Mitten im Leben, auf dem Bike, und überall bei den Menschen

Sieht im traditionellen wie im modernen Glaubensleben einen Weg, mit Kirche und Glauben in Berührung zu kommen: Stefanie Eberhardt. Foto: a.ber

Oberursel (a.ber). Welcher Pfarrer hat schon einmal einen Gottesdienst in einer Geisterbahn gehalten? Stefanie Eberhardt, die neue Pfarrerin der evangelischen Heilig-Geist-Kirchengemeinde in Oberursel, zählt diese Erfahrung zu ihren interessantesten Begegnungen mit Christenmenschen. Die 34-Jährige, die jetzt ihre erste reguläre Pfarrstelle in der Oberurseler Gemeinde an der Dornbachstraße offiziell antritt, hat ihr Spezialvikariat in der Schausteller-Seelsorge der hessen-nassauischen Landeskirche absolviert. Gemeinsam mit der seit 30 Jahren als Schaustellerseelsorgerin der EKHN tätigen Christine Beutler-Lotz betreute sie für ein halbes Jahr die Menschen, die auf Jahrmärkten und Festplätzen ihre Fahrgeschäfte und Buden aufschlagen und deren Heimat während der Saison der Campingbus oder Wohnwagen ist. Für etwa 2500 Schausteller hielt Stefanie Eberhardt Gottesdienste, taufte Kinder neben dem Autoscooter und betreute Konfirmanden. „Die Schausteller sind ein sehr aufgeschlossenes Völkchen“, meint sie. Es sei alles sehr familiär, man werde als Pfarrer zu Tauf- und Beerdigungsessen eingeladen und könne die Umherziehenden in Lebensübergängen und Krisen begleiten.

Dass ihr die Begegnung mit Menschen aus allen Gesellschaftsschichten und Altersstufen wichtig ist, erlebte Stefanie Eberhardt schon früh. Sie besuchte als Kind den Kindergottesdienst ihrer Heimatgemeinde in Main-Bischofsheim, hatte schon in der Grundschule den Wunsch, Pfarrerin zu werden, betreute als Jugendliche selbst den Kindergottesdienst und war zehn Jahre Kirchenvorsteherin ihrer Gemeinde. Der Pfarrer ihrer Heimatgemeinde ermutigte sie denn auch, die Hürde zu nehmen, dass sie vor dem Studium der Evangelischen Theologie drei Sprachen lernen musste: Latein, Griechisch und Althebräisch.

Oberursel ist ihr nicht fremd

Das Sprachenlernen führte die Studentin denn auch zum ersten Mal nach Oberursel, wo sie an der Lutherisch-Theologischen Hochschule lernte. „Damals habe ich schon einmal in der Dornbachstraße gewohnt“, berichtet Stefanie Eberhardt, die aus dieser Studienzeit noch einige Oberurseler Freunde hat. Ihr Theologiestudium führte sie dann von Mainz nach Frankfurt und Marburg. Schwerpunkt war für sie die Praktische Theologie, die Theorie der Gemeindearbeit, mit der sich Eberhardt intensiv beschäftigte, bevor sie ins Vikariat nach Frankfurt-Sindlingen ging.

Dort rief die passionierte Motorradfahrerin – sie fährt eine BMW GS 650 – sogenannte Biker-Gottesdienste ins Leben, die gemeinsam mit der regulären Gemeinde gefeiert wurden. Mit viel Aufwand und Liebe zu den liturgischen Details bereitete Stefanie Eberhardt die gottesdienstliche Feier für Biker vor – „immer mit vielen Ehrenamtlichen, denn die sind ja der Schatz, ohne die eine solche Arbeit in der Gemeinde gar nicht zu leisten wäre“. Dass sie die ehrenamtliche Arbeit in der Kirche als so wichtig ansieht, wird ihr auch in der Betreuung der 2400 Gemeindeglieder der Heilig-Geist-Gemeinde helfen. „Es gibt viele Menschen, die punktuell am kirchlichen Angebot teilnehmen. Das muss man akzeptieren und sich darüber freuen“, sagt die mit einem Projektleiter verheiratete Mutter einer vierjährigen Tochter. Sie sei aber überzeugt, dass die Suche nach Glaubensinhalten und –antworten bei vielen Menschen da sei. „Der Sonntagsgottesdienst muss für diejenigen da sein, die regelmäßig kommen und traditionelle Liturgie gewohnt sind.

Daneben brauchen wir aber auch Familiengottesdienste mit anderen Liturgie-Elementen“, sagt sie und erinnert sich gerne an die Rockband, die den Biker-Gottesdienst bereichert habe. Ihr Wunsch ist es, in Kooperation mit anderen evangelischen Gemeinden im Dekanat Hochtaunus Jugendgottesdienste zu feiern. „Ein Pfarrer oder eine Pfarrerin steht heutzutage vor einer enormen Aufgabe, was die Vielfalt und Ansprüche der Menschen angeht, aber darf dabei den Kern der Frohen Botschaft nicht aus dem Blick verlieren“, so Eberhardt. Wenn die Heilig-Geist-Gemeinde ihre neue Pfarrerin auch wegen der Geburt des zweiten Kindes einige Zeit erstmal nur eingeschränkt beanspruchen kann, bekommt die Gemeinde doch mit Stefanie Eberhardt eine sympathische Theologin, für die die Seelsorge und das aufsuchende Gespräch in ihrem beruflichen Selbstverständnis an vorderster Stelle stehen.

Die feierliche Ordination von Pfarrerin Stefanie Eberhardt feiert die Heilig-Geist-Gemeinde am Samstag, 14. März, um 18 Uhr in der Kirche, Dornbachstraße 45, und lädt alle Gemeindeglieder im Anschluss an den Gottesdienst zu Sekt und Imbiß ein.



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