Kunstgenuss mit Maske in der Alten Apotheke

Der rote Stern weist zur „Kunst im Leerstand“: Miriam Oster und Hans-Georg Brum sowie Dagmar Lichtblau und Peter Zielatkiewicz (v. l.) von der Künstlergruppe „Farbwerke Oberursel“ freuen sich auf Besucher der Verkaufsausstellung in der Adventszeit. Foto: js

Oberursel (js). Der rote Weihnachtsstern über der Eingangsfront der Alten Apotheke in der oberen Vorstadt weist nun den Weg zur Kunst. Zu Werken von Oberurseler Künstlern in einem Haus mit vielen Jahren Oberurseler Geschichte. Der Herzschlag einer alten Apotheke mit Tiegeln und Töpfen ist im heutigen Showroom noch zu spüren. Bei Lesungen, Yoga-Training und Tagungen kleiner Ärztegruppen kam zuletzt Leben in die liebevoll umgebaute Bude, nun ist hier für einen Wimpernschlag in der Geschichte des Hauses die Künstlergruppe „Farbwerke Oberursel“ eingezogen. Bespielt den „Pop Up Store“ am Rand der Altstadt bis zum Jahresende, um dann wieder das Feld für Neues zu räumen.

„Kunst im Leerstand“ wurde das neue Format getauft, bei dem mehrere Akteure im freundlichen Zusammenspiel wichtige Rollen übernommen haben. Es braucht eine Ideengeberin wie die Kulturnetzwerkerin Antje Runge, die lokale Initiativen für ortsansässige Künstler angestoßen hat. Es braucht einen Motor wie den Citymanager Marcus Scholl, der versucht, die Fäden zusammenzuführen und mit hiesigen Künstlern Leerstands-Konzepte zu entwickeln. Es geht nicht ohne Menschen, die den Raum dafür zur Verfügung stellen, um dem Leerstand ein schöneres Gesicht zu geben. Oder wie die Apothekerin Miriam Oster, die neben Eigenwerbung das kulturelle Leben in der Stadt inspirieren und fördern will. Und natürlich die kreativen Köpfe, die bereit sind und sich sehr darüber freuen, eine Pop-Up-Galerie wie die Alte Apotheke in ganz neue Bilder zu kleiden.

„Beginn einer Serie“

Wirtschaftlich war das Führen zweier Apotheken in Sichtweite für die Inhaberin der Columbus-Apotheke in der zentralen Vorstadt nicht. Das Konzept ging nicht auf, die zwar leeren, aber schönen Räume wollte sie behalten. Für ihr persönliches Büro, für Lagerflächen und als Seminar- und Ausstellungsräume unter dem Label „Vorstadt37“. Nun als „Kunst im Leerstand“, durchaus auch Kunst im Alltag, Bürgermeister Hans-Georg Brum sprach bei der Vorstellung des Projekts schon von einem „Highlight“ und dem „Beginn einer Serie“. Die nicht nur das kulturelle Leben bereichern soll, sondern auch die City und ihr Geschäftsleben ins rechte Licht rücken und beleben könnte. Die Alte Apotheke sei dafür „ausgesprochen geeignet“. Das finden alle beteiligten Akteure. Miriam Oster sieht einen „Benefit für die Altstadt“, Künstler Bernhard Keßeler freut sich auf die Herausforderung, „Kultur und Geschäftsleben bei der Verkaufsausstellung“ zu vereinen. Der zur Verfügung gestellte große Raum mit riesigem Schaufenster zur Innenstadt begeistert alle vier in der Farbwerke-Gruppe, zumal es um Ausstellungsmöglichkeiten in diesen Zeiten gar nicht gut bestellt ist.

Rechtzeitig zum ersten Advent wird „Kunst im Leerstand“ am morgigen Freitag um 14 Uhr eröffnet, ohne Vernissage, aber mit Maske und Abstandsgebot nach den aktuellen Hygienevorgaben. Vier Künstler bilden die „Farbwerke Oberursel“, seit 2016 bereichern sie die Kunstszene im Taunus mit mindestens einer Ausstellung pro Jahr, zuletzt mit Erfolg in der „Alten Wache“ Oberstedten. Ihre Ausstellungen versprechen stets Vielfalt, denn die beiden Künstlerpaare sind auf vielen Ebenen tätig. Ist Bernhard Keßeler etwa vorwiegend im Linolschnitt unterwegs und hat in den vergangenen zehn Jahren ein kleines Werk grafischer Arbeiten geschaffen, intensiv mit wenigen Farben, hat seine Ehefrau Dagmar Lichtblau in jüngsten Arbeiten die Technik der Cyanotypie entdeckt, ein altes fotografisches Edeldruckverfahren mit blauen Farbtönen. Auch Inge Jourdan arbeitet mit der Kamera, ihr künstlerisches Werk beinhaltet aber auch Aquarellmalerei und Collagen. Peter Zielatkiewicz, der gelernte Bauzeichner, hat das Malen schon in 70er-Jahren für sich entdeckt. Das akribische Zeichnen ist sein Metier, im Zusammenspiel mit Farben – Öl, Aquarell, Tusche, Buntstifte – zeichnet er nuanciert ausgetüfelte Fantasiewelten und überrascht stets wieder mit realistisch anmutenden Bildern auch aus dem Oberurseler Alltagsleben.

!Die Verkaufsausstellung in der „Alten Apotheke“, Vorstadt 37, ist bis zum 31. Dezember mittwochs von 12 bis 18 Uhr, donnerstags und freitags von 14 bis 19 Uhr und samstags von 11 bis 17 Uhr geöffnet.



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