisationen, Feuerwehren, Rettungsdiensten und allen anderen Hilfsorganisationen. Sie leisten auf kulturellem und sozialem Gebiet, bei den Städtepartnerschaften, im sportlichen Bereich sowie im Natur- und Umweltschutz, Brandschutz und allgemeinen Hilfeleistungen wertvolle und unverzichtbare Dienste“, betonten sie. Und sie dankten einmal mehr den in Kronberg im Taunus „segensreich wirkenden Stiftungen sowie allen weiteren Spendern und Sponsoren“. „Ohne deren Engagement wären viele Projekte, insbesondere im sozialen und kulturellen Bereich sowie im Breitensport, nicht zu verwirklichen. Auf dieses Engagement werden wir auch im neuen Jahr wieder angewiesen sein“, betonten sie. Nach dem offiziellen Teil blieb an den aufgestellten Stehtischen und Getränken, die das Serviceteam des Altstadtkreises ausschenkte, genügend Zeit zum Austausch und Dialog.

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