Fairness, soziale Arbeit und nachhaltige Entwicklung – SG Oberhöchstadt wird DFB-Stützpunkt in Sachen Nachwuchs

Zur offiziellen Einweihung kamen unter anderem Kreisjugendwart des Hochtaunuskreises Dieter Rothenbücher (links), Michael Duda (DFB) und Stefan Bohr (Jugendleitung) beim Handschlag und Kronbergs Bürgermeister Christoph König (Zweiter von rechts) Fotos: Göllner

Ugur Cigdem (A-Lizenz-Inhaber), Yannick Söth und Lukas Köpf (beide B-Lizenz)

Tim Weileder, ehemaliger Trainer und FSJler der SGO, Stefan Voss, Tomi Nujiki, ehemaliger FSJler, Marvin Heynen und Stefan Bohr v.l.n.r.

Oberhöchstadt (mg) – Stephan Bohr begrüßt mit einem kräftigen Handschlag und beginnt am Freitag vor dem offiziellen Termin mit dem Deutschen Fußball-Bund am darauffolgenden Montag sofort mit dem Thema, das ihm erkennbar sehr am Herzen liegt: Jugendarbeit im Fußball. Gemeinsam mit seinen zwei Kollegen aus der Jugendleitung, Stefan Voss und Klaus Weinberg, schaffte es Bohr, die SG Oberhöchstadt (SGO) in den vergangenen sechs bis sieben Jahren erfolgreich in den Fokus der regionalen „Fußball-Öffentlichkeit“ zu lenken, stets dabei den Verein an sich, die Personen, die dort mitwirken, und die aktiven Kinder und Jugendlichen im Blick. „Fairplay“ ist eine seiner Prämissen, und diese setzt er auch konsequent mit langem Atem durch. Bohr hat gewiss sportliche Ziele vor Augen, gleichzeitig ist ihm die funktionierende Struktur im zwischenmenschlichen Bereich enorm wichtig, vereinsintern und gesamtgesellschaftlich. Dass die SG Oberhöchstadt nun nach sieben Jahren seiner Tätigkeit den nächsten Schritt in Richtung Zukunft macht und einer von 14 DFB-Stützpunkten im Raum Südhessen und gleichzeitig die Anlaufstelle für alle Vereine im Hochtaunus ist, kann, darf und soll ihn durchaus stolz machen. Gewiss auch stellvertretend für alle Beteiligten, die die Mühlenräder an der Schönberger Straße am Laufen halten. „Es ist kein leistungsorientierter Fußball, den wir leben und verfolgen, aber durchaus ein ambitionierter. Wir sind organisch gewachsen.“, formuliert es Stefan Bohr dann auf den Punkt und erklärt mit dieser Aussage, dass alles aus eigener Kraft des Vereins und seiner Mitglieder entstand und weiter auf diese Weise entstehen soll. Der Klub wuchs auf gesunde Art und Weise bis zu diesem Zeitpunkt – auch finanziell –, mit gutem Erfolg, und so soll es auch bleiben. Das beschreibt tatsächlich eine nachhaltige Entwicklung, wenn etwas von Dauer ist und mit stabilem Fundament entsteht. Hier wirkt die Langfristigkeit an prominenter Stelle der Zielführung. Und so tritt der Verein bewusst in der Breite der Gesellschaft auf und pflegt sportliche und soziale Kooperationen, unter anderem mit der Kindertagesstätte „Villa Racker-Acker“, der Grundschule „Schöne Aussicht“ und der geographisch benachbarten Altkönigschule.

