Oberursel (gt). In der letzten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung im vergangenen Jahr stand die Abstimmung über den städtischen Haushalt für 2025 auf der Tagesordnung, ein Tagesordnungspunkt, der in der Vergangenheit schon mit sechs Parteien im Stadtparlament mehrere Stunden gedauert hat. Mit aktuell zehn Gruppierungen hatte man sich im Ältestenrat vorab auf eine Reihenfolge der Redner geeinigt, deren Reden jeweils auf zehn Minuten beschränkt werden sollten.
Martin Bollinger machte für die CDU den Anfang. Der Haushalt sei von „großen Schwierigkeiten und Herausforderungen geprägt“, sagte er. „Trotz umfassende Sparanstrengungen schaffen wir es dabei die notwendigen Einsparungen, um den städtischen Haushalt genehmigungsfähig zu halten, und die erforderlichen Investitionen in unserer Stadt, in einer tragfähigen Ausgleich zu bringen“, erklärte er. Er hob die Investitionen in Kinderbetreuung, Klimaanpassung und Hochwasserschutz sowie in die Stärkung der Feuerwehr hervor. Mit den neuen Baugebieten in der Stadt trage man dem großen Siedlungsdruck Rechnung. „Das Projekt Mutter-Teresa-Straße und der Siedlungslehrhof zeigen dabei, dass wir undogmatisch für die breite Bevölkerung vielseitige Wohnraum-Möglichkeiten schaffen“, sagte er. Der Verkauf von unrentablen Immobilienprojekten würde teure Modernisierungskosten auf Kosten des Steuerzahlers vermeiden, so Bollinger. Er stellte aber klar, dass trotz Sparmaßnahmen die Stadt weiterhin in die Infrastruktur für Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer investieren werde. Zum Thema Durchstich Nassauer Straße an die Weingärtenumgehung betonte er: „Wir lassen uns nicht von diesem Projekt abbringen!“
Wolfgang Schmitt von den Grünen kritisierte, dass wenige Vorschläge für den Haushalt von der Koalition gekommen seien, und bezeichnete die Haushaltspolitik als „mehr die Verwaltung und nicht die Gestaltung des mangelhaft Bestehenden.“ Stopfe man ein Loch notdürftig, tue sich unmittelbar ein neues auf, beklagte er. Dies sei „Kommunalpolitik als Sisyphusarbeit“. Er kritisierte, dass die Bundes- und Landesregierungen Zusagen gegenüber den Bürgern treffen und sich dafür feiern lassen, ohne sich für die Konsequenzen am Ort zu interessieren. Die Verlängerung der Nassauer Straße bezeichnete er als „nicht bezahlbar“. „Probleme werden nur verlagert“, beklagte er. Das Projekt sei ein „Taunusluftschloß“. Beim Haushaltssicherungskonzept setze der Stadtkämmerer „fragwürdige Taschenspielertricks“ ein, so Schmitt. Die einkommensabhängige Kinderbetreuungsgebühren führten dazu, dass diejenigen, die höhere Gebühren zahlen können, die Einrichtungen verlassen und sich möglicherweise für private Betreuungseinrichtungen entscheiden. Außerdem, so Schmitt, sei kein zusätzliches Personal im Rathaus für die Überprüfung der Einkommenssteuerbescheide geplant.
Steffen Veiga Gennert meinte für die OBG, der Haushaltsentwurf zeige, dass „wir erste Schritte in die richtige Richtung unternommen haben und gleichzeitig unserer Verantwortung gerecht werden“. Aber die Spielräume eines kommunalen Haushalts seien begrenzt. „Viele neue Aufgaben und Herausforderungen werden von Land und Bund auf die kommunalen Familien abgewälzt, ohne für die finanziellen Mittel zu sorgen. Das kann unmöglich so weiter gehen“, erklärte er. Veiga Gennert sprach die Abgabe des Stadtbusverkehrs an den VHT an. Einkommensabhängige Kitagebühren würden schon totgeredet, bevor man richtig darüber gesprochen hat. Was den Durchstich der Nassauer Straße angeht, erklärte er: „Wir sehen den Verkehr lieber um die Stadt geführt, als durch ihr Zentrum.“
Michael Planer, der die Beratungen zum Haushalt als Vorsitzender des Haupt-, Finanz- und Digitalisierungsausschuss geleitet hat, sprach nun für die ULO. Er zitierte aus dem Haushaltsentwurf eine schockierende Nachricht: „Sofern im Planungszeitraum 2025-2028 keine wesentlichen Verbesserungen der finanziellen Situation eintreten, scheint eine Erhöhung des Hebesatzes bei der Grundsteuer B unausweichlich. Zum Zeitpunkt der Erstellung würde dies einen Anstieg um 728 Punkte nach neuem Recht für ein ausgeglichenes Ergebnis für 2028 bedeuten“. Er wies gleichzeitig darauf hin, dass die Erhöhung der Kreis- und Schulumlage in diese Zahlen noch nicht eingepreist worden sind. Die ULO habe Einsparungen gefordert, erklärte Planer. Nun werde eine „globale Mindestausgabe“ über alle Bereiche vorgeschlagen. Planer blickte zurück, dass die ULO in der Vergangenheit von CDU und SPD für diesen Vorschlag belächelt wurde. „Wie wir nun sehen, ist es doch möglich, es muss nur genug Druck von außen sein“, sagte er. Schließlich appellierte er an die Stadtverordneten, Gewerbeansiedlungen zu erleichtern, Einsparungen konsequent zu unterstützen und den Weg für eine nachhaltige Haushaltsführung zu ebnen.
