Eine „gudd Stubb“ mit vielen Ankern der Erinnerung

Die „gudd Stubb“ ist bei den Bewohnern im Traute und Hans Matthöfer-Haus der AWO als Spielzimmer sehr beliebt, „Mensch ärgere dich nicht“ kennt keine Altersgrenzen. Foto: js

Oberursel (js). Das Traute-und-Hans-Matthöfer-Haus der Arbeiterwohlfahrt (Awo) hat eine neue „gudd Stubb“. Passend zum 100-jährigen Awo-Jubiläum und zum 45. Geburtstag der Pflegeeinrichtung in der Kronberger Straße in diesem Jahr ist das „Erinnerungszimmer“ im Wohnbereich „Zum Fuchstanz“ im neuen Anbau fertig geworden. Ein Raum für Begegnungen und kleine Feste, ein Raum für Menschen, die an Demenz erkrankt sind, und für ihre Angehörigen, ein Raum mit vielen „Erinnerungsankern“.

Wenn das Gedächtnis schwindet, die Leistung nachlässt, Unsicherheiten und Ängste zu Identitätsverlust führen können, der bei fortschreitender Demenz nahezu unausweichlich ist, brauchen Menschen Erinnerungsanker. Es können Spiele sein, Lieder, Gebete, vielleicht auch Tischsitten oder einfach Gegenstände, die Vertrautheit und Geborgenheit für Momente schaffen. Die „gudd Stubb“ soll so ein Raum mit Erinnerungsankern sein, denn „wir sind, was wir erinnern“, zitiert Diplom-Pädagogin Christiane Rink von der Hausleitung eine wichtige Erkenntnis der Demenz-Forschung.

Der gewählte Name passt zum Interieur des Zimmers mit der gemütlichen Eckbank mit Sitzpolstern, mit altdeutschem Wohnzimmerschrank, Landschaftsbild und Kreuz an der Seitenwand über dem Esstisch. Eine alte Adler-Nähmaschine steht in einer Ecke, irgendwo im Hintergrund spielt ein altertümliches Radio die passende Musik, an einer Wand prangt ein großformatiges Landschaftsgemälde. Ein Raum-Design, wie es viele ältere Menschen der heutigen Generation im Awo-Heim noch kennen. Eine gestaltete Welt, die bei vielen Bewohnern Erinnerungen wachruft. Genau das ist das Ziel, Erinnerungen, die Verbindung schaffen, wenn die Orientierung zu verschwinden droht. „Danke für diese Idee, es ist ein wundervoller Baustein in der Allianz gegen Demenz“, sagte Oberursels Sozialdezernent Christof Fink, der wie die Sozialdezernentin des Hochtaunuskreises, Kathrin Hechler, zur offiziellen Einweihung der „gudd Stubb“ gekommen war.

Den Erinnerungsraum können alle Bewohner für sich und ihre Angehörigen buchen und tun das auch sehr gerne, so Rink. Der Tisch vor der Eckbank ist zum Nachmittagskaffee gedeckt, auch das Geschirr passt in die Zeit des Zimmers. Eine großzügige Spende der örtlichen SPD, traditionell eng verbunden mit der Arbeiterwohlfahrt, hat zur Verwirklichung des Projekts beigetragen. Tapeten etwa, Maler- und Elektrikerarbeiten wurden davon finanziert, dafür bedankte sich Christiane Rink bei den vielen prominenten SPD-Frauen früherer Jahre, die ebenfalls gekommen waren. Elisabeth Knoth etwa, die erst mit knapp 80 Jahren nach vier Jahrzehnten den Awo-Vorsitz aufgegeben hat und inzwischen 86 Jahre alt ist, SPD-Urgestein Gerda Hoffmann, die auf 75 Jahre Parteizugehörigkeit zurückblickt, Silke Welteke, die bis heute Mitglied des ehrenamtlichen Magistrats ist. Nach der Eröffnung der „Stubb“ blieben sie noch und schauten gemeinsam mit Bewohnern den Film „Wir spielen, damit wir nicht vergessen“ des Kunsttherapeuten Andreas Hett an. Auch im Film steht der Umgang mit Demenz im Mittelpunkt, Hett arbeitet seit vielen Jahren bei Projekten mit der städtischen Seniorenbeauftragten Kathrin Fink im Team.



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