Soziales Handeln und Engagement

Sportvereine im Allgemeinen und somit Fußballvereine im Konkreten nehmen einen umfangreichen Erziehungsauftrag der Kinder und Jugendlichen in der „Gesellschaft vor Ort“ wahr. Oft genug sind es nicht lediglich die Themen „rund ums Leder“, die Trainer und Verantwortliche im Umgang mit den jungen Spielern beschäftigen, die nicht allzu selten nach der Schule auf dem Vereinsgelände beherbergt werden. „An der einen oder anderen Stelle ist man auch eine Art Sozialarbeiter. Man lernt die Jungs kennen, arbeitet mit ihnen und stellt eine Beziehung her. Ab einem gewissen Moment entsteht Vertrauen, was besonders wichtig für eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung im Sport ist“, fasst es einer der jungen Trainer der SGO, Marvin Heynen, zusammen. Aktuell fungiert Heynen als Trainer in der B-Jugend des Vereins. Ab und an sei es beispielsweise eine kleine Herausforderung gewesen, die Spieler der TG Steinbach zu integrieren, mit der die SGO eine Kooperation pflegt, die für beide Vereine Synergien schaffen soll. Andere soziale Umfelder erfordern ein Zusammenwachsen im Austausch miteinander. Nicht immer ganz einfach, wenn das Adrenalin während eines Trainingsspiels seine Wirkung zeigt. „Ich „lese“ das Spiel und die Spieler, bevor der mögliche Konflikt entsteht, der zahlreiche Ursachen haben kann, auch jenseits des Spielfelds. Es ist wichtig, Verständnis im Vorfeld für Situationen zu entwickeln, die Jugendlichen zu kennen, um so rasch handeln zu können.“, ergänzt Heynen. 30 Trainer stehen insgesamt in den Diensten der SGO, fast die Hälfte besitzt eine DFB-Trainer Lizenz. Die ständige weitere Qualifikation dieser Akteure des Vereins stellt auch ein zusätzliches Augenmerk der Vereinsführung dar, Weiterbildung ist stets erwünscht. Auch bei der Vergütung der Trainer setzen die Verantwortlichen auf Transparenz und Fairness, denn nur so kann gute und zugewandte Atmosphäre innerhalb des Klubs entstehen und erhalten werden. Es gibt ein System, das jeder kennt, und dieses wird stets angewendet. Kein „Gemauschel“, keine „Hinterzimmerverhandlungen“. Eines der Ziele der SGO ist es, dass jede Mannschaft eines Alterssegments mit zwei Teams besetzt ist, so dass auch die Leistungsschwächeren zum Zuge kommen und sich entwickeln können, nicht zuletzt persönlich. Zur Unterstützung des Vereins gibt es auch junge Menschen, die ihr freiwilliges soziales Jahr (FSJ) bei der SGO absolvieren, ebenfalls ein Gewinn für beide Seiten.

Ambitioniert und familiär

Dass sich nun der DFB für die Oberhöchstädter als Jugendstützpunkt entschied, stellt für den Verein einen weiteren Meilenstein in dessen Entwicklung dar. Knapp 300 Kinder und Jugendliche spielen den Ball aktuell auf dem attraktiven Kunstrasenplatz, 600 Vereinsmitglieder gibt es insgesamt.

Womöglich blickt der eine oder andere junge Ballakrobat ab und zu in die Weite unterhalb des attraktiven Geländes und denkt beim Blick auf Frankfurt am Main daran, einmal bei der Eintracht oder beim FSV zu spielen. Oder in der DFB-Auswahl. Aus den rund 300 jungen Menschen entstehen für den Spielbetrieb momentan 16 Mannschaften. Die Atmosphäre im Verein ist positiv „familiär“. Menschen, die sich dort begegnen, haben ein Lächeln im Gesicht und begrüßen sich zugewandt. Das ist in Vereinen gewiss nicht überall der Fall und keineswegs selbstverständlich. Jeden Montag trainieren nun Talente der Altersklassen U12 bis U15 mit lizenzierten Trainern, die der Deutsche Fußball-Bund unter Vertrag hat, zusätzlich zum eigenen Trainingsbetrieb der SGO. Einer der drei DFB-Trainer, die nun montags auf dem Platz in Oberhöchstadt stehen, ist ein Eigengewächs der SGO mit DFB-Trainer B-Lizenz: Lukas Köpf. Er wird in der kommenden Saison eine andere Altersstufe trainieren als bislang, damit keine Interessenkonflikte entstehen. Zuletzt war Köpf für das Alterssegment zuständig, das nun während des Stützpunkttrainings des DFB aktiv ist. Es soll auch nicht nur die Möglichkeit eines Verdachts entstehen, dass die SGO ihre neue erworbene Stützpunktrolle dazu nutzen könnte, Spieler aus anderen Vereinen aus dem Hochtaunus abzuwerben. Auch bei diesem Punkt tritt einmal mehr die gelebte Transparenz samt Fairplay-Philosophie des Fußballklubs im südlichen Stadtteil Kronbergs zu Tage. Zur Seite beim Stützpunkt-Training stehen Köpf Ugur Cigdem (A-Lizenz-Inhaber) und Yannick Söth, ebenfalls wie Köpf mit B-Lizenz ausgestattet.