Ingmar Schlegel (Linke) stellte klar, dass seine Fraktion weiterhin den Durchstich der Nassauer Straße befürworte, stellt aber in Frage, ob es angebracht ist, Planungskosten in größeren Höhe zu tragen, wenn die Mittel für die Umsetzung fehlen. Bei der Anpassung des Grundsteuerhebesatzes hätte sich Schlegel einen sozialen Ausgleich gewünscht. Bei der Umsetzung der einkommensabhängigen Kitagebühren befürwortete er eine aufkommensneutrale Lösung, ebenso bei der Anpassung der Grundsteuer. Er merkte auch an, dass der immer wieder gestellte Antrag für eine Zweitwohnsitzsteuer in diesem Jahr von seiner Fraktion allein gestellt wurde, in der Vergangenheit hatte man dies gemeinsam mit der OBG getan. Zum Schluss gab es eine gute Nachricht für die Linke: Ihr Antrag für das „Brunnenfestticket“ wurde von der Koalition unterstützt, somit soll die ÖPNV-Nutzung während des Festes in diesem Jahr wieder kostenlos sein.
Paul Beuter (AfD) kritisiert ebenfalls die Landesregierung für die Aufgaben, die Oberursel als Stadt übernehmen muss, ohne ausreichende Mittel zur Finanzierung zu bekommen. Dazu gehörten Kinderbetreuung, Grenzwerte für Kläranlagen, behindertengerechte Gestaltung der Stadtlandschaft, die Belastung durch Flüchtlinge sowie Klimaschutz und Klimaanpassung. Er beschwerte sich darüber hinaus, dass die Politik in Oberursel trotz Haushaltslage „nichts anderes zu tun als auf jedes Pferdchen, das irgendwo hingelegt wird, für jeden Fisch, der irgendwo hingehängt wird zuzuschnappen.“ Man würde sich mehr damit beschäftigen, Fördertöpfe anzugreifen statt strategische Entscheidungen zu treffen, meinte er. Er plädierte dafür, die Gewerbesteuer konkurrenzfähig zu machen, um mehr Gewerbe anzusiedeln, sowie in Anbetracht der steigenden Kosten das Gefahrenabwehrzentrum (GAZ) neu zu planen.
Claudia von Eisenhart Rothe (Klimaliste) zeigte sich enttäuscht, dass es nicht gelungen sei, einen zukunftsgerichteten Haushalt aufzustellen, sondern lediglich „alles beim Alten bleibt.“ Scharfe Kritik übte sie am Verkauf von Grundstücken, um eine Straße zu bauen und Haushaltslöcher zu stopfen. Besonders die finanzielle Unterstützung des BSO wurde kritisiert: „Warum schauen wir diesem BSO-Treiben weiter zu?“ fragte sie. Der BSO sei für sie ein „Faß ohne Boden“. Sie forderte die Einführung der Grundsteuer C für Grundstücke, die baureif sind, aber über mehrere Jahre unangetastet geblieben sind: „Auf jedes dieser Grundstücke könnten Doppelhäuser oder Mehrfamilienhäuser gebaut werden. Relativ rasch, und wir hätten sehr schnell viel mehr Wohnraum für mehr als 150 Familien, ohne einen B-Plan zu ändern“, sagte sie. Außerdem könnte man das Fresenius-Gebäude als Ausweichquartier für das Rathaus nutzen. Schließlich bezeichnete sie die Verlängerung der Nassauer Straße als „aus der Zeit gefallenes Projekt“ und fragte sogar: „Welche Parteifreunde müssen hier wie bedient werden?“
Die fraktionslose Stadtverordnete Doris Mauczok nahm die Erhöhung der Kreisumlage ins Visier. „Im Kreis träumen wenige immer noch von der großen Seilbahn“, sagte sie. Dies sei „eine Politik, die vollkommen an den Bedürfnissen der Bürger vorbeigeht.“ In Zeiten schwieriger Haushaltslagen brauche es deshalb „einen klaren Kurs und einen erkennbaren roten Faden“, doch das könne sie im Haushalt nicht erkennen und lehnte ihn daher ab. Er sei eine Weiterführung der bisherigen Politik der Koalition, um eigene Interessen möglichst schnell und ohne Diskussion durchzuboxen. „Der Antrag, die politischen Gremien zu verkleinern, entspricht ebenso dem Anliegen der Koalition, Diskussion und politische Vielfalt zu reduzieren“, betonte sie. Ausdrücklich begrüßte Mauczok jedoch die Umstellung auf einkommensabhängige Kitagebühren.
Als Letzte sprach Elenor Pospiech für die SPD. Die Steigerung der Gewerbesteuer in den vergangenen Jahren zeige, dass „irgendwas in Oberursel richtig laufen muss“, so Pospiech. Aber auch wenn ihre Fraktion die Erhöhung der Grundsteuer im vergangenen Jahr nicht gefällt, sei es „ein bisschen so, als würden wir ständig den Gürtel enger schnallen, und trotzdem rutscht die Hose weiter.“ Hervorgehoben hat sie die Neuaufstellung der Wirtschaftsförderung, die einzuführende Plattform für Kommunikation, und die „super Infrastruktur“ der Stadt
Bei der Abstimmung wurde die Haushaltssatzung sowie das Investitionsprogramm von der Koalition aus CDU, SPD und OBG mit ihrer Mehrheit beschlossen, alle anderen Parteien und Gruppierungen stimmten dagegen. Das freiwillige Haushaltssicherungskonzept unterstützte außer der Koalition auch die AfD. Den Wirtschaftsplan des BSO unterstützten dagegen fast alle Stadtverordneten – hier stimmte nur die AfD dagegen.