Adenauerallee wird zur Fahrradteststrecke

Die Schlange ist ständig lang, das Angebot der kostenlosen Wäsche kommt gut an. Am Spritzschlauch legen grüne Stadtverordnete Hand an. Foto: js

Oberursel (js). Der „Tag des Fahrrads“, erstmals als komplette Outdoor-Veranstaltung konzipiert und vom Frühling in den Frühherbst verlegt, könnte in der neuen Form zum Erfolgsmodell werden. Zumal in Kombination mit dem „Radklassiker Eschborn Frankfurt“, der auch am ungewohnten Termin seine Fans mobilisiert hat. Von einer Win-Win-Situation wurde gerne gesprochen am Sonntag in der Adenauerallee, perfektes Wetter hatte den unterschiedlichen Interessen den Boden bereitet.

Luft nach oben bleibt sicherlich nach dem ersten „Tag des Fahrrads“ in der Adenauerallee, aber dafür ist ja auch noch viel Platz auf der Flohmarktfläche und dem sich anschließenden Grün zwischen Kaisereiche und Springbrunnen mit Blick auf den Bahnhof. Viel Platz für weitere Mitstreiter im Sinne einer „Verkehrswende jetzt“, die ein Besucher mit Wimpel am Rad einforderte. Von Corona ins Freie gedrängt, präsentierten sich Händler und der ADFC Hochtaunus, Fahrrad-Touristiker und Mitarbeiter aus dem Rathaus als Werber für die Fahrradstadt Oberursel, die spezielle Reparaturstation Flickwerk und ein bisschen mehr als radpolitisch die Grünen mit einer kostenlos von allen Interessierten zu nutzenden Radwaschanlage. Allenfalls der Flohmarkt der angebotenen Fahrräder in einem knappen Zaun-Geviert fand nicht so viele Interessenten wie sonst im Frühling, wenn die Saison beginnt. Kleinkinderräder ab 50 Euro und Radklassiker mit einigen Jahren auf den Reifen für kleines Geld standen auch am Nachmittag noch im Käfig, ebenso der Höhepunkt des Flohmarkts, ein Lasten-E-Bike mit Doppel-Kinderwagen für 3495 Euro.

„Ich finde das gut hier draußen, viel besser als in der Stadthalle.“ Ein viel gehörter Satz am Sonntag. Das Fahrrad da, wo es hingehört, ein bisschen natürlich auch Schaufahren der Besucher. Und die Möglichkeit zum Testen. Inklusionsräder, Familienlastenräder, Businessräder, die Oberurseler Klimainitiative hat Fahrräder mit Lastenanhängern zum Probefahren mitgebracht, auf einem Fahrradparcours in der für Autos gesperrten Adenauerallee sind Übungsfahrten möglich. Ein Rikschafahrer mit E-Unterstützung fährt die Besucher über Stunden rauf und runter spazieren. Der Bürgermeister muss auch mal mitfahren und darf dem Volk im Vorbeischweben zuwinken.

Alexander Trobitz hat gemacht, was er schon lange wollte. Der Oberurseler und seine Frau haben sich ihre nicht ganz billigen Räder von ADFC-Experten codieren lassen. Der langjährige Partner der Stadt beim Tag des Fahrrads bietet das stets an, die Codierung soll eine gute Diebstahlsicherung sein, das Angebot ist am Sonntag stark gefragt. Der ADFC hat sogar einen roten Teppich zu seinem Stand ausgelegt, quer zum Rad- und Fußweg entlang der Adenauerallee. Ebenso beliebt die Radwaschanlage der Grünen mit Vorwäsche durch einen Spritzschlauch, mit dem Stadtverordnete, die sonst für bessere Radinfrastruktur in der Stadt werden, fleißig Hand anlegen. Die durch den Generator erzeugten Geräusche liegen permanent in der warmen Septemberluft, so viele ungewaschene Fahrräder in Oberursel. Die sauberen leuchten in der Spätsommersonne, Radfahren boomt, verstärkt durch zufällige Laufkundschaft, die nach dem Blick auf die Stars der Szene am Marktplatz noch mal in der Allee vorbeischauen.

Michael Steinmetz hat ein altes Damenrad der legendären Marke Hercules neben dem Stand der „Flickwerkstatt“ aufgebockt. Das Hinterrad fehlt, da gibt es was zu tun. Steinmetz gehört zum Team der „Reparaturstation Flickwerkstatt“ unter dem Dach des Internationalen Vereins Windrose. In einem Hinterhof in der Altstadt werden alte Fahrräder wieder flott gemacht, manchmal auch noch jüngere, je nachdem, was so reinkommt bei den Flickwerkern, die dort ihr gutes Werk tun. Mit „Spaß am Schrauben“, so Michael Steinmetz, so steht es auch auf dem handgeschriebenen Plakat am Stand. Denn „Schrauberinnen und Schrauber“ für das offene Team sind gesucht, der Tag des Fahrrads ist die Werbeplattform, Vorstellungsgespräche ohne Voranmeldung sind möglich.

Sind die Räder wieder verkehrstauglich, dürfen sie auch wieder auf die Straße. Schon viele Flüchtlinge etwa, Asylbewerber und viele andere Menschen haben sich über ein Rad aus der Flickwerkstatt gefreut.

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