Offizieller Teil am Montag

„Für die SG Oberhöchstadt stellt die nun stattfindende Kooperation mit dem DFB als Jugendstützpunkt einen nahezu historischen Moment dar.“, erklärt Stephan Bohr vor ungefähr 25 Personen am Montagnachmittag. Darunter sind auch der Kreisjugendwart des Hochtaunuskreises, Dieter Rothenbücher, der Vertreter des größten Sportvereins in Kronberg, dem MTV, Miljenko Crnjac, Bürgermeister Christoph König und zwei Magistratsmitglieder der Stadt Kronberg: Petra Fischer-Thöns von den Grünen und Oliver Schneider von der UBG. Für den DFB erschien offiziell Michael Duda, der auch ein gutes Stück im Vordergrund der kleinen Veranstaltung stand. Schließlich hatte er das Schild samt offiziellem Logo des Deutschen Fußball-Bunds im Gepäck, das nun das Vereinsgelände schmücken wird: DFB–Stützpunkt Oberhöchstadt. Beruflich koordiniert Duda die 14 Förderstützpunkte der Region Südhessen der insgesamt 366 Stützpunkte bundesweit, wozu nun auch die SGO zählt. Einzugsgebiet sind hier die Vereine aus dem Hochtaunus und deren talentierte Spieler. Duda reiste an diesem Tag mit „seinem“ DFB-Trainerteam an, das nun kontinuierlich montags in „Heckstädt“ vor Ort sein wird, um zu trainieren, regionale Talente auszumachen und als Ansprechpartner des DFB vor Ort zu sein. Vorteil eines DFB-Stützpunkts ist es unter anderem, dass die Jugendlichen in heimischen Gefilden zusätzlich gefördert werden. Es gibt keine langen Anfahrtswege, das vertraute und lieb gewonnene Umfeld bleibt und kann weiterhin sozialen Halt liefern, was gewiss für Kinder und Jugendliche und deren Entwicklung von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist. Ein weiterer „Player“ im Vereinsgefüge darf nicht vergessen werden: Stefan Bohrs Golden Retriever-Rüde „Rio“. Wenn der Ball mal nicht so läuft, wie er sollte, schaden eine Streicheleinheit und ein Beschnuppern der Fellnase bestimmt nicht. Auch er gehört mit seinen vier Pfoten zur großen Familie der SG Oberhöchstadt, die nach dem Dafürhalten der Redaktion in den kommenden Jahren noch deutlich größer werden wird. Und zwar weiterhin mit gesundem Augenmaß bei der eigenen Vereinsentwicklung mit gesamtgesellschaftlichem Blickwinkel.

Gedanke hinter den Stützpunkten

Wie so oft bei offiziellen Förderprogrammen im Sport war eine schmerzhafte Niederlage die ausschlaggebende Motivation. Das frühe Ausscheiden der DFB-Elf im Jahr 2000 bereits in der Vorrunde der Europameisterschaft in den Niederlanden und Belgien rüttelte den Deutschen Fußball-Bund beim Thema „Nachwuchs“ mehr als wach. Im Jahr 2002 startete das System der Jugendstützpunkte des DFB. Das Projekt gestaltet die Verbindung zwischen der Jugendarbeit in den Vereinen und der Ausbildung von starken Talenten in den Leistungszentren sowie den Landesverbänden und Eliteschulen des Fußballs. Im Alter zwischen elf und vierzehn kommen einmal pro Woche montags zwischen 17 und 20 Uhr die besten Nachwuchs-Spielerinnen und –Spieler aus einer Region zusätzlich zum Vereinstraining zu einer weiteren Einheit auf hohem Niveau zusammen. Weitere Informationen sind auf folgenden Internetpräsenzen zu finden: www.sg-oberhöchstadt.de und www.dfb.de/sportl-strukturen/talentfoerderung/talentfoerderprogramm. Am 7. Juli wird es übrigens in Oberhöchstadt ein sogenanntes „Sichtungsturnier“ des Deutschen Fußball-Bunds geben, das zahlreiche Besucher, Eltern und junge Spieler auf das Vereinsgelände ziehen wird. Während des Turniers messen sich Teams verschiedener DFB-Stützpunkte und anderer Förderprogramme, beispielsweise der Nachwuchsleistungszentren der Bundesligaprofivereine.

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