Gelungenes zweitägiges Get-together: SGO wird Ausstellungsfläche für Skulpturen und Bilder von „Dalip“

Künstler Dalip mit seinem Sohn Fotos: Westenberger

Kronberg (mw) – Das neue SGO-Gelände als Museumsplattform? „Sports meets Kunst“, so lautete das Motto für das Open- Air-Event vergangenes Wochenende rund um und im SGO-Vereinsheim neben der Altkönigschule. Die Idee der SGO, den Verein nach den Pandemie-Lockerungen der Öffentlichkeit auf diese Weise zu präsentieren, stieß auf fruchtbaren Boden, auch wenn Fußball und Malerei vielleicht auf den ersten Blick nicht viel gemein haben. Wobei, leidenschaftlich für eine Sache zu brennen, das kann für Fußballer ebenso wie für Künstler zutreffen. Dalip Kryeziu, der einige seiner großformatigen abstrakten Porträts sowie verschiedene Skulpturen sehr gelungen auf dem Gelände angeordnet hatte, zeigt sich jedenfalls glücklich, endlich wieder seine Werke ausstellen zu können. Für die ungewöhnliche Zusammenkunft von Sport und Kunst zeichnete sein Kunstagent, Emanuell Nujiqi, verantwortlich, der auch langjähriges Mitglied der SGO ist.

Bei Dalip Kryeziu, der 1964 in Bubavec (Bobovac), einem kleinen Ort im Zentrum des Kosovo, geboren wurde, zeigte sich seine Liebe zur Kunst bereits in frühen Jahren. Geprägt durch den Einfluss seines Onkels, eines etablierten Malers, intensivierte sich Dalips Hinwendung zur Kunst. Er begann, mit verschiedenen Stilen und Materialien zu experimentieren.

Nach kurzer Begrüßung der zahlreichen Gäste zur Vernissage auf der SGO-Terrasse durch den ersten Vorsitzenden Paul Müller führte Dalips Sohn, der Kunsthistoriker Dalwin Kryeziu, tiefer in das Werk seines Vaters ein ein. Für Dalip war das der schönste Moment der Ausstellung, wie er deutlich machte. „Für mich ist es das Größte, dass mein Sohn heute hier für mich gesprochen hat.“ Und Dalip konnte mit Recht stolz sein, denn sein Sohn wob ein spannungsreiches Bild von dessen Entwicklung – von einem sehr begabten Porträtmaler bis hin zum international anerkannten Künstler, der klassische Porträts in eine abstrakte Kunstform transformiert. „Der junge Dalip musste schon früh Verantwortung für die Schafe der Familie übernehmen und wurde als junger Hirte tief geprägt von der malerischen Landschaft des Kosovos“, erzählte er über die Kindheit seines Vaters. Sein Onkel, selbst Maler, habe anfangs nicht geglaubt, dass es die Zeichnungen von Dalip waren, die dieser ihm vorlegte. Ehrgeizig, wie er war, hatte er sich in kürzester Zeit alle wichtigen Techniken des Zeichnens angeeignet. Sein Onkel dachte, die Arbeiten hätte sein Bruder, der ebenfalls Porträtist war, gemacht, erzählte Dalwin Kryeziu. Mit 16 Jahren machte sich Dalip schließlich ohne Geld auf den Weg Richtung Kroatien. Jahrelang verdiente er sein Einkommen als Straßenporträtist, in Kroatien und Slowenien, später in ganz Europa.

„Mit Mitte 20 fing Dalip an, sich in allumfassender Weise seinem künstlerischen Schaffen zu widmen, es ist die Zeit, in der sich Dalip von der strikten und klaren Form des klassischen Porträts löst“, so berichtete dessen Sohn den Gästen vor dem SGO-Vereinsheim. Was das klassische Porträt nur bedingt könne – die Möglichkeit zu bieten, ins Innere der Gestalt zu sehen, deren Gefühlswelt zu beschreiben –, gelinge, so der Kunsthistoriker, seinem Vater schließlich über die Wahl der abstrakten Form. „Das unbestimmte, abstrakte Porträt lässt für eine allumfassende Ergänzung des menschlichen Wesens Platz. Es lässt auch Platz für das, was wir weder sehen noch beschreiben können, und das eben für jeden in ganz individueller Art und Weise“, sagt Dalwin Kryeziu zu den bekannten vielfarbigen Köpfen seines Vaters aus „undefinierten Formzusammenhängen“. Die alleinige Andeutung eines Auges hier und eines Mundes dort wird erst zum Porträt, wenn der Betrachter den formenden Part übernimmt und eben diese „undefinierten, unkonkreten Formen in seiner Gedankenwelt zusammenführt“.

Beim Wandeln durch die Bilder- und Skulpturenausstellung fanden die Besucherinnen und Besucher die Worte des Kunsthistorikers bestätigt. Vor allem die großformatigen Köpfe in ganz unterschiedlichen Farbgebungen sind magisch, sie zeigen jedem, der vor ihnen steht, eine Fülle von Emotionen, eine Seelenschau von Erlebtem und werden damit ein Stück weit auch zum Spiegel eines jeden selbst. Das Abstrakte „lässt auch Platz für das, was wir weder sehen noch beschreiben können, und das eben für jeden in ganz individueller Art und Weise“, beschreibt Dalwin Kryeziu treffend die Wirkung der Bilder seines Vaters. Dieser hat sein Konzept der abstrakten Form auch auf seine Plastiken und Skulpturen übertragen. In seinen sogenannten Tagebüchern finden sich übermalte Collagen aus zusammengesetzten Skizzen wieder: Figuren und Köpfe werden nun in Beziehung zueinander gesetzt und als narratives Ganzes zusammengefügt.

Seit 2005/2006 lebt Dalip Kryeziu im ländlichen Nieder-Weisel, Butzbach. Genauer gesagt, in einer ehemaligen Hofreite von 1780, die er selbst nach seinen Ideen gestaltete und bewohnbar machte. Das idyllische Anwesen inspiriert den Künstler und bietet den idealen Rahmen, um auch Freunde und Kunstinteressierte zu empfangen. Die Arbeiten von Dalip Kryeziu sind international bekannt und in einigen öffentlichen Sammlungen vertreten wie beispielsweise im Oberhessischen Museum in Gießen, Museum der Moderne in Salzburg sowie in der Deutschen Bank und bei Credit Suisse.

Nach der rundum gelungenen Einführung und Schau von Dalips Werk freuten sich die Gäste sichtlich am Wiedertreffen in so großer Zahl, am zwanglosen Plausch bei Sekt und lecker Gegrilltem, an der musikalischen Untermalung und über die Illustratorin Janina Röhrig, die auf einem großen Plakat die Ereignisse des Open-Air-Events „live“ in Zeichnungen festhielt.

Es war ein entspanntes Sommer-Event, das bei Vereinsmitgliedern und ihren Gästen gut ankam und schon jetzt Lust auf eine Fortsetzung von „Sport meets Kunst“ macht.

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