Per Lastenrad mit bis zu 100 Kilogramm unterwegs

„Lastenmann“ Nils Britze ist der analoge Gegenpart zum digitalen „Zoom“-Paket. Foto: js

Oberursel (js). Wer liefert? Nils Britze liefert. „Der Lastenmann“, so könnte er in die aktuelle Oberurseler Geschichte eingehen. „Ich bin Orschel“ steht mit weißen Buchstaben auf seinem schwarzen T-Shirt, dazwischen diskret das Stadtwappen. Nils Britze, der Oberurseler, radelt für „Orschel“, weil einer es ja tun muss. Mit einem Lastenfahrrad ist der 51-Jährige mit der Lockenmähne und meist einer Brille im Haar in diesen Tagen viel unterwegs in Oberursel. Bergauf, bergab, hin und her, kreuz und quer radelt er durch die Stadt, kann dabei bis zu 100 Kilogramm Last aufladen und von hier nach da bringen. Britze ist offizieller Lieferant für das von der Stadt initiierte Lieferportal „Wer liefert?“

Der Lastenmann Nils Britze ist also eigentlich ein Servicemann. Liefert Waren aus, die Oberurseler bei Einzelhändlern und Kleinunternehmen online geordert haben, meist aus den Bereichen Handel und Service. Mit der Gastronomie ist er zwar in das Projekt gestartet, mit dem „Bier-Taxi“ für das Alt-Oberurseler Brauhaus, Fünf-Liter-Fässer und Kisten hat er da an Bord. Mit gastronomischem Lieferservice hat er sonst wenig zu tun, das organisieren die meisten Anbieter selbst. „Muss ja nicht sein, dass ich da so ein durchgeschütteltes Essen abliefere“, meint Nils Britze. Mit dem Fahrrad dauert’s meist nicht länger als mit dem Auto, das wissen auch die Anbieter, die bei ihm anfragen. Kann man sogar noch das kleine Label „Umweltfreundlich“ obendrauf packen. So kommt auch der örtliche Fahrradhändler Heiko Scholl ins Spiel, der das Lastenrad mit elektronischer Unterstützung für den Fahrer kostenlos zur Verfügung stellt.

Nils Britze stellt dennoch genügend Muskelkraft bereit, seine Zeit und seinen Einsatz für die Stadt („Ich bin Orschel“) zum Nulltarif. „Reines Solidaritätsprinzip, ich will was tun“, sagt der passionierte Radfahrer, der vor ein paar Jahren auch schon mal binnen 24 Stunden elfmal von der Hohemark auf den Großen Feldberg geradelt ist, bei längstens über 30 Grad. Nils Britze, ein klassischer Solo-Selbstständiger in den Bereichen Kunst, Kultur und Gastro. Marketing, Vertrieb und Kommunikation sind sein Betätigungsfeld, für die Organisation der Selbstständigen fokus O. war er bei Veranstaltungen wie der AiA (Autos in der Allee) und dem Werte- und Wirtschaftskongress in der Eventplanung tätig. Leben muss er momentan von den besseren Zeiten, mit „Nur zusammen sind wir stark“ findet er ein gutes Motto für die aktuelle Krisenzeit. Und das Radeln liebt er ohnehin.

Mehr als 100 Betriebe liefern

Die Teilnahme am Portal „Wer liefert?“ ist für alle Oberurseler Betriebe kostenfrei. Bestellung, Lieferung und Zahlung werden individuell von den Anbietern organisiert. In kurzer Zeit waren auf der Website mehr als 100 Betriebe notiert, von A wie „Agnes‘ Blumenlädchen“ bis W wie „wolllaus – Wolle & Kindermoden“. Mit dabei mehr als 20 Gastronomiebetriebe, die ihre Fahrdienste meist selbst organisieren. Mit dem Lastenradservice auf der analogen Seite und einer Beratungsoffensive „Digitalisierung“ für die Anbieter wollen die Initiatoren nun in die Tiefe gehen. Nils Britze fährt Rad und liefert die Ware vor der Haustür der Kunden ab, den Händlern wird von Adrian Gier und seiner Firma Ubernet ein Servicepaket zur Einrichtung eines eigenen Web-Shops zum Selbstkostenpreis angeboten. Der Mann mit dem „Ich bin Orschel“-T-Shirt macht’s für Gotteslohn und freut sich ab und an über ein kleines Trinkgeld.



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