Der Marktplatz bleibt vorerst Markt-Platz

Reger Betrieb am großen Stand von Landwirt Andreas Gerhard, der den „Rosenhof“ bei Darmstadt betreibt. Und dennoch immer genügend Abstand seitlich und nach hinten dank vorgegebener Wege, die so aber nur auf dem Epinay-Platz möglich sind. Foto: js

Von Jürgen Streicher

Oberursel. Die Retter des Marktplatzes als Markt-Platz haben mal wieder einen Etappensieg erreicht. Bis zum Jahresende soll der Magistrat ein „Interimskonzept“ für den historischen Marktplatz vorlegen, sozusagen für die temporäre Nutzung während der Covid19-Pandemie. Für die Zeit danach soll ein „Zwei-Standortkonzept“ für den Wochenmarkt erarbeitet werden, um möglichst viele Interessen bedienen zu können. Die von den Bündnisgrünen vorgeschlagene dauerhafte Verlegung des Wochenmarkts auf den Epinay-Platz wurde von einer breiten Mehrheit im Stadtparlament abgelehnt.

Die Fragen sind bekannt, das ewig neue Streitthema wird seit vielen Jahren diskutiert. Braucht der Wochenmarkt den Marktplatz? Oder braucht der „Marktplatz“ in der historischen Altstadt zu Füßen der Stadtkirche St. Ursula den Obst- und Gemüsemarkt? Oder doch nur der Markt einen Markt-Platz, der durchaus auch Epinay-Platz heißen könnte? Und was würde dann aus dem schiefsten Platz von „Orschel“? Fragen, die Stadtgesellschaft, Ortspolitik, Marktvolk und dessen Kunden immer wieder beschäftigen, seit die Sanierung des Marktplatz-Areals vor ungefähr zwei Jahrzehnten vorübergehend zu erfolgreichen Experimenten zwang. Im Frühsommer sind Befürworter einer Markt-Neuzeit mal wieder mit einer Unterschriftenaktion in die Offensive gegangen, jetzt wollen die Bewahrer der Tradition ein bisschen Wind aus deren Segeln nehmen und ein Hybrid-Konzept auf den Markt bringen.

Neue Argumente gibt es kaum. Gar keine auf der traditionsbewussten Seite, die unbedingt herkömmliche Marktstände auf dem Marktplatz sehen will, rund 1500 Unterstützer-Argumente immerhin auf der Seite der Epinay-Platz-Befürworter. Die Traditionalisten wollen ein altes geliebtes Bild wahren, den begrenzten Einzelhandel im direkten Umfeld nicht aus dem Auge verlieren und dessen Existenz stützen, fast alle Marktbeschicker befürworten die City-Lösung aus vornehmlich pragmatischen Gründen und haben dabei einen Großteil der Marktkunden auf ihrer Seite. Zeitabläufe, Marktabläufe, Materialbeanspruchung, Bequemlichkeit für Arbeitskräfte und Kunden, gesundheitliche Aspekte, Parkmöglichkeiten, mehr Laufkundschaft, Umsatzplus, Umfeld – der Epinay-Platz gewinnt außer beim Ambiente in allen Sparten den Eins-zu-eins-Vergleich mit dem Marktplatz.

Schön oder praktisch?

Das wissen auch die Verfechter der neuen „Zwei-Standort-Variante“, die alten Versprechen nicht untreu werden wollen und deswegen nach neuen Wegen suchen. Und ebenfalls Fans der „doppelten Linie“ mobilisieren können. „Der Epinay-Platz ist praktischer, der Marktplatz ist halt schön, vor allem in den schönen Monaten“. Stammkundin Birgit Schwarzenberg findet genau den Trigger-Punkt, sie würde dem Doppel-Konzept ohne Klagen folgen, das Ambiente-Argument hat trotz allem Pragmatismus Gewicht. „Jedenfalls wenn man es schafft, den Verkehr während der Marktzeiten rauszuhalten. Dann kann man den Markt auf dem Marktplatz auch im Interesse der Kunden erweitern.“ Es steht mit drin unter Punkt 3 im nun verabschiedeten Beschlussvorschlag der CDU/SPD-Koalition. Sobald die weitere Entwicklung der Pandemie es erlaubt, soll das erweiterte Marktkonzept „mit kulinarischem Zusatzangebot und Sperrung der Eppsteiner Straße für den historischen Markt“ erprobt werden.

Während der Pandemie wird es keine Änderung des Status Quo geben, das geht allein aus Platzgründen nicht. Erwartet wird aber laut Parlamentsbeschluss besagtes „Interimskonzept“, wie der marktfreie Marktplatz „zeitnah für ein attraktives zusätzliches Marktangebot“ genutzt werden kann. Beim „Zwei-Standortekonzept“ sollen auch zusätzliche „kulinarische Inseln“ integriert werden. Marktbeschicker, Gewerbetreibende, Gastronomen, Anwohner und interessierte Vereine sollen in die Entwicklung einbezogen werden.

Das deckt sich weitgehend mit dem Vorschlag der Grünen, ihre Eckpunkte für den neuen alten Marktplatz lauten: 1. Gastronomieangebot, 2. Regelmäßige Märkte mit thematischen Schwerpunkten, 3. Weitere Möglichkeiten zur Nutzung des Marktplatzes. Stein des Anstoßes aus Sicht der Mehrheit im Stadtparlament: In der Satzung der Stadt über die Durchführung der Wochenmärkte soll festgeschrieben werden, dass der Epinay-Platz dauerhaft Austragungsort für den Markt am Mittwoch und am Samstag sein soll.

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