Oberursel. Die Siegerliste ist ziemlich lang in diesem Jahr. Ungefähr 1200 Namen stehen darauf, und jeder hat die Goldmedaille verdient. Denn im Ziel ist jeder ein Sieger. Bei keinem Sportereignis wird das so deutlich wie beim „Zimmersmühlenlauf“.
Der olympische Geist in Perfektion, Dabeisein ist alles, die Freude an der Bewegung, in der Gruppe vor allem, mit vielen anderen gemeinsam ein Ziel haben. Am Tag nach der Eröffnung der Paralympics in Paris hatte Oberursel sein sportliches Highlight mit dem „Integrativen Zimmersmühlenlauf“.
Wieder so ein heißer letzter August-Donnerstag. Auch am frühen Abend noch brennt die Sonne, da sind selbst knappe 1,5 Kilometer im verkürzten Integrationslauf eine Menge Holz für die Starter bei der 19. Auflage des inzwischen schon „Klassikers“. Laufen, rennen, gehen, rollen, wenn nötig mit Begleitläufer oder Anschieber, jeder eben, wie er will oder kann, beim „Lauf für Integration“ geht es nicht um Siegerzeiten, eher darum, zusammen stark zu sein. Der Lauf ist wie alle Jahre wieder eine bunte Demonstration für Vielfalt mit integrierter Party auf der Strecke, am Wegesrand und später im Hof der Oberurseler Werkstätten bei Speis und Trank und Live-Musik mit der legendären Hausband „Hörsturtz“
Es wird viel Wasser benötigt an diesem Tag. Für den großen Durst und für kleine Duschen des erhitzten Körpers zwischendrin. Manch einer kommt patschnass ins Ziel, auch wenn es diesmal wohl keine Wasserversorgung mit Schlauch am Straßenrand gab, wie man im Ziel hört. Egal, Hauptsache ankommen, wie auch immer, und sich feiern lassen vom Publikum am Straßenrand und auf der Zielgeraden. Das nimmt hier jeder mit, das ist mehr wert als Medaille und Urkunde.
„Schön, dass es uns gibt“, war das Motto des Laufs vor zwei Jahren, das T-Shirt wird noch immer gerne getragen, es bringt den Geist der Veranstaltung auf den Punkt. Schon eine Stunde vor dem Lauf setzen sich einzelne Sportler und Kleingruppen im Sternmarsch in Bewegung, allererstes Ziel ist der Start vor dem Hauptgebäude der Oberurseler Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Dort trifft man auch Marcus Scholl, der den „Lauf für Integration“ einst mit dem früheren Leiter der Werkstätten ins Leben gerufen hat. Heute ist er Citymanager in Diensten der Stadt, um die Trinkwasserversorgung der Sportler kümmert er sich immer noch.
Der „Kunstgriff“-Vorsitzende Dirk Müller-Kästner hat die Seiten gewechselt. Ohne Zylinder wie über all die Jahre bei seinen Laufeinsätzen an der Spitze der „Kunstgreifer“ tummelt er sich nun in der Start-Ziel-Zone, jetzt als Moderator an der Strecke, nicht ganz so schweißtreibend der Job. Darf kurz mit der Bürgermeisterin, dem Stadtverordnetenvorsteher und dem Vize-Landrat plaudern, Landtags- und Bundestagsabgeordnete aus dem Kreis begrüßen, einige davon vorbildlich im Sportdress. Auch die Rathauschefin läuft als Begleiterin mit, sie findet das „Wir-Gefühl großartig“, Oberursel habe mit der Etablierung des Zimmersmühlenlaufs „Maßstäbe gesetzt“, hier sei schon die halbe Stadtbevölkerung im Einsatz gewesen, nehme man die Gesamtzahl der Starter in all den Jahren seit 2006 als Maß.
Ganz wichtig beim Zimmersmühlenlauf: Das „Come together“ danach im weitläufigen Hof der Werkstätten. Da wird nicht nur das Werkstatt-Team gefeiert, das 139 Menschen an den Start brachte, der Lauf ist ja längst auch ein Ereignis, bei dem sich Firmen, Organisationen, Vereine und andere Gruppen meist im identischen Dress zeigen, um gemeinsam ihr Bekenntnis zum „Orschel der Vielfalt“ abzulegen. Dabeisein ist eben alles. Die Süwag als „Top-Team“ hat gegenüber dem vorigen Jahr noch einmal draufgelegt und 95 Leute an den Start gebracht, die Kirchengemeinde St. Ursula 45, die Frankfurt International School (35) ist seit Jahren Stammgast. Mal sehen, was sich da beim 20-Jahre-Jubiläum im August 2025 noch so tut. Die Jahreszahl könnte zum Ziel für die Teilnehmerzahl werden. Das ließe sich wunderbar feiern.