Abschied vom Forum der IGS

Gesichter der IGS (v. l.): Ex-Sekretariatsleiterin Hildegard Schäfer, Ex-Schulleiter Rolf Schneider, Gründungs-Schulleiter Anton Schreck, Schulleiter Markus Herget sowie das Ex-Hausmeister-Ehepaar Christa und Rudi Will. Foto: Tappenden

Oberursel (gt). Im kommenden Sommer wird das Hauptgebäude der Integrierten Gesamtschule Stierstadt (IGS) abgerissen, um Platz für einen Neubau zu schaffen. Das Gebäude, auch „Forum“ genannt, wurde 1972 errichtet und 1974 eingeweiht. Seit die meisten Unterrichtsstunden in den neuen Jahrgangshäusern stattfinden, sind viele Teile des Gebäudes verschlossen geblieben. Ein Teil des ersten Obergeschosses wurde für die neue Oberstufe vorübergehend reaktiviert, aber der Zugang zur Etage darüber endet inzwischen bereits im Treppenhaus.

Die Schule hatte überlegt, im kleinen Rahmen Abschied vom alten Gebäude zu nehmen. Da in diesem Jahr allerdings das Schulmusical ausfällt, beschloss man, den Rahmen zu erweitern und Musikern wie Schauspielern die Chance zu geben, aufzutreten. Schulleiter Markus Herget begrüßte unter den Gästen drei ehemalige Schulleiter: Anton Schreck (1963-1988), Rolf Schneider (kommissarisch 1988, anschließend 1991-1994) und Walter Breinl (1994-2016). Von 1988 bis 1991 war Josef Holber Schulleiter, der bereits verstorben ist. Ebenfalls anwesend war das ehemalige Hausmeister-Ehepaar Christa und Rudi Will (1973-1997) und die ehemalige Leiterin des Sekretariats Hildegard Schäfer. Außerdem nutzten viele ehemalige Schüler und Lehrer die Chance, nochmal das Gebäude von innen sehen zu dürfen.

Das Motto des Abends war „Mach’s gut, altes Haus!“ Herget, der seit 21 Jahren an der Schule arbeitet, erzählte, dass viele Besucher ihm gesagt hätten, es habe sich nichts geändert. Tatsächlich bedeckt den Fußboden noch der Originalteppich aus dem Jahr 1972. Herget stellte fest, dass für viele Gäste zahlreiche Erinnerungen im Forum stecken: „Ein Forum in dieser Form bekommen wir nie wieder“, sagte er. Unter seinem Rednerpult holte er ein altes Buch hervor: „Die Chronik der Schulen in Stierstadt“, beginnend genau vor 200 Jahren im Jahr 1819. Daraus las er zwei Stellen von seinem Vorgänger Anton Schreck. Im Schuljahr 1972/73 hatte man unter dem Lärm der Bauarbeiten gelitten, trotzdem schien alles gut zu laufen. Die Geschichte wird sich ab Sommer wiederholen, wenn die Abrissarbeiten beginnen. Im Schuljahr 1980/1981 hatte die Schule 1500 Schüler – derzeit sind es 925 – und die zehnten Klassen mussten die Räume zum Teil abwechselnd benutzen. Dass nun so viele ehemalige Schüler und Lehrer gekommen waren, zeige die Verbundenheit mit der Schule, so Herget.

Im Forum folgten Aufführungen der Tanzgruppe, des Orchesters des sechsten Jahrgangs und der Musikgruppe „Sound of Stierstadt“, dazu gab es Kuchen und Getränke. Außerdem konnte man beim Flohmarkt Bücher und alte Naturwissenschaftsgeräte erwerben. Draußen wurde gegrillt.

