„Die Auferstehungsgemeinde ist ein schönes seelsorgerliches Feld“

Will seine Gemeindeglieder möglichst bald persönlich kennenlernen: Pfarrer Georges Cezanne, der sein Amt Anfang Mai in der Auferstehungsgemeinde angetreten hat. Foto: a.ber

Oberursel (a.ber). Den Abschiedsgottesdienst in seiner bisherigen Kirchengemeinde in Wöllstein hat Pfarrer Georges Cezanne digital vor dem Computer feiern müssen, die Gemeindeglieder konnten sich nur im virtuellen Raum von ihrem Seelsorger verabschieden. „Digitale Gottesdienste sind zwar ein mediales Hilfsmittel, aber sie können den Gottesdienst in der Kirche nicht ersetzen“, sagt der 37 Jahre alte evangelische Pfarrer. Da ist es gut, dass die evangelische Auferstehungsgemeinde Oberursel ihrem neuen Seelsorger jetzt doch sonntags in der Kirche begegnen kann: Seit 10. Mai wird in der Kirche in der Ebertstraße wieder gemeinsam gebetet und gefeiert. Georges Cezanne, der am 1. Mai sein Pfarramt dort angetreten hat, legt großen Wert darauf, zuallererst seine Gemeindeglieder persönlich kennenzulernen.

Zwar ist der Theologe, ein Waldenser-Nachfahre, der in Mainz aufwuchs, durchaus medial bewandert. Aber für den Sohn einer Mutter, die Kindergottesdienste in Mainz leitete, und eines Vaters, der Kirchenvorsteher war, der selbst Orgel lernte und mit kirchlichen Traditionen aufwuchs, ist der klassische Gottesdienst mit Liturgie und Musik eben etwas, woran man unbedingt festhalten sollte. „Zumal unser Kernpublikum, die älteren Menschen, bei digitalen Gottesdiensten ja außen vor bleiben“, sagt er.

Nach dem Studium der evangelischen Theologie in Mainz, Frankfurt und Marburg und seinem Vikariat an der Lutherkirche Wiesbaden war Georges Cezanne auf seiner ersten Pfarrstelle im Idsteiner Land für mehrere Dörfer zuständig. „Damals habe ich mich in den Taunus verliebt.“ Nach einigen Jahren im rheinhessischen Wöllstein konnte er nun in die Pfarrwohnung der Oberurseler Auferstehungsgemeinde im Altenhöfer Weg einziehen und ist fortan für etwa 2000 Gemeindeglieder zuständig. Während er sich im Studium vor allem mit dem Neuen Testament und Systematischer Theologie, mit den „Bultmann-Fragen: Braucht man den historischen Jesus für den geglaubten Christus?“ und mit dem Verhältnis von Naturwissenschaft und Theologie befasst hatte, ist Georges Cezanne als Gemeindepfarrer zu der Ansicht gelangt, „dass der Pfarrer durchaus ein Generalist ist. Das Begleiten von Menschen – von der Wiege bis zur Bahre – sehe ich als meine Aufgabe. Und hier in der Oberurseler Gemeinde gefällt mir, dass vom Kindergarten bis zum Seniorenheim Haus Emmaus alles vorhanden ist, um meinen Dienst zu tun. Es ist ein schönes seelsorgerliches Feld“, so Cezanne.

Die Kirchengemeinde kann sich freuen, dass der Hobby-Orgelspieler, der gerne auch Oper und Konzerte besucht, viel für die musikalische Gestaltung von Gottesdiensten übrig hat. „Ich finde es schrecklich, dass wir zur Zeit nicht singen dürfen in der Kirche“, bekennt der Pfarrer. Nun andere Formen der Spiritualität für die Gottesdienste zu finden, sei eine Herausforderung. „Und liturgische Gewohnheiten sollten jetzt auch nicht einfach über den Haufen geworfen werden.“ Dass Georges Cezanne das aber auch spannend findet, glaubt man dem jungen Theologen gern. Begeistert er sich doch seit vielen Jahren schon für Kinofilme, „die oft den Nerv der Zeit treffen“, manche Entwicklung vorausnehmen und ihm oft wie „Kino-Predigten“ vorkommen.

Nicht nur hiervon lässt er sich anregen, nimmt Ideen mit. Auch sonst ist er ein neugieriger Mensch, hat als England-Fan schon alle Harry-Potter-Filmdrehorte aufgesucht, versucht sich an Kochrezepten und hat festgestellt, „dass die englische Küche viel besser ist als ihr Ruf.“ Aber bodenständig sei er, kirchlich gesehen, nun doch auf jeden Fall, meint er. Ab und zu setzt sich Georges Cezanne an die Orgel und meditiert zum Entspannen das Predigtlied für den nächsten Sonntag. Den Sonntags-Gottesdienst in der Kirche. Seine katholischen und evangelischen Pfarrkollegen, den Bürgermeister und die vielen haupt- und ehrenamtlichen Säulen der Auferstehungsgemeinde möchte er denn auch am liebsten bald von Angesicht zu Angesicht ohne störenden Bildschirm kennenlernen.

!Am Sonntag, 17. Mai, findet um 9.30 Uhr ein Gottesdienst in der Auferstehungskirche in der Ebertstraße statt.



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