Meisterlicher Hunnenkampf und Feuershow

Die Brüder Boris (l.) und Anton (r.) Zühlke messen sich auf dem Turnierplatz im Dshigitovka (Kosakenreiten), einer Sportart, in der sie mehrfach den Vize-Weltmeistertitel geholt haben. Foto: gt

Von Graham Tappenden

Oberursel. Traditionell treffen sich am ersten Augustwochenende Mitglieder und Gäste des Vereins „Ursellis Historica“ auch bei gleißender Hitze oder endlosem Regen auf den Portwiesen zur Oberurseler Feyerey. In diesem Jahr fand das mittelalterliche Spektakel bereits zum 13. Mal statt.

Da es in den Tagen davor so viel geregnet hat, gab es die Befürchtung, das Fest könnte zum Orscheler Wacken werden, und diejenigen mit langem Gedächtnis werden sich vielleicht noch an den Schlamm bei der dritten Feyerey im Hessentagsjahr 2011 erinnern. Als es dann hieß, dass die dritte Wiese nicht verkehrsfähig sei, musste der Verein schweren Herzens den 18 Teilnehmern des historischen Lagers absagen und den Marktbereich etwas verkleinern. Dennoch waren Gummistiefel für die Besucher nicht notwendig, denn am Freitag verteilten Mitglieder des 170 Mitglieder starken Vereins Holzhackschnitzel auf den zwei Hauptwiesen. Am Abend liefen noch die letzten Vorbereitungen, die großen Zelte vor der Bühne wurden mit vereinten Kräften aufgebaut.

Am Samstag waren die Wettersorgen fast vergessen. Die Sonne schien, so konnte in Begleitung der Dudelsackspieler der Einzug der Mitwirkenden starten. Anstatt vom Lager zur Bühne zu ziehen, wählten die Teilnehmer einen Alternativweg rund um den Markt, angeführt von der Entourage rund um Brunnenkönigin Felicitas I., während Herold Colonia sich auf der Bühne vorbereitete, um die angereisten Gastgruppen zu begrüßen, allerdings in diesem Jahr ohne weitere Vertreter der Stadt.

Felicitas zeigte sich sehr angetan von ihrer Begleitung beim Einmarsch: „Das kann man ab jetzt öfter so machen“, sagte sie schmunzelnd. Nachdem sie ihren Bembel an den „Ursellis“-Vorsitzenden Marcus Keimling überreicht hatte, rief der Herold zu einem dreifachen „Vivat“ auf die Brunnenkönigin auf, um den Markt „feyerlich“ zu eröffnen.

Nun startete das Programm an der Bühne auf der unteren Wiese sowie am Turnierplatz. Dazwischen fand der Markt mit allerlei zu kaufen statt. Hier gab es für die Recken und Edelfrauen neue Gewänder und Ausrüstung, Körbe, Kochgeschirr, Trinkhörner und Lederartikel. Für die Maiden und Knappen gab es Pfeile, Bogen, Schilder, Schleierkränze und Specksteintiere. Außerdem gab es Marktleute mit Schmuck, Glasperlen und edlen Tüchern zu bewundern, um anschließend die Taler aus den Taschen zu locken. Fehlte etwas an Ausrüstung, stand Schmied Stephan Lück bereit, um neue Zeltheringe, S-Haken, Klingen und andere Gegenstände anzufertigen.

Hungrig sollten die Ritter dann auch nicht sein, und so boten die Essensstände eine Auswahl an passenden Gerichten an, darunter Fleischspieße und Wildschweinbratwurst. Für diejenigen, die ihr Essen lieber vorher nicht jagen müssen, gab es ein Linsenreisgericht, Schafskäsebeutel und Flammkuchen mit Paprika und Zwiebel. Nach der Mahlzeit konnten die Besucher ihren Durst mit Met, Aprikose-Feige-Limonade oder – ganz exotisch – mit marokkanischen Tee löschen. Wer lieber auf heimische Getränke setzte, wurde am gemeinsamen Stand vom Alt-Oberurseler Brauhaus und der Kelterei Steden neben der Bühne fündig.

