Oberursel (fch). Der Start in die Sommerferien – dieses Jahr 22. Juni – ist an der Frankfurt International School (FIS) ein von allen Beteiligten mit großer Begeisterung gepflegtes Ritual. Lehrer und Mitarbeiter bilden auf dem Hof ein Spalier und verabschieden winkend, rufend und hüpfend die Schüler in die Sommerferien. Die winken ihnen ebenfalls aus den abfahrenden Bussen zu. Die Busfahrer verabschieden sich ihrerseits mit einem lauten Hupkonzert in die Ferien.
Mitten in der Menge steht Vera Thiers. Für die Marketing- und PR-Frau der FIS ist es das letzte Mal, dass sie den Schülern schöne Ferien wünscht. So wie für die Absolventen der FIS ist es auch für die fast 66-Jährige der letzte Schultag. Nach 14 Jahren verabschiedet sich die engagierte Mitarbeiterin nach einem kleinen Abschiedsfest mit „einem lachenden und einem weinenden Auge“ in den Ruhestand.
Dass sie dies einmal in Oberursel tun würde, hat Vera Thiers nicht vermutet. Geboren und aufgewachsen ist sie in Canton im US-Bundesstaat Ohio. Nach dem Abitur studiert sie an „einer wunderschön gelegenen, ländlichen Universität“ in Virginia Geschichte. Nach Deutschland kommt sie 1977 als freiberufliche Reisebegleiterin von Amerikanern, die Europa mit dem Bus erkunden. Danach arbeitet sie für den Reiseveranstalter im Büro. Ihren späteren Mann lernt sie auf dem Weinfest in Wiesbaden kennen. Sie heiratet und wird Mutter von zwei Kindern: „Nach zehn Jahren Frankfurt war Oberursel perfekt, als die Kinder kamen. Oberursel ist offen, freundlich, es nimmt Menschen an.“
In Oberstedten fühlt sie sich schon lange wohl und zu Hause. Ab 1995 arbeitete sie als Übersetzerin und Koordinatorin für Relocation Unternehmen, die als Dienstleister Unternehmen bei der Rekrutierung von Mitarbeitern aus dem Ausland und Leuten, die aus beruflichen oder privaten Gründen nach Deutschland kommen, bei der Integration behilflich sind. Zusätzlich beriet sie und bereite Au Pairs auf ihre Aufenthalte in Deutschland oder in den USA vor. „Ich habe immer im Bereich des internationalen Kulturaustauschs gearbeitet und bin gut in der internationalen Geschäftswelt vernetzt.“ Nicht nur beruflich, sondern auch privat in Vereinen ist Vera Thiers aktiv. „Ich bin Mitglied in drei Vereinen, etwa The American International Women‘s Club.“ Sich am Ort zu engagieren sei typisch amerikanisch.
Zur FIS kam sie 2007 als Marketing- und PR-Frau. „Die Schule vermarktet sich selbst. Wir haben lange Wartelisten. Mein Job war es, Schülern und Eltern das Gefühl zu geben: ‚Hier ist ein Zuhause.‘ Die FIS ist eine Familie, eine Gemeinschaft. Unsere Lehrer kommen aus 35 Ländern. Uns verbindet trotz aller Unterschiedlichkeit unsere internationale Idee. Ich war das Verbindungsglied zwischen Schule, den Städten Oberursel und Frankfurt, dem Hochtaunuskreis und Verbänden.“
Das Networking beschert ihr viele Termine am Abend. Ihre Arbeit sei stets spannend und vielseitig gewesen. „Am meisten Spaß gemacht haben mir die Vorbereitung und Organisation von Projekten wie dem Hessentag, der 50-Jahr-Feier der FIS 2011 mit Gala und 1960er-Jahre-Party sowie von Gremiumsitzungen zu verschiedenen Themen wie künstlicher Intelligenz.“
Langeweile hat sie auch im neuen Lebensab-schnitt nicht. Über ihr Plus an Freizeit freut sich die Familie, die in Kürze durch ein zweites Enkelkind vergrößert wird. „Ich freue mich darauf, mehr Zeit für meine Familie, Freunde, Interessen und Hobbys zu haben. Ich werde jetzt oft auf dem Rücken meines Pferdes, je schneller desto lieber, über Stock und Stein in der Natur unterwegs sein“, kündigt die Naturliebhaberin an. Geplant hat sie Pack Trips, um auf dem Rücken der Pferde die Schönheiten der Natur hautnah genießen zu können. „Ich bin auch ein Waldmensch und will deshalb meinen Jagdschein machen. Nicht um zu jagen, sondern um viel über Flora und Fauna zu lernen. Schießen zu lernen, interessiert mich nicht, dazu bin ich viel zu zappelig.“ Sie freut sich auf Zeit fürs Lesen, vor allem von Biografien und Romanen, zum Sporttreiben wie Joggen und Radfahren. Die Nähe zu Frankfurt mit Theater, Musik und Kultur sei optimal für eine abwechslungsreiche Freizeitgestaltung. Aus Oberursel wegziehen will sie nicht. „Hier ist meine Heimat, hier habe ich meine Familie und meine Freunde.“ Im August wird ihre Nachfolgerin Tina Awtani an der FIS begrüßt. „Sie ist eine gebürtige Deutsche, kommt zu uns von der Internationalen Schule ACS Cobham in Großbritannien, wo sie im Bereich Marketing, Admissions und Development tätig war.“