Oberursel (gt). „Die aufsichtsbehördliche Genehmigung erfolgte ohne Auflagen“ – dieser Satz befindet sich in einer Mitteilung der Stadt vom 2. August, wonach der Haushalt 2024 von der Aufsichtsbehörde genehmigt wurde und bis zum 6. August im Rathaus ausgelegt wird (die Oberurseler Woche berichtete am 1. August). Wer sich etwas mehr mit dem Thema Haushalt beschäftigt, wird bemerkt haben, dass die „Begleitverfügungen“ der Aufsichtsbehörde nicht mit veröffentlicht wurden. Die Begleitverfügungen sind etwas wie Anregungen an die Kämmerei. Sie können auch Lob und Kritik an der Haushaltsführung enthalten.
Im vergangenen Jahr hatte die OBG in der Stadtverordnetenversammlung beantragt, mögliche Begleitverfügungen zur Haushaltsgenehmigung künftig in den öffentlichen Sitzungsunterlagen mit einzustellen. „Warum sollten wir das, was uns die Aufsichtsbehörde ins Buch geschrieben hat, hinter verschlossener Tür halten“, fragte Andreas Bernhardt (OBG) in der Sitzung vom 14. Dezember 2023. „Ich glaube, gerade in Zeiten von Politikverdrossenheit, auch von Misstrauen gegenüber der Politik, ist nichts dabei, wenn wir etwas, das uns die Aufsichtsbehörde mitgeteilt hat, veröffentlichen“, sagte er und erklärte: „Denn wenn wir es nicht machen, dann liegt doch eher die Vermutung nahe: Hier stimmt etwas nicht.“
Wolfgang Schmitt (Grüne) argumentierte dagegen. Es sei eine technische, verwaltungsinterne Angelegenheit, und die Materie sei so trocken, dass der „politische Unterhaltungswert“ gegen Null tendiere. Davon unberührt bleibe die Pflicht des Staates, dem Informationsinteresse jedes einzelnen Bürgers Rechnung zu tragen. Schmitt stellte auch klar: „Die Nicht-Veröffentlichtung eines Dokuments heißt nicht, dass es vertraulich ist, oder dass Geheimhaltungsregeln einzuhalten sind. Jeder Bürger dieser Stadt kann die Stadtverordneten fragen und die Stadtverordneten ihrerseits können jedem den Inhalt dieses Dokuments zugänglich machen.“
CDU, Grüne, SPD und ULO folgten dieser Argumentation und stimmten gegen die automatische Veröffentlichung. OBG, AfD, Linke und Klimaliste stimmten dafür, hatten aber keine Mehrheit. Als die Oberurseler Woche versuchte, in der vergangenen Woche die Begleitverfügungen einzusehen, wurde die Anfrage von der Stadtverwaltung abgelehnt. Zwar wurde bestätigt, dass es Begleitverfügungen zu der Haushaltsgenehmigung gibt, aber obwohl in der Sitzung im Dezember argumentiert wurde, dass sie öffentlich seien und nur nicht automatisch veröffentlicht werden sollen, wird die Ablehnung des Antrags nun so interpretiert, dass sie gar nicht öffentlich sind: „Laut Protokoll der Stadtverordnetenversammlung vom 14. Dezember 2023 wurde dort der Antrag, dass die Begleitverfügungen veröffentlicht werden sollen, abgelehnt. Sie sind also nicht öffentlich und werden nicht veröffentlicht. Daher sind sie natürlich nicht lesbar, weil nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.“ So lautete die Antwort vom Pressebüro der Stadt.
Auf Nachfrage gab nun Wolfgang Schmitt zu, bei seiner Rede damals sich in einem Punkt geirrt zu haben. Ihm sei damals nicht bewusst gewesen, dass das hessische Informationsfreiheitsgesetz keine Geltung auf kommunaler Ebene hat. Aus diesem Grund habe seine Partei in der jüngsten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung eine „Informationsfreiheitssatzung“ für Oberursel beantragt. Damit soll der Zugang zu öffentlichen Dokumenten analog zur Landesebene ermöglicht werden. Man hat sich an der Satzung aus Kronberg orientiert, die im vergangenen Jahr beschlossen wurde.
Der Antrag fand Unterstützung bei der ULO, der AfD, der Linke und der Klimaliste. CDU, SPD, FDP und sogar die OBG, die ursprünglich im Dezember die Initiative für die automatische Veröffentlichung der Begleitverfügungen ergriffen und dafür votiert hatte, stimmten dagegen. Damit setzte sich die neue Koalition durch.
„Die Informationsfreiheitssatzung hätte uns hier nicht weitergeholfen“, erklärte Andreas Bernhardt auf Nachfrage. Er gehe aber davon aus, dass die Stadt verpflichtet sei, die Begleitverfügungen als nicht-öffentliche Unterlagen den Stadtverordneten zur Verfügung zu stellen. Zu seiner Argumentation vom vergangenen Dezember, warum man sie lieber veröffentlichen soll, stehe er weiterhin.
Zu sehen bekommt die Presse die Begleitverfügungen jedenfalls nicht.