Genau hier auf und vor der Bühne fanden die Auftritte statt, darunter auch von „Tarranis – Spielleute des Donners“ mit ihrer Mischung aus Sackpfeifen und Schlagzeug, vom Tavernenmusik-Trio „Les Renards“ und von Laurino, dem Gaukler.

Unweit auf der unteren Wiese gab es die Möglichkeit, ein eigenes Amulett in Zinn zu gestalten. Dazu konnten die Zinn-Rohlinge mit Zahlen und Buchstaben auch frei nach Herzenslust geprägt werden. Außerdem konnte man an den montierten Armbrüsten sein Können im Schießen beweisen.

Am anderen Ende des Platzes, auf der oberen Wiese, befand sich der Turnierplatz. Hier fand unter anderem eines der Highlights des Fests statt: das Steppenreiten. Hier traten die mehrfachen Vize-Weltmeister in Dshigitovka (Kosakenreiten), Anton und Boris Zühlke, mit hunnischer und mongolischer Kampfkunst zu Pferde auf. Im Wettkampf gegeneinander schossen sie vom Pferd aus mit Lanzen, Pfeil und Bogen sowie mit Äxten auf Zielscheiben, manchmal sogar, während sie rückwärts auf dem Pferd saßen. Außerdem teilten sie Ziele wie Kohlköpfe und schlugen sie von Stangen herunter, danach führten sie Tricks mit der Peitsche vor. Als vom Herold der Kampf für unentschieden erklärt wurde, wollten Anton und Boris das Ergebnis nicht akzeptieren und kämpften mit den Schwertern weiter, ehe sie aufgaben und sich dann doch lieber friedlich umarmten.

Ebenfalls auf dem Turnierplatz fand die Feldschlachtvorführung statt. Hier trafen zwei Mannschaften aufeinander, bewaffnet mit Schwertern, Schildern und Äxten mit langen Stielen. Der Sport, so wurde es erklärt, findet zwar nicht kontaktlos statt, jedoch sind Treffer im Kopfbereich nicht erlaubt. Dennoch soll es keine Verletzungen geben. Wer getroffen wird, zieht sich einfach zurück und istr us dem Kampfgeschehen ausgeschieden. Am Ende zeigte sich, dass alle Kämpfer doch Freunde waren, die nach dem Kampf zusammen etwas trinken. Wer dabei etwas für die persönliche Hygiene machen wollte, konnte sich bei einem Honigbier in Michels Badestube setzen, sofern er nicht vorher auf der Wasserguillotine gelandet war.

Das Spektakel sorgte zwischendurch für Schlangen in der Marxstraße, sowohl in Richtung Eingang zu den Wiesen als auch auf dem Weg zum Parkplatz. Am späten Nachmittag meinte es der Wettergott doch nicht mehr ganz so gut mit den Menschen des Mittelalters und bescherte ihnen einen leichten Regen. Dennoch konnte „Ursellis Historica“ eine Besucherzahl von rund 6000 Personen am ersten Tag melden.

Zum Glück hörte der Regen rechtzeitig am Abend zur beliebten Feuershow auf, und viele Gäste waren geblieben, sodass der Turnierplatz gut besucht war. Die Gruppe „Phoenix Fire“ gab eine beeindruckende Show mit bunter Beleuchtung des Platzes, musikalischer Untermalung und feuerspuckenden Boxen. Während die Frauen mit Flammen tanzten und sogar flammende Kronen trugen, jonglierte ihr Kompagnon mit brennenden Feuerstäben, feuerte ein brennendes Poi in Richtung Publikum und ging ganz nah an die Zuschauer, um das Feuerschlucken vorzuführen. Im Finale standen die Feuerkünstler zu dritt in einer Formation mit Fackeln und Feuerwerfern. Das Publikum jubelte begeistert und forderte weitere Kunststücke. Es wurde nicht enttäuscht.

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