Der Gründer der IGS und ehemalige Schulleiter Anton Schreck erzählte, dass er schon drei Schulgebäude in Stierstadt erlebt habe. Als er 1963 in den damals noch unabhängigen Ort kam, war er der siebte Lehrer im alten Rathaus. Er hatte den Auftrag, eine neue „Mittelpunktschule“ zu leiten. Als das Forum entstand, habe er gedacht: „Endlich haben wir Platz.“ Das Forum war noch gar nicht eingeweiht, als am 1. April 1973 das Hausmeister-Ehepaar Christa und Rudi Will dazu kam. Es zog in die Hausmeisterwohnung neben der Schule ein „Die Wohnung war fertig und die Tapete war schon drin“, erinnerte sich Rudi Will über seine Ankunft. Es gehörte auch zu seinen Aufgaben, die große Uhr im Eingangsbereich jeden Tag aufzuziehen. Was die Schüler von damals vielleicht nicht wissen: Die Uhr lief an den Wochenenden nicht. Stattdessen wurde sie Samstagfrüh so stehen gelassen, dass sie beim Aufziehen am Montag nicht neu eingestellt werden musste. Manche Sachen vergessen die Schüler nie. Der „Ehemalige“ Henrik Appelbaum konnte sich ganz genau erinnern, dass Herr Will ein Abba-T-Shirt im Fenster hatte.

Im ersten Stock gab es eine Ausstellung von Fotos aus den 70er- und 80er-Jahren sowie das Modell und die Pläne für das neue Gebäude. Und ganz oben im sonst verschlossenen zweiten Stock führte die Theater-AG ihr Stück „Hat’s schon angefangen?“ auf. Es ging um ein Kindertheater, das abgerissen werden sollte. Und nebenan waren noch viele Klassenräume, wie sie einst verlassen wurden, sogar noch mit mobiler Kreidetafel ausgestattet.

Viele Gäste tauschten an den Tischen im Außenbereich Erinnerungen aus. Anke Frey, geborene Hillenbrand, war bis 1984 auf der IGS. „Alle waren wirklich hier. Von Anfang an bis zum Ende“, sagte sie. In den 80er-Jahren waren die Klassen nach Ortsteilen aufgeteilt. In den A-Klassen waren die Kinder aus Stierstadt und in den B-Klassen die Kinder aus Weißkirchen. Bettina Marris, die bis 1983 auf der IGS war, erinnerte sich an den Pausen- kiosk bei Metzler, der schräg gegenüber der Schule auf dem Kiesweg zu finden war. Dort gab es die Schaumkuss-Brötchen, die damals noch „Mohrenkopfbrötchen” hießen, und Majobrötchen, ein helles Schnittbrötchen mit einem Kochlöffel Mayonnaise zwischen den zwei Hälften. Und das für 50 Pfennig.

Partykeller und Kinoraum

Und dann gab es die legendären Schulpartys im Partykeller, unter anderem vom damaligen Schulsprecher Thomas Fiehler organisiert, erzählte Petra Schauer, damals Fiehler. Ja, die Schule hatte wirklich einen großen Partyraum im Keller mit Bar, Bühne, DJ-Pult und großer Tanzfläche. Der Raum samt Holzverkleidung ist noch vorhanden, darf aber aus brandschutztechnischen Gründen nicht mehr verwendet werden, da der zweite Rettungsweg fehlt. Die Partys hörten in der zweiten Hälfte der 80er auf. Zu einem der letzten Jahrgänge, die den Raum verwenden durften, gehörte der heutige IGS-Hausmeister Florian Marx. Er schloss den Raum ein letztes Mal für Bettina, Anke und Petra auf. Im IGS-Keller verbirgt sich noch ein weiteres Geheimnis: ein Kinoraum. Dort sind zwar Projektionsraum und Leinwand noch vorhanden, der Raum wird aber so lang nicht mehr benutzt, dass weder Marx noch die drei Damen sich daran erinnern können, dort jemals als Schüler gewesen zu sein.

Wieder aus dem Keller raus, konnte Bettina Marris kaum glauben, dass sie den Partyraum noch einmal sehen durfte. „Das war das Highlight heute“, sagte sie glücklich und drückte den Hausmeister fest. Das neue Gebäude wird modern sein, aber einen Partyraum und einen alten Teppich bekommt die Schule sicherlich in dieser Form nie wieder: „Mach’s gut, altes Haus!“

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